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Mit diesem Allgäuer Ur-Kartenspiel hast Du ein Ass im Ärmel

Gamen wie die Vorfahren

Mit diesem Allgäuer Ur-Kartenspiel hast Du ein Ass im Ärmel

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    Schafkopf steht bei Kartenspielern hoch im Kurs. Doch es gibt auch ein Allgäuer Kartenspiel, das wie Schafkopf zu den so genannten Augenspielen gehört: Kreiz-Geigala.
    Schafkopf steht bei Kartenspielern hoch im Kurs. Doch es gibt auch ein Allgäuer Kartenspiel, das wie Schafkopf zu den so genannten Augenspielen gehört: Kreiz-Geigala. Foto: Ralf Lienert

    Schafkopfen wird bis heute an vielen Stammtischen gespielt. Dieses Kartenspiel kennt jeder von uns - zumindest vom Hörensagen. Etwas anderes ist es mit dem "Kreiz-Geigala". Diese Ur-Variante eines Allgäuer Kartenspiels wird nur noch vereinzelt gespielt. Es gibt auch Abwandlungen davon. "Ich war überrascht, dass das Spiel doch an etlichen Orten noch Anhänger hat", sagt Brauchtums-Experte Walter Sirch (60) aus Sulzschneid.

    Walter Sirch (vorn im Bild) hat vom Kreutz-Gigala erstmals von seiner Oma in Füssen gehört. Doch es gibt auch weitere Gigala-Varianten im Allgäu, von denen der Buchautor nach und nach erfuhr.
    Walter Sirch (vorn im Bild) hat vom Kreutz-Gigala erstmals von seiner Oma in Füssen gehört. Doch es gibt auch weitere Gigala-Varianten im Allgäu, von denen der Buchautor nach und nach erfuhr. Foto: Tobias Bunk

    Vor einigen Jahren startete er für sein Buch über bayerische Kartenspiele einen Aufruf und es meldeten sich einige Geigala-Fans. Sie hatten dieses Spiel als Kinder oder Jugendliche von den Altvorderen gelernt. Das "Geigala" (manchmal auch Gaigele genannt) war einst das Lieblingsspiel der Allgäuer Männer. Wie es damals im Wirtshaus zuging, beschrieb der Allgäuer Pfarrer Joseph Scheibert (1834 bis 1887):

    "Nebenbei wird von den Meisten 'schwarzer Tabak" oder 'a Cigare' geraucht und hierdurch die Stube alsbald in solch' dicke Rauchwolken gehüllt, daß etwa Eintretende kaum die Spieler am Familientische sehen können; und falls im Wirtshause gespielt wird, eine Maß Bier dazu getrunken. Dieses Vergnügen des Spielens und Rauchens hebt dem ächten Allgäuer allen Verdruß, lindert den Schmerz, heilt Krankheiten und erleichtert namentlich die Last des Alters und der Schlaflosigkeit."

    Ein dem Pfarrer bekannter Spieler würde bei Bedarf sogar um Mitternacht dafür aufstehen "ja, wenn er wüßte, daß man im Himmel täglich 'gaigele', so würde er lieber huete schon, als erst später sterben."

    Der oben genannte Pfarrer hatte übrigens nicht grundsätzlich etwas gegen das Spiel, solange nicht um große Summen gespielt wird, was im Allgäu eher selten war. Ein friedliches Spiel indes, so schreibt der Pfarrer, "erfrischt die leiblichen und übt die geistigen Kräfte; es ist also ein entsprechendes und der Allgäuer Männer würdiges Vergnügen."

    Dass Geigala-Spieler und -Spielerinnen reichlich "geistige Kräfte" mitbringen müssen, steht außer Frage. Denn leicht ist das Spiel nicht. allgaeu.life präsentiert die Original-Beschreibung von Brauchtums-Experten Walter Sirch. Viel Spaß beim Ausprobieren.... :-)!

