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Notstand: Pflegekräfte fehlen an allen Ecken und Enden

Das Allgäu braucht dich!

Notstand: Pflegekräfte fehlen an allen Ecken und Enden

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    Anastasija Dacevic aus Serbien absolviert am Klinikum Memmingen einen einjährigen Anerkennungsprozess, um danach als Pflegekraft arbeiten zu können.
    Anastasija Dacevic aus Serbien absolviert am Klinikum Memmingen einen einjährigen Anerkennungsprozess, um danach als Pflegekraft arbeiten zu können. Foto: Matthias Becker

    Anastasija Dacevic hat Memmingen in ihrer Heimat Serbien erstmal bei Google eingegeben. Was die Online-Suchmaschine ihr angezeigt hatte, gefiel der 20-Jährigen. Kurze Zeit später, Anfang Januar, ist sie im Allgäu angekommen. Sie ist eine von zehn jungen Erwachsenen aus dem Ausland, die seit Januar im Klinikum Memmingen ein Anerkennungsjahr machen. Besteht sie die Prüfung, wird ihr Abschluss als Gesundheits- und Krankenpflegerin in Deutschland anerkannt.

    Kliniken werben gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland an.
    Kliniken werben gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland an. Foto: Matthias Becker

    Im Allgäu fehlen nach Angaben des Pflege-Experten Professor Dr. Philipp Prestel von der Hochschule Kempten ungefähr 1000 Pflegekräfte. Am Klinikum Memmingen sind etwa 20 Stellen offen. Im Pflegeheim Heilig-Geist-Stiftung in Nesselwang (Ostallgäu) gibt es laut Einrichtungsleiter Martin Mose zur Zeit sechs leer stehende Zimmer – drei Fachkräfte werden benötigt, um diese Räume wieder zu belegen.

    In den nächsten drei Monaten hängen deshalb überall im Allgäu Plakate: „Dein Allgäu braucht Dich!“ steht in großen Buchstaben darauf. Daneben ist eine Pflegekraft abgebildet. Vor über einem Jahr hat die Allgäu GmbH die „Initiative für eine starke Pflege im Allgäu“ gestartet. Das ist ein Zusammenschluss von Pflege-Einrichtungen und Kliniken in der Region, dem zum Beispiel der Klinikverbund Kempten-Oberallgäu, das Pflegeheim Heilig-Geist-Stiftung oder das Klinikum Memmingen angehören.

    Das Image der Pflege sei schlecht, sagt der Geschäftsführer der Allgäu GmbH, Klaus Fischer, und zählt auf: „Viel Arbeit, wenig Geld, Wochenendarbeit.“ Mit den Plakaten wolle die Allgäu GmbH zeigen, dass es Menschen gibt, die gerne in der Pflege arbeiten. Ziel sei es, Kräfte aus dem Allgäu für das Allgäu zu mobilisieren. Auch in den Sozialen Medien seien Kampagnen geplant.

    Im Sommer startet außerdem der erste Ausbildungsjahrgang der Internationalen Kolping Pflegeschule in Kempten – etwa 40 Schüler beginnen dort ab August ihre Ausbildungen zum Altenpfleger oder Altenpflegehelfer.

    Ein "Goodybag" für jeden neuen Mitarbeiter

    Ab Herbst soll es außerdem Willkommenspakete für Menschen geben, die sich entscheiden, in den Pflegebereich zu gehen. „Wir planen, dass jeder neue Mitarbeiter, der bei unseren Partnern anfängt, einen gefüllten Rucksack bekommt“, sagt Fischer. Konkretes könne er derzeit aber noch nicht sagen. Pflegekräfte aus dem Ausland anwerben will die Allgäu GmbH nicht.

    Der Kontakt zu den Patienten macht Anastasija am meisten Freude.
    Der Kontakt zu den Patienten macht Anastasija am meisten Freude. Foto: Matthias Becker

    Die Kliniken und Einrichtungen werben auch selbst. Die Memminger setzen beispielsweise auf Imagefilme und auf Werbung an den Flughäfen in Memmingen und Friedrichshafen. Auch im Ausland sucht die Pflegedienstleitung Fachkräfte.

    Deshalb ist Pflegedirektor Hans-Jürgen Stopora nach Bosnien-Herzegowina und Serbien gereist. Insgesamt konnte er für das Klinikum Memmingen so in den vergangenen zwei Jahren 20 Kräfte gewinnen. „Die sind gut ausgebildet und bekommen in ihren Heimatländer oft keinen Job“, sagt Stopora. Das Klinikum arbeitet dabei mit dem Projekt „Triple Win“ zusammen.

    Dabei gewinnen die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) qualifizierte Pflegefachkräfte aus dem Ausland. So wie Anastasija Dacevic. „Am Anfang hatte ich Probleme mit dem Dialekt“, sagt die 20-Jährige über die Sprache, die größte Herausforderung. Deutsch hat sie in Serbien gelernt. Am meisten Freude bereite ihr, Verbände zu wechseln und dabei mit Patienten zu sprechen. Hilfreich sei für Dacevic, dass sie sich bei Schwierigkeiten stets an jemanden wenden kann.

    Der Fachkräftemangel in der Pflege werde in Zukunft noch angespannter werden, erwartet Klaus Fischer. „Wir werden mehr Pflegebedürftige haben und brauchen mehr Betreuung.“ Das sei die Herausforderung. Stopora vom Klinikum Memmingen denkt neben den bisherigen Werbemaßnahmen auch an einen Fortbildungsverbund. Er könnte sich vorstellen, die verschiedenen Fortbildungsangebote der Häuser zu vernetzen. „Weiterbildung ist wichtig, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben“, sagt Hans-Jürgen Stopora.

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