Wahres Talent zeigt sich meist nicht bei den geprobten Dingen, sondern gerade bei den nicht geprobten. Im neuen Programm „Fast fertig!“ von Puppenspieler und Bauchredner Sascha Grammel, das er an zwei hintereinander folgenden Abenden in der Kemptener Big Box vorstellte, passierte so manches kleine Missgeschick. Doch der Berliner fing sie souverän und mit grandiosen Improvisationen auf. Das Publikum war begeistert und spendete immer wieder jubelnd Zwischenapplaus.
Grammels viertes Programm hatte zwar schon im Mai Premiere, dennoch waren die beiden ausverkauften Shows des sympathischen Solokünstlers in Kempten besonders aufregend, da sie für den Fernsehsender RTL aufgezeichnet wurden. Insgesamt waren 5800 Besucher in die Big Box gekommen. Insgesamt fangen zehn Kameras den Auftritt des 45-Jährigen ein, der seit seinem Karrierestart vor zehn Jahren mehr als ein Dutzend Preise und Auszeichnungen eingeheimst hat.

„Fast fertig!“ spielt da, wo es am Schönsten ist: im Urlaub. Genauer gesagt auf „Grammel Island“. Allein diese zwölf Quadratmeter große Insel entführt als Bühnenbild schon in die bunte und heile Welt der Fantasie. Die mittlerweile zu Kult gewordenen Figuren von Grammel erscheinen in neuen Kostümen. Der Adlerfasan Frederic Freiherr von Furchensumpf sieht aus wie der Pirat Jack Sparrow aus der Karibik. Der sechsarmige Außerirdische Herr Schröder mit Sternschnuppe Ursula ist als Zeitreisender unter die Indianer gegangen. Und der mit Käse belegte, sprechende Hamburger mit den Gürkchen als Augenbrauen, Professor Doktor Peter Hacke, macht Intelligenztests für eine Abenteuer-AG.
Szenen werden wiederholt
Doch schon als Pirat Frederic durch ein Fernrohr schauen soll, bekommt Sascha Grammel mit einer Hand nicht die Kappe vom Sichtgerät ab, mit der anderen führt er ja die Puppe. Bei der glubschäugigen Socke Außer Rüdiger reißen beide Ärmchen ab. Das ist aber noch nicht alles. Eine vertauschte Stimmlage und der Kommentar des Regisseurs „Du glänzt!“ machen mehrere Unterbrechungen, Nachpudern und die Wiederholung der Szenen notwendig.
Das alles meistert Grammel glänzend und nimmt seine Situation als Puppenspieler und sich selbst auf die Schippe. Selbst in diesen irritierenden Momenten bleibt er im spontanen Dialog mit seinen Figuren und man vergisst völlig, dass dort eigentlich nur ein Solist einen irrsinnig langen, als Dialog aufgeteilten Monolog hält.
Gerade durch die meisterhaft weggespielten Pannen blieb die Stimmung beim Publikum großartig. Zusätzlich machte die Einführung von Sascha Grammels neuer, bisher größter Puppe, dem „Qualitätskänguruh“ Achim Spironsik, die Show zu einem kurzweiligen, herrlich komischen und erfrischenden Abend, der Kinder und Erwachsene allen Alters am Ende aus den Stühlen hob und zu langem Beifall im Stehen animierte.
Die Parade von skurrilen, verschrobenen und niedlichen Figuren, die Sascha Grammel so liebevoll und mit immer anderer Stimme präsentiert, lockt bis zu acht Millionen Menschen vor den Fernseher. „Das ist eine heißbegehrte Show mit außergewöhnlich hohen Einschaltquoten“, teilt Wolfgang Teschner von „Panta-Management“ mit, das die Show im Auftrag von RTL in Kempten aufzeichnete.
Anfang des nächsten Jahres wird sich gesendet, wann genau, das ist noch offen. Gewiss ist, dass aus den Big-Box-Aufnahmen am Mittwoch und Donnerstag eine DVD entsteht, die am 6. Dezember veröffentlicht wird. Darauf sind nicht nur 125 Minunten Grammel-Programm zu sehen, sondern auch Hintergründe zur Show.