    Ein Ass im Ärmel hat, wer dieses Kartenspiel beherrscht. Kreiz-Geigala ist - ähnlich wie Schafkopf -  nicht ganz einfach. Für die Anhänger dieses Traditionsspiels liegt genau darin die Freude.
    Ein Ass im Ärmel hat, wer dieses Kartenspiel beherrscht. Kreiz-Geigala ist - ähnlich wie Schafkopf - nicht ganz einfach. Für die Anhänger dieses Traditionsspiels liegt genau darin die Freude. Foto: Ralf Lienert

    Grundsätzliches: Zu diesem Kartenspiel braucht man zwei Kartenspiele (bayerische Spielkarten) bestehend aus Sau (11 Augen), 10er (10), König (4), Ober (3), Unter (2) und 7er (0). (Gesamt also 48 Karten); die Reihenfolge der Trümpfe ist genauso.

    Man spielt zu viert oder zu sechst, es spielen entweder zwei oder drei zusammen (gleich große Mannschaften), die über Kreuz sitzen (Kreiz-Geigala).

    Gespielt wird im Normalfall das Solo, zu dessen Gewinn bei vier Spielern 61 Augen, bei sechs 81 Augen notwendig sind. Wer ein Solo ansagt, bestimmt den Trumpf. Sagt kein Spieler ein Solo an, kommt es zum Normalspiel. Hier sind zum Sieg 81 bzw. 101 Augen notwendig. Zur Bestimmung des Trumpfes wird dabei die erste Karte vom Bock (Karten, die nach dem Austeilken übrig bleiben) aufgedeckt und daneben gelegt. Mit Trumpf-7er darf geraubt werden, aber nur wenn man im Stich ist, es darf aber auch der Mitspieler rauben (z.B. Max und Sepp spielen in der gleichen Mannschaft, Max ist im Stich, dann dürfen Max oder Sepp mit Trumpf-7er rauben).

    Das Ziel: Der Gewinn eines Normalspiels gibt einen Strich, das Solo zwei Striche, wenn der Gegner nicht sticht. Bei Spritze (nur beim Solo) zählen oben genannte Striche doppelt. Spritzen kann man, solange man nicht ausgespielt hat. Man spielt so viele Spiele, bis eine Mannschaft 17 Striche erreicht hat. Die andere Mannschaft erhält eine Bolle (oder Strich auf dem Tafelrahmen). Der Preis dafür muss vereinbart werden.

    Das Spiel: Reihum im Uhrzeigersinn werden je Spieler fünf Karten ausgeteilt (drei und zwei). Der Rest der Karten bildet den Bock und wird verdeckt in die Mitte gelegt. Vorhand (links vom Geber) spielt aus. Nach dem Austeilen kann man das Solo ansagen. Der Solospieler bestimmt die Trumpffarbe. Wollen mehrere Spieler ein Solo spielen, hat die Vorhand das Vorrecht. Allerdings geht Herz-Solo vor.

    Nun wird reihum ausgespielt. Vorhand beginnt, es muss immer Farbe und Trumpf bekannt werden. Hat man die Farbe nicht, muss Trumpf gespielt werden. Die höchste Karte sticht, bei gleichen Karten die Vorhand. Jetzt wird reihum vom Bock im Urhzeigersinn abgehoben, der Spieler, der den Stich gemacht hat, beginnt. Sind keine Karten mehr da, wird ohne Abheben weiter gespielt. Der den Stich erhalten hat, spielt wieder aus.

    Dies geht solange, bis eine der Mannschaften glaubt, die notwendige Augebzahlt erreicht zu haben (muss im Stich sein, darf aber noch abheben). Dabei kann von der Mannschaft noch Zwanziger (Ober-König) oder Vierziger (dasselbe in Trumpf) gemeldet werden. Diese Augen zählen dann zu den gestochenen Augen dazu. (Während des Spiels kann kein 20ger oder 40ger gemeldet werden). Erreicht die Mannschaft trotzdem die erforderliche Punktzahl nicht (es darf während des Spiels nicht nachgezählt werden), so hat automatisch die andere Mannschaft gewonnen.

    P.S.: Das Buch "Vom Alten zum Zwanzger. Bayerische Kartenspiele für Kinder und Erwachsene - neu entdeckt" von Walter Sirch wurde vom Trachtenverband Bayern herausgegeben. Mehr Infos darüber gibt es hier

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