Wenn Hermann Obenauer vor seinem jüngsten Werk steht, wirkt er begeistert wie ein Junge vor der Modelleisenbahn: "Sie kann vorwärts und rückwärts fahren", ruft der 70-Jährige. Mit "sie" ist die Fahrmaschine aus Buchen- und Eschenholz gemeint, an der er monatelang bis tief in die Nacht tüfelte. Sein Kult-Cabrio hat:
.... vier Räder ... zwei Pedale ... einen Lenkhebel in der Mitte des Fahrersitzes ... einen Knauf rechts neben dem Fahrer, mit dem sich die Hinterradbremse steuern lässt.
Als Vorbild diente ihm eine Skizze aus dem Jahr 1868. Angefertigt von Erfinder Freiherr Karl von Drais, die Hermann Obenauer in einer Biografie über den Konstrukteur entdeckte.
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"Ich war begeistert von der Idee, die Maschine nachzubauen. Allerdings hat der Maßstab der Skizze nicht gestimmt. Ich habe lange Zeit tüfteln müssen, um die richtigen Proportionen zu finden", erzählt der gelernte Tischler, der über schier unendliche Geduld verfügen muss.
Quasi als "Warm-up" zum geräumigen Holzgefährt hatte er bereits zweirädrige, hölzerne Laumaschinen nach Plänen von Karl von Drais gebaut. "Ein bisschen Übung war also schon da", sagt er augenzwinkernd.
Die Maschine hieß im 19. Jahrhundert übrigens "Quartucycle". Nach dem großen Erfolg seiner Laufmaschinen erfand Karl von Drais die vierrädrige Maschine. Dazu angeregt haben soll ihn der steigende Haferpreis: Sein Gefährt ließ sich ohne Pferde bewegen. Das Urmodell der Drais'schen Fahrmaschine gilt als Vorläufer der heutigen Straßenfahrzeuge.
Unsere Testerin Naomi meinte nach ihrer Ausfahrt vor staunenden Touristen in Oberstdorf: "Wenn man das Prinzip begriffen hat, ist sie total einfach zu fahren. Man sitzt viel bequemer als auf einem Fahrrad. Mich erinnert es eher an eine Mischung aus Kutsche und Tretboot. Perfekt, um einen Ort wie Oberstdorf zu erkunden."
Gut möglich, dass Hermann Obenauer seinen "Fuhrpark" erweitert. "Beim zweiten Mal wäre ich bei der Fertigstellung sicher doppelt so schnell."