Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Energiekrise: Muss im Süden der Strom kurzfristig abgeschaltet werden?

Energiekrise

Muss im Süden der Strom kurzfristig abgeschaltet werden?

    • |
    • |
    Kerzen sind im Winter ohnehin griffbereit. Es könnte sein, dass man sie in den nächsten Monaten nicht nur für Adventsstimmung braucht.
    Kerzen sind im Winter ohnehin griffbereit. Es könnte sein, dass man sie in den nächsten Monaten nicht nur für Adventsstimmung braucht. Foto: Christin Klose, dpa

    Die Energieversorgung Deutschlands ist in diesem Winter so angespannt wie seit Jahrzehnten nicht. Gas ist knapp und teuer. In Frankreich stehen viele Atommeiler still, weshalb die Nachbarn viel Strom aus Deutschland kaufen. Denn die meisten Franzosen heizen elektrisch und die eigene Kraftwerksflotte kann den Bedarf derzeit nicht decken. Das setzt das Stromnetz hierzulande unter Stress. Vor allem Süddeutschland mit seinen Verbindungsleitungen nach Frankreich ist betroffen. 

    Dass es deshalb in Bayern und Baden-Württemberg zu einem eklatanten Strommangel und dem Zusammenbruch des Netzes mit einem großflächigen Stromausfall kommt, halten Behörden und Energieversorger dennoch für vermeidbar. „Einen Blackout halte ich für sehr unwahrscheinlich. Es kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass es zu Situationen kommen könnte, in denen regional kurzfristig abgeschaltet werden muss“, sagte die Chefin des Bundesverbands der Energie und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae, unserer Redaktion. Dabei handelt es sich nicht um einen klassischen Stromausfall, durch den plötzlich die Lichter ausgehen. Es handelt sich um die kontrollierte Abschaltung von Städten, Gemeinden oder Stadtteilen, damit das Netz nicht kollabiert.

    Keine Blackout-Gefahr im Südwesten

    Die Landesregierung in Baden-Württemberg ruft Haushalte und Unternehmen in einem Lagebericht zur Versorgungssicherheit dazu auf, sich auf dieses gezielte regionale Abklemmen einzustellen. „Kurzzeitige rollierende Abschaltungen („Brownouts“) für eine Dauer von in der Regel 90 Minuten können nicht vollständig ausgeschlossen werden“, teilte das zuständige Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft mit. Es widersprach einem Bericht, wonach die Versorgungssicherheit im Südwesten in der kalten Jahreszeit stark gefährdet sei. „Die Versorgungssicherheit im Land ist sichergestellt, die Sorge vor einem unkontrollierten und flächendeckenden Blackout ist unbegründet“, betonte das Ministerium. 

    Vor wenigen Tagen hatte der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW die Haushalte per App aufgefordert, den Verbrauch möglichst zu reduzieren und zum Beispiel Waschmaschine und Geschirrspüler nicht laufen zu lassen. Doch selbst in dieser angespannten Lage drohten laut TransnetBW keine Abschaltungen. 

    Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) erneuert nach diesem Vorfall seine Forderung nach längeren Laufzeiten für die Atomkraftwerke. „Auch diese Situation zeigt, dass wir auf das Potenzial der noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke nicht in wenigen Wochen verzichten sollten, sondern jetzt die Weichen stellen müssen, um auch mindestens den nächsten Winter noch abzudecken“, sagte Aiwanger unserer Redaktion. Wegen der angespannten Situation könne man sich nicht auf die Gaskraftwerke verlassen. "Leider ist der Bund hierzu weiter uneinsichtig", kritisierte Aiwanger.

    Durchschnittlich gab es 2021 13 Minuten Stromausfall in Deutschland

    Im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin wird die Lage sehr genau im Auge behalten. „Wir beobachten die Lage in Frankreich natürlich ganz genau. Es gibt aber auch tagesaktuelle Informationen der französischen Netzbetreiber“, sagte eine Sprecherin von Minister Robert Habeck. Deutschland habe eines der sichersten Stromnetze weltweit. Anders als bei Gas gibt es bei der Stromversorgung keine „geschützten Kunden“, wie Kliniken oder Privatverbraucher. Wenn der Strom abgestellt wird, dann betrifft es immer ein ganzes Gebiet. 

    Zur Wahrheit gehört allerdings, dass die Ingenieure in den Leitstellen der Netzbetreiber viel häufiger eingreifen müssen als früher, um es im Gleichgewicht zu halten. Das liegt am Ausbau der erneuerbaren Energien. Wo früher ein großes Kraftwerk Strom einspeiste, sind es heute Windparks, Biomassekraftwerke und Solarfelder. Bisher gelingt es dennoch, Stromausfälle zu vermeiden. Die Stromkunden hatten im gesamten vergangenen Jahr im Durchschnitt nur 12,7 Minuten keinen Strom. Das waren zwei Minuten mehr als im Jahr 2020. Die häufigsten Gründe dafür, dass keine Leistung mehr aus der Steckdose kommt, sind Bauarbeiten, Schneebruch von Masten und technische Pannen in Umspannwerken. Genau das war laut Netzbetreiber auch die Ursache für den Stromausfall in Paris am Donnerstagabend. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden