Die Stimme hat etwas gelitten, Günther Felßner hat sich einen Infekt eingefangen. Dass er trotzdem gehört wird, darüber muss sich der Präsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV) aber nicht sorgen. Seit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt hat, Felßner nach der Bundestagswahl zum Bundeslandwirtschaftsminister machen zu wollen, werden die Worte des obersten Bauern-Lobbyisten im Freistaat besonders aufmerksam verfolgt.
Felßner weiß um den Zwiespalt, in den er sich begeben hat. Einerseits verschafft Söders Versprechen den Anliegen des BBV und der Landwirtschaft zunächst einmal Aufmerksamkeit. Die ist im härter werdenden Verteilungskampf um staatliche Mittel besonders wertvoll. Andererseits kann auch der große BBV keinen Alleinvertretungsanspruch für die Landwirte in Bayern für sich geltend machen. Wenn Felßner der nahtlose Platzwechsel gelingen sollte, wird ihn zumindest der Argwohn vieler ins Amt begleiten, ob da nun nicht einer sitzt, der versucht, schwerpunktmäßig die Positionen des BBV zu Politik zu machen.
Bauern in Bayern sind nervös
Felßner hat sich darum Zurückhaltung bei Stellungnahmen zu aktuellen Fragen auferlegt. Zur Vorstellung der Forderungen des BBV zur anstehenden Bundestagswahl am Montag in München hat er aber dennoch an der Seite von Generalsekretär Carl von Butler Platz genommen. Gemeinsam warnen sie zunächst vor der akuten Gefahr durch die Maul- und Klauenseuche. Nachdem die hochansteckende Viruserkrankung bei verendeten Wasserbüffeln in Brandenburg, südlich von Berlin, festgestellt wurde, sind auch die Bauern in Bayern nervös.
Für Menschen ist die Krankheit zwar nicht gefährlich, aber für Schweine, Rinder oder Schafe ist sie mit großer Wahrscheinlichkeit tödlich. In jedem Fall drohen restriktive Handelsbeschränkungen, Südkorea etwa hat bereits einen Importstopp erlassen. In einem Umkreis von einem Kilometer zu dem betroffenen Betrieb werden bereits alle Paarhufer vorsorglich getötet. Von einer „unglaublich bedrohlichen Situation“ spricht von Butler, Felßner fordert eine „Seuchenbekämpfung in aller Konsequenz“. Das Virus breitet sich an der Luft mit einer Geschwindigkeit von bis zu 40 Kilometer am Tag aus. Woher er kam, ist noch völlig unklar. Bisher sind immerhin keine weiteren Krankheitsfälle bekannt geworden.
Felßner sieht den Bauernverband als Denkfabrik
Die drohende Krise gibt eine Ahnung davon, wie schnell der allseits geforderte Umbau der Landwirtschaft ins Stocken geraten kann. Diese Erfahrung musste schon Cem Özdemir (Grüne) machen, der gleich mit den Verwerfungen auf den Agrarmärkten infolge des Kriegs in der Ukraine zu kämpfen hatte.
Der Unmut über die bisherige Agrarpolitik und die Ungeduld an der Basis sind so groß, dass auch der künftige Agrarminister, ob Felßner oder jemand anders, keine Eingewöhnungszeit erwarten darf. Dafür sorgt schon der BBV, der Sofortmaßnahmen nach der Wahl und klare Leitlinien für die künftige Bundespolitik erwartet. „Wir müssen künftig auf der gleichen Fläche mehr produzieren, nicht weniger und das gleichzeitig mit dem Schutz von Biodiversität und Ressourcen in Einklang bringen“, sagt von Butler.

Die Antwort, wie das im Großen gelingen kann, bleibt vage. Felßner strahlt aber Zuversicht aus. Er spricht vom Bauernverband als Denkfabrik, die an Lösungen mit Mehrwert für die Gesellschaft arbeite; von komplex verwobenen Themen in der Landwirtschaft und am Ende doch von den Fehlern der europäischen Politik: Die Produktion in Deutschland sinke, die Importe aber stiegen. Flächen zwangsweise stillzulegen, wie im Green Deal der EU-Kommission vorgesehen, sei daher keine Option. „Wenn man importiert, was uns fehlt, ist das kein Green Deal, sondern ein Dirty Deal“, sagt Felßner, noch Verbandspräsident.
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