Smudo, Michi Beck, Thomas D und And.Ypsilon zündeten einen Tag nach ihrem 28. Band-Geburtstag ein Rap-Feuerwerk. Zwei Stunden lang servierten sie ihre Hits wie "Die da!?!", "MfG - Mit freundlichen Grüßen", "Sie ist weg", "Gebt uns ruhig die Schuld", "Der Picknicker", "Tag am Meer" oder "Troy" und die Fans skandierten die Refrains fleißig und lautstark mit. Angesichts der ausgelassenen, fröhlichen Party-Stimmung hatte dann auch Petrus ein Einsehen: Nach gut einer Stunde hörte es zu regnen auf.

Michi Beck hatte so etwas schon geahnt, dass das Open-Air nicht ohne Regen abgehen würde. Schließlich verbrachte er mit seinen Eltern manchen Sommerurlaub im Allgäu. „Es war so schön“, erinnert er sich, aber hin und wieder eben sei es auch nass gewesen. Zwar ist die 26 Meter breite und 14 Meter hohe Bühne am Dorfrand überdacht, doch böiger Wind sorgt dafür, dass der Regen auch auf die Vier und ihre sechs Mitstreiter einprasselt. Zweimal ziehen sich Smudo und Co. um. Zahlreiche Fans besorgen sich noch schnell an einem Stand Regenponchos, die nach gut einer Stunde aber nicht mehr gebraucht werden.
Mit unglaublicher Power servieren die drei Frontmänner Smudo, Thomas D und Michi Beck die Hits von „Was geht“ über „Sie ist weg“ bis zu „MfG – Mit freundlichen Grüßen“. Bei „Die da!?!“ taucht ein waagrechter Blitz über Buchenberg auf und sorgt für große Augen. Der Sound ist passabel. Die Bässe schlucken zwar oft den Gesang, doch die Fans zeigen sich textsicher und skandieren die Refrains lauthals mit.
Versierte Verseschmiede statt böse Buben
Die Fantastischen Vier vereinen Generationen, das zeigt sich auch in Buchenberg. Verliebte kuscheln sich bei „Tag am Meer“ aneinander, Junge grölen bei „Gebt uns ruhig die Schuld“ mit und Papas, die ihren Sprössling auf die Schulter nehmen, wippen sanft mit bei „MfG“. Ja, diese Rapper sind keine bösen Buben, sondern sympathische Verseschmiede aus dem Schwabenland, die es verstehen, den Alltag in Rap-Form auf einen groovigen, massentauglichen Punkt zu bringen. Dies tun sie übrigens – immer wenn eine neue CD ansteht – auch gerne in einer Berghütte in Vorarlberg.
Ursprünglich hätte das Fanta-4-Open-Air beim Festspielhaus in Füssen am Ufer des Forggensees über die Bühne gehen sollen. Doch die Insolvenz des Hauses hatte den Veranstalter Allgäu Concerts aus Buchenberg veranlasst, umzuplanen und den Auftritt auf der grünen Wiese neben dem eigenen Firmengelände zu realisieren. Auch das Open Air „Rock The King“, zu dem am 29. Juli 5.000 Rock-Fans erwartet werden, geht hier über die Bühne.
Insgesamt organisiert Allgäu Concerts 2017 zehn große Open-Airs im süddeutschen Raum. Die Buchenberger Konzerte hatten bei Anwohnern früh für Unmut gesorgt. Lärm und Randale befürchteten einige. Für Allgäu-Concerts-Geschäftsführerin Michaela Bernhard sind die Wogen mittlerweile geglättet. Der Rückhalt durch Gemeinde, Bauhof und Feuerwehr sei „wahnsinnig toll“, sagt die 26-Jährige. Die meisten Buchenberger würden hinter den Open Airs stehen.
Buchenberger stehen nun mehrheitlich hinter den Konzerten
Ein Indiz dafür ist wohl auch, dass die örtliche Musikkapelle das kommende Rock-Festival, bei dem Bands wie Sabaton, Powerwolf, Dirk Schneider und Oomph! auftreten, eröffnen wird. Um Open-Air-Kritiker zu besänftigen, wurde beim Fanta-4-Konzert an drei Stellen für ein Schallgutachten die Lautstärke gemessen. Gefühlt hielt sich der Pegel in Grenzen. Durch die Ausrichtung der Bühne nach Südwesten ging der Schall vor allem Richtung freie Landschaft.
Die meisten Fans nutzten die Parkplätze direkt am Festivalgelände. Allein 1.000 reisten mit Shuttle-Bussen aus dem gesamten Allgäu an. „So einen Zuspruch hatten wir noch nie“, sagt Bernhard.
Eine runde Sache
Viele Besucher verfolgten den Auftritt der Fantastischen Vier auch als Zaungäste jenseits des abgesperrten Open-Air-Areals. Einer davon war Markus Heider. „Fanta 4 trat 1992 für eine Gage etwa 1.000 DM also etwa 500 Euro im Kemptener Jugendhaus auf“, erinnert sich der Leiter der Einrichtung, der nur kurz Zeit hatte, und sich ein paar Lieder aus der Ferne anhörte. Hip-Hop sei damals noch kein großes Thema gewesen. „Die Vier sorgen für gute Laune. Immer noch weht ein leichter Hauch des Progressiven, der ein Abrutschen ins Banale verhindert.“
Was Zaungästen verwehrt blieb, war die Bühnenshow: Auf drei Video-Leinwänden wurden die Rapper groß in Szene gesetzt. Und da sah man nicht nur durchnässte, schwitzende Gesichter. Bei „Endzeitstimmung“ dominerte das rot durchgestrichene Wort „Hate“ (Hass). Keine Macht dem Hass. Ja, wenn sie wollen, können die Fantastischen Vier auch mal kritisch. Oder nachdenklich, wenn Thomas D mit nacktem Oberkörper und in Rot getaucht spricht: „Der Krieger erwacht, er wurde über Nacht zum Krieger gemacht.“ So war das Premierenspektakel in der neuen „Allgäu Concert Arena Kempten-Buchenberg“ eine runde Sache – bis auf das Nass von oben.