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Schluss mit Schluchtenjucken?

Canyoning im Ostertaltobel

Schluss mit Schluchtenjucken?

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    Mit den kalten Herbsttagen kehrt nun auch im Ostertaltobel bei Gunzesried zunehmend Ruhe ein.
    Mit den kalten Herbsttagen kehrt nun auch im Ostertaltobel bei Gunzesried zunehmend Ruhe ein. Foto: Uli Weigel

    Schlechte Aussichten für Canyoning-Freunde im Ostertaltobel bei Gunzesried: Dort ist diese Trendsportart wohl bald und bis auf Weiteres verboten. Zumindest fordert der Gemeinderat Blaichach jetzt einstimmig vom Landkreis Oberallgäu, eine Vereinbarung mit dem Deutschen Canyoningverband aus dem Jahr 2003 aufzuheben. Das Landratsamt habe bereits signalisiert, diesem Wunsch zu folgen, sagte Bürgermeister Christof Endreß.

    Das Canyoning unterscheidet sich vom normalen Wandern in einem wesentlichen Punkt. Wanderer können sich in Bayern aufs freie Betretungsrecht der Natur berufen, soweit ein Zugang nicht aus bestimmten Gründen verboten ist. Beim Canyoning ist andersrum: Ist das Canyoning in Bayern für ein bestimmtes Gewässer nicht explizit erlaubt, gilt es als verboten.

    Spaß macht's schon, aber zuletzt waren es nach Ansicht von Grundeigentümern, dem Blaichacher Gemeinderat und dem Landratsamt einfach zu viele Canyoning-Touren im Ostertaltobel.
    Spaß macht's schon, aber zuletzt waren es nach Ansicht von Grundeigentümern, dem Blaichacher Gemeinderat und dem Landratsamt einfach zu viele Canyoning-Touren im Ostertaltobel. Foto: Ulrich Weigel

    Blaichach zieht nun einen vorläufigen Schlussstrich. Bekanntlich wollen Grundeigentümer den Tobel-Trubel im Landschaftsschutzgebiet nicht mehr tolerieren. Sie sprechen sich laut Endreß einhellig für die Aufhebung der Vereinbarung zwischen Landratsamt und Canyoningverband aus – begründet mit deutlichen Störungen und Schädigungen der Natur. Solche Probleme hätte die Vereinbarung eigentlich unterbinden sollen. Sie erlaubte zum Beispiel das Canyoning im Ostertaltobel nur zwischen 1. Juni und 30. September. Aber nicht einmal daran hätten sich alle gehalten.

    Störungen und Schädigungen der Natur

    In Schreiben an Landratsamt und Rathaus sprachen sich die Grundeigentümer im Sommer gegen die kommerzielle Nutzung des Tobels aus. Sie wiesen darauf hin, dass eine Nutzung in der Vergangenheit privatrechtlich nicht erlaubt wurde und es auch aktuell nicht werde. Weil das Canyoning nicht durchs freie Betretungsrecht der Bayerischen Verfassung gedeckt ist, wäre laut Endreß die Zustimmung der Grundeigentümer nötig. Ansonsten hätte das Landratsamt das Canyoning für den Tobel auch allgemein erlauben können oder mit einer Einzelgenehmigung einem Betreiber oder einer Organisation die Nutzung des Gewässers unter Auflagen erlauben können. Aber das Landratsamt schätze bisherige Schäden und Belastungen ebenso ein.

    Für den Bürgermeister ist klar, dass das Nicht-Einhalten von Regeln und die Belastungen durch die hohe Zahl an Canyoning-Touren zum Nein der Eigentümer führten. Gleichwohl hofft er, dass sich mit klaren Regelungen eines Tages wieder eine Lösung finden lässt.

    Besucherlenkung als Lösung?

    Das spiegelt der Ratsbeschluss wider: Man will in „angemessener Zeit“ mit den Anwohnern sprechen, ob und wie sich der Tobel vielleicht eingeschränkt wieder nutzen lässt – etwa mit Besucherlenkung. Bei der „angemessenen Zeit“ handelt es sich nach Redebeiträgen in der Sitzung um etwa zwei, drei Jahre. Die Anwohner sollen erst einmal Ruhe haben; die Natur soll sich erholen. Der Gemeinderat fordert vom Landratsamt auch Maßnahmen, damit bei Zuwiderhandlungen angemessene Bußgelder verhängt werden können. Dazu zählt natürlich, dass man das Verbot dann auch entsprechend bekanntmacht.

    Normale Wanderer brauchen sich indes nicht zu sorgen. Endreß betonte, dass es auch weiter erlaubt sei, ans Wasser zu gehen und dort zu spielen. Das Canyoning-Verbot betreffe das „ausrüstungsbehaftete Laufen durchs Wasser“.

    Auszeit für Tobel-Trubel

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    Kommentar von Uli Weigel

    Nun also die harte Keule: Der Landkreis soll die bestehende Canyoning-Vereinbarung für den Ostertaltobel aufkündigen. Mit dem Beschluss übt Blaichachs Gemeinderat den Schulterschluss mit Grundeigentümern, die den Tobel-Trubel nicht mehr tolerieren wollen. Das ist bitter für Freizeitsportler und Veranstalter – vor allem für die, die sich ordentlich verhalten, in Kleingruppen unterwegs sind, keinen Dreck hinterlassen und keinen Schaden anrichten. Doch es gibt halt auch andere ... Schwarze Schafe finden sich ebenso anderswo, etwa unter Radlern, Bergwanderern oder Schrecksee-Zeltern.

    Einziger Trost mag nun sein, dass Blaichachs Beschluss nicht in Stein gemeißelt ist. Zumindest die Gemeinde steht einer erneuten, reduzierten Tobel-Nutzung in einigen Jahren offen gegenüber. Bis dahin bietet der Fall Ostertaltobel eine wichtige Lehre: Je mehr Menschen es irgendwo negativ übertreiben, desto größer ist die Gefahr, dass andere (wie Grundeigentümer, Politiker und Naturschützer) einschneidende Maßnahmen fordern und sie womöglich durchsetzen. Ordentliche Naturnutzer dürfen daher nicht wegschauen. Sie sollten den Mund aufmachen, wenn unvernünftige Egoisten Regeln brechen oder sich daneben benehmen.

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