Mercedes will sämtliche Autohäuser, die noch in Eigenregie geführt werden, verkaufen. Das sorgt nicht nur in Neu-Ulm für Missstimmung. Die Belegschaft ist maßlos vom Vorstand und den Plänen enttäuscht und wütend.
An diesem Mittwoch lud der Betriebsrat die Beschäftigten der Mercedes-Benz Niederlassung am Neu-Ulm zur Fortsetzung einer außerordentlichen Betriebsversammlung ein, die Anfang Februar stattfand. Keine erfreuliche Veranstaltung.
Mercedes verkauft alle eigene Autohäuser - auch in Neu-Ulm
Auf dieser laut Peter Weizinger, dem Betriebsratsvorsitzenden in Neu-Ulm, bedeutenden Betriebsversammlung wurden die Beschäftigten über die aktuellen Entwicklungen informiert. Der Vorstand der Mercedes-Benz Group AG hatte zuvor seine einseitig getroffene Entscheidung mitgeteilt, die konzerneigenen Niederlassungen zu verkaufen. Betroffen sind davon etwa 180 Beschäftige in Neu-Ulm der Mercedes-Benz AG - von 8000 in ganz Deutschland. Der Nutzfahrzeugbereich gehört zum abgespaltenen Unternehmen Daimler Truck.
Weizinger sprach unmittelbar nach Verkündung der Entscheidung über die Enttäuschung und Bestürzung, die die Beschäftigten beim Erhalt der Nachricht über den geplanten Verkauf der Niederlassungen empfunden haben. Er betonte, dass dies „eine Entwicklung sei, die uns alle vor neue Herausforderungen stellt und Unsicherheit über unsere Zukunft bringt“.
Der Neu-Ulmer untermauerte in seiner Rede den Standpunkt des Betriebsrats: „Ich sage es in aller Deutlichkeit. Wir sind entschieden gegen den Verkauf der Niederlassungen! Wir halten die Pläne des Vorstands für eine krasse Fehlentscheidung und lehnen sie im Grundsatz ab. Sie gehen einzig und allein auf das Konto des Unternehmens“.
Anhand der am Mittwoch kommunizierten Vorstandsentscheidung lasse sich zudem konstatieren, „dass es nie eine wirklich ernsthafte Prüfung des Verkaufs gab, sondern dass dieser bereits im Vorfeld als strategische Maßnahme feststand: Kein Verkauf war keine Option“.
Deshalb habe der Verkauf seitens des Betriebsrats trotz intensiver Bemühungen, zahlreicher Alternativvorschläge und hartnäckiger Gespräche mit dem Mercedes-Benz Vorstand und der Geschäftsleitung der Unternehmenseigenen Verkaufs- und Servicestandorte (Own Retail) auch nicht abgewendet werden können. Dennoch habe der Betriebsrat in diesen Gesprächen erreicht, „dass das Unternehmen bereit ist, über die Absicherung der Arbeitsbedingungen zu verhandeln und Sorge dafür zu tragen, dass diese von den neuen Erwerbern erfüllt werden“.
In Ulm verkauft nicht Mercedes direkt, sondern Wackenhut
In den ab Montag, 18. März, beginnenden Verhandlungen wird der Betriebsrat für faire Rahmenbedingungen kämpfen und sicherstellen, dass die Interessen der Beschäftigten gewahrt werden. Weizinger betonte: „Wir wissen, was es heißt, Verantwortung für unsere Belegschaft zu übernehmen. Die Interessen und Bedürfnisse unserer Kolleginnen und Kollegen sind unsere oberste Priorität und klar ist auch, wir lassen niemanden im Regen stehen. Wir werden hart daran arbeiten, die Arbeitsbedingungen bestmöglich, umfassend, langfristig und nachhaltig abzusichern."
Daimler geht es - natürlich - ums Geld: Angeblich sollen 800 Millionen Euro notwendig sein, um sämtliche Autohäuser auf den neusten Stand der Mitbewerber zu bringen. Wer in Ulm einen Mercedes kaufen will, der kommt in ein Autohaus, das vom externen Unternehmen Wackenhut geführt wird. Ein Unternehmen mit 740 Mitarbeitenden an elf Standorten - darunter die Neu-Ulmer Oldtimerfabrik. Die Autohäuser in Senden und Illertissen gehören seit 2022 zur Sternpark-Gruppe.