Es ist der Film der Stunde: Vor dem Hintergrund der Morde der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) hatte Regisseur Fatih Akin sein Drama „Aus dem Nichts“ entworfen, das nun im Kino zu sehen ist. Hollywood-Star Diane Kruger spielt in ihrer ersten deutschsprachigen Hauptrolle eine fassungslose und wütende Frau (Katja Sekerci), deren Mann und Sohn bei einem Nagelbombenanschlag ums Leben kamen.
Zur Person:
Samia Chancrin
wurde 1983 in München geboren und wuchs in Kaufbeuren auf und machte hier ihr Abitur. Heute lebt sie in Berlin.
Kulturwerkstatt
Mit sieben Jahren spielte Samia Chancrin erstmals Theater in der Kulturwerkstatt Kaufbeuren. Insgesamt war sie dort 13 Jahre lang engagiert, trat hier nicht nur auf, sondern führte später auch Regie.
Ausbildung
Von 2004 bis 2008 studierte Chancrin Schauspiel an der Universität Mozarteum in Salzburg. 2007 war sie für den Förderpreis Deutscher Film in der Kategorie „Beste Schauspielerin“ nominiert.
Engagements
Von 2008 bis 010 war die Kaufbeurerin festes Ensemblemitglied der Württembergischen Landesbühne Esslingen. Hier debütierte sie 2011 auch als Regisseurin. 2014 wechselte Intendant Manuel Soubeyrand an die Neue Bühne in Senftenberg (bei Cottbus). Seitdem inszeniert Samia Chancrin unter anderem auch dort.
Film und Fernsehen
Als freie Schauspielerin ist sie in Film- und Fernsehproduktionen zu sehen: Sie spielt etwa in dem ARD-Film „Das weiße Kaninchen“ (2015), im ZDF-Film „Die Lebenden und die Toten (2014) oder in „Wir waren Könige“ (Kinofilm von 2014). Chancrin tritt auch in TV-Serien wie „Kommissarin Heller“ (ZDF, Folge: Nachtgang, 2015) auf.
An ihrer Seite ist Samia Chancrin, die in Kaufbeuren aufwuchs. Die 34-Jährige spielt Katjas beste Freundin Birgit. Die Freundschaft der Frauen zerbricht, weil der Verlust, den Katja erlebt, am Ende zu groß ist – und weil Birgit hochschwanger ist. Das Glück der einen, ist das Leid der anderen.
Für ihre Rolle der schwangeren Freundin musste sich Samia Chancrin einen Silikon-Bauch umschnallen. „Der hat super gepasst.“ Aber bei den Szenen im Hamam, einem türkischen Dampfbad, kam sie bei 40 Grad gehörig ins Schwitzen. Diane Kruger hat sie bei den Dreharbeiten als „tolle Kollegin, die alles mitmacht“, erlebt.
Rolle im Casting ergattert
Seit zehn Jahren ist Samia Chancrin freiberufliche Schauspielerin und Regisseurin. „Es war ein riesiges Glück, bei diesem Film dabei zu sein.“ Über ein Casting-Vorsprechen war Chancrin zu der Kino-Rolle gekommen. Zehn Tage lang dauerten für sie die Dreharbeiten, die 2016 in Hamburg (und später in Griechenland) stattfanden. Akins Film ist in drei Kapitel gegliedert. Nur in den ersten beiden ist Chancrin zu sehen, weil sich die Freundinnen auseinanderleben. „Die Freundschaft ist hinüber, aber die Liebe bleibt“, sagt Chancrin.
Die Premiere bei den 70. Filmfestspielen von Cannes im Mai, bei denen Diane Kruger als beste Darstellerin geehrt wurde, hat Samia Chancrin kränkelnd und hustend erlebt. Trotzdem waren der Gang über den Roten Teppich und die umjubelte Premieren-Vorstellung ein Erlebnis für sie.
Drei- bis viermal im Jahr in Kaufbeuren
Überrascht war sie, wie Regisseur Fatih Akin am Ende alles auf Diane Kruger zugeschnitten hat. „Alle Szenen, die ohne Diane gedreht wurden, hat er herausgeworfen.“ Bei der deutschen Premiere in Hamburg am vergangenen Dienstag sah sie den Film erstmals entspannter. Ihr Fazit: „Er ist toll geworden und Diane spielt großartig.“ Aber auch mit ihrem eigenen Auftritt ist sie zufrieden.
Drei- bis viermal im Jahr besucht Samia Chancrin ihre aus Frankreich stammende Mutter in Kaufbeuren. Dann schaut sie immer auch bei Thomas Garmatsch vorbei, der die Kulturwerkstatt Kaufbeuren leitet. 13 Jahre trat sie hier auf und engagierte sich auch hinter den Kulissen. Garmatsch weckte in ihr die Lust am Theaterspielen. „Er hat mir auch Selbstbewusstsein und eine Heimat gegeben. Ich verdanke ihm sehr viel“, sagt die 34-jährige, die derzeit Frank Wedekinds „Frühlingserwachen“ an der Neuen Bühne in Senftenberg inszeniert (Premiere am 2. Dezember). „Sie ist schon als Jugendliche eine Ausnahmeerscheinung gewesen und hat Biss gehabt, ihren Traum zu leben“, sagt ihr „Lehrmeister“ Garmatsch (48).
Nun ist Samia Chancrin gespannt, wie der Film beim Publikum ankommt. Gut möglich, dass die Allgäuerin noch über einige Roten Teppiche flanieren darf. „Aus dem Nichts“ geht für Deutschland ins Rennen um den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film.
Vorstellungen: Der Film „Aus dem Nichts“ läuft im Colosseum-Center in Kempten und im Cineplex in Memmingen.
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