Im Internet suchen Kriminelle sexuellen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen und drängen sie teilweise sogar zu Treffen, um sie zu missbrauchen. Cyber-Grooming nennen Experten die Masche, die stark zugenommen hat. Von 2020 auf 2021 habe sich die Zahl der Fälle in der Polizeilichen Kriminalstatistik von 2632 auf 3539 erhöht, sagt der Potsdamer Cyber-Kriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger. Ein krasser Fall wird von Donnerstag an vor dem Landgericht München I verhandelt. Die Staatsanwaltschaft wirft einem 51-Jährigen unter anderem sexuellen Missbrauch von Kindern, Besitz kinderpornografischer Schriften und sogar Vergewaltigung vor.
Quer durch Deutschland soll der Münchner nach Angaben der Staatsanwaltschaft aktiv gewesen sein, neben Bayern auch in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Hamburg. Seine Opfer: Junge Mädchen, manche noch keine 14 Jahre alt. Die vielen Taten erstrecken sich über mehrere Jahre, von 2015 bis ins Jahr 2019. Insgesamt acht Verhandlungstage hat das Gericht für den Prozess angesetzt.
Cyber-Grooming-Prozess in München: Staatsanwaltschaft wirft mutmaßlichem Täter Vergewaltigung vor
Sein Vorgehen: Über Internet-Plattformen und soziale Medien soll er Kontakt aufgenommen haben zu den Mädchen, später soll er mit ihnen über gängige Anbieter gechattet und sie gedrängt haben, explizite Fotos von sich zu schicken. Dabei habe er ihnen Gefühle vorgespielt und einem Mädchen sogar in Aussicht gestellt, ihr ein Pferd zu kaufen. Einer anderen habe er angeboten, den Führerschein zu finanzieren. Mit allen habe er stark sexualbezogene Unterhaltungen geführt und Fantasien ausgetauscht. Auch zu mehreren persönlichen Treffen mit einigen Mädchen soll es gekommen sein, zum Teil mit sexuellen Übergriffen.
Auf die Spur des Mannes kamen die Ermittler durch eine Geschädigte. Sie hatte sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft im Februar 2019 an die Polizei gewandt. Im Juli 2019 wurde seine Wohnung in München durchsucht und mehrere Handys und Datenträger sichergestellt. Darauf fanden die Ermittler viele Kontakte zu Kindern und Jugendlichen. Auch massenweise Fotos und Videos von sexueller Gewalt an Kindern habe man entdeckt.
Den Besitz begründete er laut Staatsanwaltschaft damit, dass er ein Museum gegründet habe, ein "Museum für Zensur und verbotene Kunst". Im Dezember 2021 wurde der Mann festgenommen. Für den Prozess hat das Landgericht München I acht Verhandlungstage angesetzt.