Gemeinsam mit hunderten oder gar tausenden mitfiebern, bangen und feiern, wenn die deutsche Elf den Rasen betritt. Im Juni beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft und Public Viewing gehört für viele Fans einfach mit dazu. Zahlreiche Allgäuer zog es dazu bisher in die Big Box Allgäu. Damit ist aber jetzt Schluss: 2018 werden in der Veranstaltungshalle keine WM-Spiele übertragen. Die Nachfrage sei zu gering, heißt es von den Verantwortlichen. Trotzdem werden die Matches an zahlreichen Orten in der Stadt übertragen. Größter Veranstaltungsort dürfte jetzt das Parktheater werden.
Schade! - Kommentar von Simone Härtle
Wenn wildfremde Menschen sich in den Armen liegen und gemeinsam feiern (oder trauern), dann ist WM. Zusammen macht Fußballschauen viel mehr Spaß als allein. Obwohl nicht unter freiem Himmel, war die Big Box dafür immer ein guter Ort. An Karten zu kommen war, zumindest gefühlt, oft gar nicht so einfach. Verwunderlich, dass es jetzt gerade die fehlenden Besucher sein sollen, die für das größte Public Viewing in der Region das Aus bedeuten.
Klar, die Kosten für ein solches Event dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Andererseits wären sicher viele bereit gewesen, für die Tickets zwei oder drei Euro drauf zu legen. Dass die verbleibenden Lokale den Wegfall von 3.800 Plätzen auffangen können, ist kaum zu erwarten. So müssen wohl doch viele Kemptener mangels Alternativen zu Hause vor dem Fernseher jubeln - oder schimpfen. Schade!
"Das Interesse ist in den vergangenen Jahren abgeflacht, ein solches Event nicht mehr wirtschaftlich", begründet Marketingleiterin Ramona Madlener den Rückzug der Big Box aus dem Public Viewing. Zwischen sechs und zwölf Euro haben die Tickets für die EM- und WM-Spiele gekostet. Dafür gab es Stadionatmosphäre vor einer 144 Quadratmeter großen Leinwand, der "größten Leinwand Deutschlands" wie geworben wurde. Zum ersten Mal wurden in der sogenannten WM-Box bei der Weltmeisterschaft 2006 Spiele gezeigt. Damals sei die Halle mit 3.800 Besuchern stets ausverkauft gewesen, dann seien immer weniger gekommen, sagt Madlener.
Dann eben Ausnahmezustand woanders
Eine Beobachtung, die andere Kemptener Gastronomen bei ihren Veranstaltungen so nicht bestätigen können. "Wenn Deutschland spielt, herrscht hier Ausnahmezustand", sagt beispielsweise "Stift"-Wirt Jürgen Berkmiller. Etwa 700 Fußballbegeisterte kämen dann in den Biergarten der Brauereigaststätte, das Interesse sei seit Jahren ungebrochen. Das könne auch daran liegen, dass der Trend nach draußen gehe: "Viele wollen Fußball unter freiem Himmel sehen." Wenn die Plätze in der Big Box wegfallen, mutmaßt er, könne es bei den anderen Veranstaltern noch enger werden: "Die Kapazitäten hier sind begrenzt, auch wenn wir jedes Eckchen nutzen".
Dass es beim gemeinsamen Fußballschauen nicht nur auf den Spaß für die Fans, sondern auch auf Wirtschaftlichkeit für den Veranstalter ankommt, weiß auch Hassan Büyükdag. Er betreibt den Biergarten auf der Burghalde, wo bei gutem Wetter beim Public Viewing auch heuer wieder für 300 Leute Platz ist. Eine Übertragung im Rondell, in dem im Sommer das Open-Air-Kino stattfindet, wird es allerdings nicht geben: "Dafür bräuchte man eine riesige Leinwand, das ist zu teuer." Das Interesse an den Gruppenevents sei aber groß. "Bei uns ist immer voll, wenn es um Fußball geht", sagt auch "Times"-Inhaber Peter Fergg. In dessen Sportsbar finden 300 Fans Sitzplätze.
Voll ist es auch stets, wenn das Parktheater die Tanzfläche für einige hundert Fußballfans in eine Fußballarena umwandelt. Laut Betreiber Johannes Palmer sollen die Fans auch heuer bei den Spielen mit der Nationalelf jubeln. Eintritt dafür wird nicht verlangt. Palmer geht es darum, in Kempten eine Attraktion während der WM zu bieten. Dass die Big Box heuer nicht mehr dabei ist, findet er deshalb schade.