Auf einem Poster sind rund zwei Dutzend frisch geschlachtete Schweine zu sehen, die mit den Hinterbeinen an Haken hängen. Darunter prangt in großer Schrift: „Nur für dich geschlachtet!“. Dieses und weitere Poster haben Studierende der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in der vergangenen Woche zu sehen bekommen, wenn sie zum Mittagessen in die Mensa gingen. Ob die Studierenden durch diese Schockbilder seltener zum Schnitzel greifen werden? Das möchte nun eine Forschungsgruppe der Technischen Hochschule Nürnberg herausfinden.
An vier bayerischen Mensen läuft derzeit das Projekt „TrueMensa 2.0“. Im Vordergrund steht die Frage: Wie können Menschen zu einem nachhaltigen und gesünderen Essverhalten motiviert werden? Nachhaltig bedeutet in diesem Fall besonders pflanzliche Nahrung, da tierische Produkte einen deutlich schlechteren ökologischen Fußabdruck aufweisen.
Beim „Nudging“ werden visuelle Anreize für pflanzliche Gerichte gesetzt
Dafür haben sich Studierende überlegt, wie sie in den Mensen verschiedene Anreize setzen können. Professor Tobias Gaugler begleitet das Projekt wissenschaftlich. Der Ökonom führte bereits 2023 eine ähnliche Aktion in den deutschen Penny-Märkten durch. Bei beiden Projekten geht es nicht um ein verändertes Nahrungsangebot, sondern um eine andere Gestaltung der Supermärkte oder eben Essensausgaben.
Eine Anreiz-Methode ist das „Nudging“, bei dem subtil und indirekt das Verhalten beeinflusst wird. Aber ohne Druck auszuüben oder gar Verbote auszusprechen. Denn: Den Menschen leiten Gewohnheiten. Deshalb greift er zu Schnitzel oder Leberkäse, obwohl er weiß, dass ein übermäßiger Konsum dem eigenen Körper und der Umwelt schadet. Beim Nudging handelt es „sich um kleine Anstupser für das tägliche Verhalten“, erklärt Ökonom Gaugler.
Die vier Mensen wurden unterschiedlich umgebaut, um nachhaltiges Verhalten zu fördern
In der Mensa der Technischen Hochschule Nürnberg sehen diese Anstupser während der dreitägigen Projektphase etwa so aus: Bei den Essensausgaben locken volle Körbe mit frischem Gemüse und Obst die Studierenden an. Das Obst wurde extra vorgeschnitten, sodass sie sich nur noch bedienen müssen. Die Salatbar wurde ansprechend gestaltet. Und die pflanzlichen Gerichte mit grünen Schildern versehen, die weniger umweltfreundlichen dagegen mit roten. In der Mensa der Technischen Hochschule Ingolstadt arbeitet das Forschungsteam mit einem positiven Appell an die eigene Verantwortung: Dort wurden Studierenden auf einem Poster glückliche Freilandrinder gezeigt, samt dem Slogan: „Für die Tiere. Für das Leben. Für das Klima. Verantwortung beginnt auf deinem Teller.“

Ganz anders in der Eichstätter Mensa: In der werden die Auswirkungen sogenannter Schockbilder auf die Essensentscheidungen untersucht. Dazu gibt es Infos zum Fleischkonsum in Deutschland. Neben den drei derart umgestalteten Mensa-Standorten dienen die Besucherinnen und Besucher der Mensa der Universität Erlangen-Nürnberg als Vergleichsgruppe.
Wie sind die Reaktionen in der „Leberkäse-Heimat“?
Student Artin Kesisoglugil hat die Reaktionen in der „Horror-Mensa“ der Uni Eichstätt beobachtet. „Viele fanden die Idee sehr gut, aber einige hat es auch angeekelt“, sagt er. Ein Kantinenmitarbeiter berichtet, dass deutlich weniger Schnitzel verkauft worden seien. Studentin Irini Anagnostou habe in der Nürnberger „Nudging“-Mensa durchweg positives Feedback gesammelt, wie sie erklärt: „Zum einen wurde mehr Obst verkauft, zum anderen haben sich viele Studierende sehr angeregt über nachhaltige Ernährung ausgetauscht.“
Belastbare Ergebnisse kann das Forschungsteam noch nicht liefern. Bis einschließlich diesen Mittwoch läuft die Testphase in den vier Mensen, in denen die Studierenden auch Fragebögen ausfüllen können: Was haben sie gegessen? Halten sie den Einsatz der Nudging-Methode für angemessen? Haben sie durch die visuellen Anreize eine andere Essenswahl getroffen?
André Müller, der die Gastronomie des Studierendenwerks Erlangen-Nürnberg leitet, steht hinter dem Projekt. „Ich bin besonders gespannt, wie die Ergebnisse in der Leberkäse-Heimat Oberbayern ausfallen werden“, sagt er. In den vergangenen Jahren habe sich das Angebot immer mehr in eine pflanzliche Richtung entwickelt. Momentan liege der Anteil an vegetarischen und veganen Speisen bei 40 bis 50 Prozent. Sobald die Fragebögen ausgewertet sind, möchten die Forschenden ihre Ergebnisse Studierendenwerken in ganz Deutschland zu Verfügung stellen.
In Augsburg hat sich die Universität vom „Veganen Mittwoch“ verabschiedet
An der Universität Augsburg hat das Studierendenwerk unlängst einen anderen Weg eingeschlagen: Hier wurde zum Start des Wintersemesters 2024/25 der „Vegane Mittwoch“ abgeschafft, der 2022 eingeführt worden war. Als Grund wurde eine zu geringe Nachfrage und eine höhere Menge an Essensabfällen angeführt. Die Abschaffung stieß bei vielen Studierenden auf Kritik.
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