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Meckatzer Löwenbräu: Bier trifft Kunst

Westallgäuer Erfolgsmodell

Meckatzer Löwenbräu: Bier trifft Kunst

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    Brauereichef Michael Weiß und der 1. Braumeister Olaf Fabert im Sudhaus.
    Brauereichef Michael Weiß und der 1. Braumeister Olaf Fabert im Sudhaus. Foto: Matthias Becker

    Es hat nichts mit Religion zu tun und ist keineswegs blasphemisch gemeint, wenn Allgäuer Bierliebhaber behaupten, sich hin und wieder gen Meckatz zu verneigen. Sie tun dies im Geiste, versteht sich, denn nicht jeder Bierliebhaber weiß genau, in welcher Himmelsrichtung von seinem Standort aus die verehrte Brauerei liegt. Im Westen – diese Vermutung liegt jedenfalls nahe, denn Meckatz ist ein Ortsteil der Marktgemeinde Heimenkirch im Westallgäu. Und Meckatz ist eine Art gelobtes Land, glauben viele.

    Sogar ein Bild dieses gelobten Landes gibt es, erdacht und gemalt von Künstler Rainer Höller, zu finden auf Bierdeckeln und großformatigen Werbeplakaten, in denen die Traditionsbrauerei ihre Premium-Marke Weiss-Gold als „Das Allgäuer Sonntagsbier“ anpreist. Bier nur einmal die Woche – ist das wirklich so gemeint?

    Natürlich nicht. Welcher Brauereibesitzer sähe es nicht gerne, wenn sich die Menschen tagein, tagaus an seinen Getränken gütlich tun? Michael Weiß aber, Chef der Löwenbräu Meckatz, zelebriert den Gerstensaft in besonderer Weise. Das fängt an mit diesen schlanken Gläsern. Es gibt sie sogar in 0,1-Liter-Größe, um Weiss-Gold stilvoll als Aperitif zu kredenzen.

    Nach uraltem Rezept gebraut

    Ein Prost auf das Allgäu: Bierliebhaber beim Abflug vom Allgäu Airport.
    Ein Prost auf das Allgäu: Bierliebhaber beim Abflug vom Allgäu Airport. Foto: Ralf Lienert

    „Wo die Mengen nicht mehr wachsen, muss der Wert der Marken wachsen“, sagt Weiß, der selten um einen griffigen Spruch verlegen ist. Er will dem Image von Bier als Massen-Rauschmittel entgegenwirken. Sein Weiss-Gold preist er als bekömmliches, hochwertiges Lebensmittel an, das nach einem uralten Rezept aus besten Rohstoffen der Region gebraut wird. Unermüdlich pflegt er ein gewinnendes Vokabular. Begriffe wie Heimat, Treue, Kultur, Wertschätzung, Qualität, Sorgfalt und Tradition tauchen bei Betriebsführungen, in der Firmenzeitschrift oder in Presseaussendungen des in vierter Generation von der Familie Weiß geführten Unternehmens oft auf.

    Sie stehen für die Philosophie, die Firmenchef Michael Weiß predigt – und in die er alle einbezieht, die er zu seiner „Meckatzer-Familie“ zählt: die 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Brauerei ebenso wie Wirte, Händler, Hopfenbauern und Biertrinker. Wobei Weiß sie lieber „Bier-Genießer“ nennt – denn gerade die Idee des Genusses ist ein wichtiger Pfeiler seines philosophischen Gebäudes.

    Dass seine Ideale nicht nur leere Worthülsen sind, bestätigen Tettnanger Hopfenbauern, die die Westallgäuer Brauerei als fairen, verlässlichen Geschäftspartner loben. Und die Meckatzer Braumeister wiederum sind froh, Landwirte zu finden, die entgegen dem Trend die eher ertragsschwache, aber besonders aromatische Gerstensorte „Steffi“ anbauen. Der exklusive Rohstoff entspricht der Unternehmensstrategie der größten inhabergeführten Allgäuer Brauerei. Sie setzt auf „Klasse statt Masse“, feilt also am unverwechselbaren Charakter ihrer elf verschiedenen Biere, um sich von anderen, in immer größeren Konzernen aufgehenden Brauereien abzuheben.

