Bayerns neuer Chef-Aufseher für die privaten TV- und Radiosender ist während einer der schwersten Belastungsproben der Branche ins Amt gewählt worden. Der 46-jährige Thorsten Schmiege muss als künftiger Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) besonders den Lokal- und Regionalsendern durch die Corona-Krise und den digitalen Wandel helfen. Obendrein ist auch die BLM selbst im Umbruch.
Jurist Schmiege überzeugte mit seiner Arbeit als Geschäftsführer
Jurist Schmiege stand ohne öffentliche Ausschreibung als einziger Kandidat auf der Liste des BLM-Medienrats. In dem 50-köpfigen Gremium von Vertretern der Politik und anderer gesellschaftlicher Gruppen war seine Wahl frühzeitig ausgemacht. Schmiege überzeugte viele mit seiner bisherigen Arbeit als Geschäftsführer: Rasch habe er sich tief eingearbeitet und für die verschiedenen Gruppen im Medienrat ein "offenes Ohr" bewiesen, hieß es von Mitgliedern.
Zum Oktober wird Schmiege nun Nachfolger von Siegfried Schneider. Der 64-Jährige hatte im vergangenen Jahr bekanntgegeben, sich nicht um eine dritte Amtszeit zu bewerben. Schmiege hatte seit seinen Anfängen im Wirtschaftsministerium Medienerfahrung gesammelt und wechselte vor rund eineinhalb Jahren aus der Staatskanzlei von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zur BLM. Das hat Tradition. Schneider war einst Chef der Staatskanzlei und sein Vorgänger kam ebenfalls von dort.
Typisch für Bayern spielt die BLM unter den 14 öffentlich-rechtlichen Landesmedienanstalten in Deutschland eine eigene Rolle mit besonders ausgeprägtem Selbstbewusstsein. Schmiege sieht die BLM unter Verweis auf den Auftrag nicht nur als Aufsicht sondern auch als Wegweiser für digitale Anbieter. Das Marketing für den Medienstandort Bayern ist ein zunehmend zentraler Job der BLM mit ihren fast 100 Beschäftigten.
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Die Sendervielfalt in Bayern ist Schmiege wichtig
Schmiege will vor allem die Sendervielfalt erhalten. Die BLM beaufsichtigt und fördert rund 50 lokale und regionale TV-Sender in Bayern sowie fast 150 Radioangebote mitsamt Zulieferern. Wegen Corona brauchen sie zusätzliche Überlebenshilfe, denn Werbung ist als wesentliche Einnahmequelle eingebrochen. Besonders einige kleinere stünden mit dem Rücken zur Wand. "Wir sind also garantiert nicht über den Berg", sagt Schmiege. Insolvenzen kann er nicht ausschließen.
Der Wettbewerb mit dem öffentlich-rechtlichen Bayerischen Rundfunk (BR) fordert die Privaten überdies. Einige klagen zunehmend lauter. Schmiege nimmt das wahr. "Aber mein Ansatz ist mehr Kooperation und weniger Konfrontation." Er will auf die ebenfalls neue BR-Intendantin Katja Wildermuth zugehen und Chancen der Zusammenarbeit ausloten.
Massiv im Wandel ist - wie die Branche - auch die BLM selbst: Längst spielen in der Medienwelt Internetplattformen und Soziale Netzwerke eine große, viele sagen die entscheidende Rolle. Die BLM ist mehr und mehr auch Aufsicht für Streaming-Angebote wie Amazon Prime Video. Jurist Schmiege gibt sich gegenüber den internationalen Playern selbstbewusst: "Wir dürfen uns da in Europa nicht kleiner machen, als wir sind." Regulierung bedeute vor allem Jugend- und Nutzerschutz.
Thorsten Schmiege gestaltet den Medienwandel in Bayern mit
So will der in Siegburg geborene Nordrhein-Westfale in der zweiten Heimat Bayern den Medienwandel mitgestalten. Seine Devise: "Heimat ist ein Ort, an dem es einem nicht egal ist, wie es ist." In Regensburg machte er einst seine Staatsexamen und promovierte. Seit rund 20 Jahren lebt der FC-Bayern-Fan und Sänger des Münchner Motettenchors in der Landeshauptstadt, mit Frau und drei Kindern.
Für Wandel bei der BLM könnte "der Neue" auch bei einer wichtigen Besetzung sorgen: seiner eigenen Nachfolge in der Geschäftsführung. Mit ihm als Präsidenten gibt es erneut keine Frau an der Spitze. Im Medienrat erwarten viele nun aber Schmieges Vorschlag für eine Geschäftsführerin.
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