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Warum Eltern in Bayern weiter für Kita-Betreuung zahlen müssen

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Warum Eltern in Bayern weiter für Kita-Betreuung zahlen müssen

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    „Bayern ist Familienland“, so Söder. Doch gebühren-reduzierte Kitas, wie in den meisten anderen Bundesländern, gibt es nicht.
    „Bayern ist Familienland“, so Söder. Doch gebühren-reduzierte Kitas, wie in den meisten anderen Bundesländern, gibt es nicht. Foto: Christoph Kölle (Symbolbild)

    In Bayern gehen die Uhren anders, sagte einst der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt. Das „bayerische Anders-Sein“ würde Ministerpräsident Markus Söder bestätigen. Und anfügen: „Bayern ist Familienland“ – was sich der Freistaat mit dem Alleingang beim Familien- oder Kinderstartgeld etwas kosten lässt. Gebühren-reduzierte Kitas, wie in den meisten anderen Bundesländern, gibt es dagegen nicht. Zudem wird das Krippengeld, durch das den Eltern kleiner Kinder bis zu 100 Euro für eine Kita-Unterstützung zufloss, ab 2026 zu einer einmaligen Zahlung zusammengespart. Nun wollen die bayerischen Grünen einiges ändern: Der Freistaat soll täglich vier Stunden Betreuung komplett übernehmen, alle weiteren zu 90 Prozent, heißt es in einem Gesetzesentwurf von Anfang Juni. Unterstützung kommt vom Landesverband der SPD, wie dieser auf Anfrage mitteilt.

    In vielen anderen Bundesländern außer Bayern gibt es reduzierte Kita-Gebühren

    Was einige Eltern von horrenden Gebühren befreien würde, dürfte für andere kaum bemerkbar sein. Denn die Beiträge variieren „von null Euro bis zu teilweise vierstelligen Summen“, teilt eine Sprecherin des Sozialministeriums mit. Abhängig sind die Kosten vor allem vom Wohnort, als auch von der Anzahl und dem Alter der Kinder, dem Betreuungsumfang sowie dem Einkommen. Weitere Unterstützung fließt auch jetzt schon aus der Landeskasse, wie die Sprecherin des Sozialministeriums mitteilt: „Der Freistaat refinanziert die Kommunen anteilig und trägt rund die Hälfte der öffentlichen Ausgaben im Bereich der Kindertagesbetreuung.“ Hinzu kommen knapp zwölf Milliarden Euro über den kommunalen Finanzausgleich und rund 40 Millionen Euro über das Bayerische Finanzausgleichsgesetz. Somit werden die Kitas vom Freistaat mitfinanziert. Aber eine Gebührenbefreiung wie in Berlin? In Bayern lieber nicht.

    Kostenlose Kitas werden im Freistaat oftmals skeptisch betrachtet, Qualität habe nun einmal ihren Preis. Was schon stimmt, sagt Bildungsökonom Henning Hermes, wäre da nicht die kommunale Finanzierungsstruktur. Denn die Betreuungsgebühren fließen in Deutschland nicht in die Kassen der Kitas, sondern der Kommunen. Als Träger fördern sie die Kitas wiederum mit einer festgelegten Pro-Kopf-Zuweisung. Nimmt eine Kommune nun weniger ein, wird auch an den Ausgaben gekürzt, so die Sorge. „Es ist eine Frage des politischen Willens, ob man die wegfallenden Einnahmen aus anderen Töpfen kompensiert und somit die Zuweisung pro Kopf konstant hält. Dann sollte es erstmal auch keine Qualitätseinbußen geben“, erklärt der stellvertretende Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik.

    Statt Gebühren-Wirrwarr gilt mit einer kompletten Befreiung einfach und klar: Die Kita ist frei, ich muss nichts zahlen.

    Henning Hermes, Stellvertretender Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik

    Wie viel die Gebührenreduzierung nach dem Gesetzesentwurf der Grünen kosten würde, kann die Partei nicht sagen. Es gibt zu wenig Informationen von der Staatsregierung über den Betreuungs- und Personalbedarf, so Fraktionschefin Katharina Schulze. Kosten dürfte es dem Land mehr, doch die Bildungs- und Chancengleichheit würde profitieren, sagt Bildungsökonom Hermes. Der 39-Jährige geht noch einen Schritt weiter als die Grünen: „Statt Gebühren-Wirrwarr gilt mit einer kompletten Befreiung einfach und klar: Die Kita ist frei, ich muss nichts zahlen. Das versteht jede und jeder. So erreichen wir insbesondere die Kinder, die am stärksten von einem frühzeitigen Einstieg ins formale Bildungssystem profitieren.“

    Kostenlose Kitas würden die Bildungs- und Chancengleichheit erhöhen. So können die Kinder erreicht werden, die am stärksten vom frühzeitigen Bildungssystem profitieren.
    Kostenlose Kitas würden die Bildungs- und Chancengleichheit erhöhen. So können die Kinder erreicht werden, die am stärksten vom frühzeitigen Bildungssystem profitieren. Foto: Sebastian Kahnertd, dpa (Symbolbild)

    Die Beiträge von einkommensschwachen Familien werden zwar häufig übernommen, ganz trivial ist solch ein Antrag auf Übernahme jedoch nicht: Dokumente über Dokumente, die in Kopie vorzulegen sind, um dann wochenlang auf eine Genehmigung zu warten. „Durch diese Komplexität verlieren wir regelmäßig die vulnerabelsten Gruppen, was zahlreiche Studien belegen. Und für genau diese Kinder bieten wir als Gesellschaft eigentlich eine breite Sozial- und Bildungspolitik an“, meint Hermes. Auch die Arbeitsgemeinschaft der Elternverbände Bayerischer Kindertageseinrichtungen (ABK) setzt sich politisch für kostenlose Kitas ein. „Doch die richtungsgebende Landespolitik hat weiterhin nicht die Bedeutung von Bildung im frühen Kindesalter verinnerlicht“, sagt Vorstand Horst-Helmut Fleck.

    Die Kita-Beiträge in Bayern variieren von null Euro bis zur vierstelligen Summe

    Kostenlose Kitas haben allerdings einen Haken: Sie verstärken den Ansturm auf freie Plätze. „Das dürfte der Grund sein, weshalb die Kommunen von der Gebührenbefreiung nicht gerade begeistert sind – sie haben bereits jetzt Probleme, den Bedarf zu decken“, sagt Hermes, der als Vater auch selbst schon nach einem Kitaplatz suchen musste. Auch das Sozialministerium sieht die Grünen-Forderung skeptisch: „Eine Trennung der Verantwortungsbereiche derart, dass der Freistaat zahlt und die Kommunen planen, ist nicht zielführend und nicht praktikabel.“

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