Momentan fühlt es sich im Allgäu an wie verflucht: Fast jeden Tag Blitze, Donner, Platzregen. Gerade im Mai krachte es auffallend oft. "Gewitter im Mai bringt Früchte herbei", so heißt es zumindest in einer Bauernregel. Aber stimmt das so? "Das würde ich eher auf den Sommer übertragen, nicht auf den Mai", findet die Ostallgäuer Kreisbäuerin Karina Fischer. So richtig glaubt die Eggenthalerin nämlich nicht an die oft gereimten Weisheiten. Die 42-Jährige hat Milchvieh und Grünland und verlässt sich lieber auf die harten Fakten: "Wir nutzen Wetter-Apps, Thermometer und Barometer." Sie gibt aber zu, dass sie zumindest manchmal einen Blick auf den Mondkalender wirft. Und ganz außer Acht lässt sie Bauernregeln dann doch nicht. "Das mit dem Siebenschläfer stimmt meistens schon und auf die Eisheiligen achte ich immer", sagt sie.
"Das hat schon öfter zugetroffen."Die Unterallgäuer Kreisbäuerin Margot Walser über ihren Glauben an Bauernregeln
Genauso macht es Margot Walser. Vor der kalten Sophie am 15. Mai pflanzt die Unterallgäuer Kreisbäuerin gar nicht erst an. Denn wie sagt die Bauernregel so schön: "Oft hat Sophie Frost gebracht und manche Pflanze tot gemacht." Solche Sprüche nimmt die 64-Jährige auch ernst, sehr viel mehr als ihre Kollegin. Denn: "Das hat schon öfter zugetroffen", davon ist sie überzeugt. Ihre Eltern haben viel davon gesprochen, aber sie merkt, dass das die Jüngeren weniger interessiert.
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Und das ist gut so, sagt Joachim Schug, Chef-Meteorologe bei der Meteogroup. "In Bauernregeln steckt zwar ein wahrer Kern, aber sie wurden entwickelt, als es noch keinen Wetterbericht gab." Er kennt auch ihren Ursprung: Die meisten von ihnen sind etwa 300 Jahre alt und kommen von jahrelanger Beobachtung. Aber: "Sie waren auf eine bestimmte Region zugeschnitten. Eine Regel vom Bodensee ist für die Schweiz nicht gültig." Heute wird aber alles in einen Topf geworfen. Deshalb sind viele der Weisheiten Humbug, stellt er fest.
Besonders schlimm findet er den 100-jährigen Kalender, auf den sich viele beim Gärtnern verlassen. "Das ist ein großer Witz", sagt er und lacht. Weil die Leute damals nur sieben Planeten kannten, waren die Menschen damals im Siebener-Fieber, erzählt er. Deshalb wurde über sieben Jahre hinweg das Wetter beobachtet und ein Muster festgelegt.
"Irgendein Geschäftsmann hat das Ganze dann auf 100 Jahre aufgebauscht und den Kalender veröffentlicht." Die Trefferquote liegt wohl bloß bei 50 Prozent - und genauso ist es auch bei den übrigen Bauernregeln, findet Schug.
Den Wetterfrosch gibt es übrigens nur im deutschsprachigen Raum, sagt der Wetterexperte. In Italien und Frankreich zum Beispiel wird er ausgelacht, wenn ihn seine Frau als Wetterfrosch vorstellt. Und somit stellt er klar: "Da ist absolut nichts dran."
Am Ende gilt also: "Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder bleibt, wie's ist."
Wir haben den beiden Kreisbäuerinnen und dem Wetterexperten einige Bauernregeln gezeigt und sie haben uns gesagt, ob etwas dran ist oder nicht.
Kommt der Frost im Januar nicht, zeigt im März er sein Gesicht.
Joachim Schug: "Im März kann es tatsächlich nochmal kalt werden und viel Schnee fallen. Aber das muss nicht zwingend so sein."
Gibt's im Juni Donnerwetter, wird gewiss das Getreide fetter.
Karina Fischer: "Nein, das stimmt sicher nicht."
Der Hafer ist der Doktor fürs Land.
Margot Walser: "Nein, das ist nicht so."
Späte Rosen im Garten, schöner Herbst und der Winter lässt warten.
Karina Fischer: "Das kann schon sein, aber das hab ich noch nicht überprüft."
Fliegen die Schwalben in den Höh'n, kommt ein Wetter, das ist schön.
Joachim Schug: "Schwalben wissen nicht, wie das Wetter wird. Ein Tier reagiert eher ein, zweie Stunden vorher auf Umschwünge. Da sollte man eher nach den Mücken gehen, die sind nämlich dort, wo trockene Luft ist. Das gibt Hinweise aufs Wetter.
Regnet's am Siebenschläfertag, es sieben Wochen regnen mag.
Joachim Schug: "Da ist ein Funken Wahrheit dran. Aber es ist gefährlich, den 27. Juni als Lostag zu nehmen, denn es geht mehr um einen Zeitraum. Das ist Ende Juni, Anfang Juli. Richtung Sommer kippt nämlich das Wettermuster. Kommt ein Tiefdruckgebiet, bleibt das erst einmal. "
Siehst du Schmetterlinge tanzen, kannst du draußen pflanzen.
Margot Walser: "Puh, das klingt auf jeden Fall schön. Aber bestätigen kann ich das nicht."
Wofür gelten die Bauernregeln sonst noch?
Wer an Bauernregeln denkt, hat automatisch das Wetter im Sinn. Tatsächlich gibt es unter den Bauern auch einige Weisheiten, die damit überhaupt nichts zu tun haben. Wer kennt nicht den Spruch: "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht" oder "Iss, was gar ist, trink, was klar ist". Zahlreiche der Regeln beziehen sich auf Ernährung und Alkohol - vor allem Wein.