    Laura Osswald aus Kreßbronn (20) ist seit April 2015 die neue Miss Meckatzer.
    Laura Osswald aus Kreßbronn (20) ist seit April 2015 die neue Miss Meckatzer. Foto: Ralf Lienert

    Offenbar mit Erfolg: Während der Bierverbrauch deutschlandweit seit Jahren sinkt, füllt die Brauerei in Meckatz jedes Jahr etwas mehr Gerstensaft in Fässer und Flaschen – obwohl die Preise zu den höheren auf dem Markt zählen. Als vollmundig, würzig und ausgewogen beschreiben Meckatzer-Liebhaber ihr Weiss-Gold. Dass sich viele der Marke verbunden fühlen, zeigt der Meckatzer Fanclub, der 20 Jahre nach seiner Gründung immerhin 8000 Mitglieder zählt – die Eingefleischten unter ihnen lassen sich das Meckatzer-Logo tätowieren. Jedes Jahr lädt die Brauerei zum Fanclub-Fest, um sich und ihre Biere zu feiern. Als Identitäts-Figur wählen die Fans sogar eine Miss Meckatzer, die lächelnd ihre Marke vertritt.

    Bei all dem geschickten Marketing: Michael Weiß ist ein Überzeugungstäter. Seine Vorstellung einer „Bier-Kultur“ pflegt er unter anderem als einziges Allgäuer Mitglied der erst 2011 gegründeten Slow-Brewing-Vereinigung, die sich – angelehnt an die Slow-Food-Bewegung – hohen Auflagen wie einer langen Reifung verpflichtet, um authentische Biermarken zu stützen und auf Dauer Qualität zu garantieren. In Meckatz bedeutet dies zum Beispiel, dass die Abteilung „Qualitätssicherung“ jährlich 25?000 Proben analysiert, um Kontinuität zu sichern. Michael Weiß, der gern und eloquent seine Visionen mitteilt, will sie auch erlebbar machen. In den vergangenen Jahren hat er deshalb den Firmensitz ausgebaut zu einem Ort der Gastlichkeit.

    Passendes Design für gutes Bier

    Auch alkoholfreie Biere der Meckatzer Brauerei werden immer beliebter.
    Auch alkoholfreie Biere der Meckatzer Brauerei werden immer beliebter. Foto: Matthias Becker

    Rund um den Brauereihof, der gesäumt ist von Bräustüble, dem stattlichen, ehemaligen Sudhaus aus der Gründerzeit, einem neuen, repräsentativen Verwaltungsgebäude und dem Sudhaus samt seiner imposanten Kupferkessel, haben renommierte Architekten und versierte Handwerker aus der Region eine außergewöhnliche Landschaft geschaffen. Zum reich bepflanzten Biergarten gehört das an ein Amphitheater erinnerndes Stufen-Rund; die heimelige Brauereiwirtschaft erfuhr Erweiterung durch einen modernen Glaspavillon, in dem sich formschöne Eichentische und Ledersessel um den großen Kamin gruppieren. Selbst der Toilettenbereich überrascht: mit Einblicken in altes Gemäuer und einem riesigen Bergkristall.

    Nicht zuletzt profitieren Mitarbeiter und Besucher der Brauerei von einer Liebhaberei des Brauereichefs, der von sich sagt, er habe „ein Faible für schöne Dinge“. Michael Weiß, der Kunstsammler, hat Bilder und Skulpturen der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler des Allgäus in den Hallen seiner Brauerei verteilt.

    Zurück zur Frage des Sonntagsbiers. Natürlich mundet das Weiss-Gold nicht nur einmal die Woche. Ebensowenig sieht der Ort Meckatz aus wie das von Rainer Höller idealisiert gepinselte Dorf, das auf Plakaten eine Art heile Allgäuer Bergwelt verspricht. Wie sich aber der schnöde Alltag mit Geschmack und Anspruch ein Stück weit veredeln lässt – das wollen die Meckatzer mit ihren Bieren wie auch mit ihrer herausragend gestalteten Braustätte vormachen.

    Mehr über diese Philosophie, über die Kunst des Bierbrauens, Firmen- und Familiengeschichte erfahren Teilnehmer der Brauereiführungen. Als Souvenir erhalten sie neben einem schlanken Bierglas ein Erinnerungsfoto, aufgenommen vor dem gold glänzenden Meckatzer-Logo, das auf einer royal-blauen Wand in der Empfangshalle prangt. Wer wollte sich da noch gen Meckatz verneigen? Lohnender ist eine Pilgerfahrt dorthin.

    Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin "Griaß di' Allgäu", Ausgabe Sommer 2016. Alle Informationen zur aktuellen Ausgabe findest Du auf www.griassdi-allgaeu.de

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