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Sechs Allgäuer erzählen, weshalb sie gerne in der Pflege arbeiten

Helden des Alltags

Sechs Allgäuer erzählen, weshalb sie gerne in der Pflege arbeiten

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    allgaeu.life befragte Allgäuer, die in Pflegeberufen arbeiten, wie sie zu ihrem Job stehen.
    allgaeu.life befragte Allgäuer, die in Pflegeberufen arbeiten, wie sie zu ihrem Job stehen. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa, privat

    Jennifer Thiel wollte es genau wissen. Nach ihrem Realschulabschluss hat sie vier Praktika absolviert. In einem Kindergarten, bei einem Tierarzt, einem Floristen und in der Altenpflege. Wenn sie erzählt, wofür sie sich entschieden hat, können es die meisten kaum glauben: "Ich kann mir derzeit keinen schöneren Beruf vorstellen als in der Altenpflege.

    Ich werde gebraucht und die Arbeit macht mir Spaß", sagt die 21-Jährige, die mittlerweile examinierte Altenpflegerin und stellvertrende Pflegedienstleiterin im Seniorenzentrum Maximilian in Bad Wörishofen ist. Sie will auch andere ermutigen, sich in einem Pflegeberuf ausbilden zu lassen. Der Bedarf ist groß: "Bereits heute fehlen in allen Pflegeberufen Fachkräfte", heißt es in einer Mitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Altenpflege spielt dabei eine besondere Rolle: Da die Menschen immer älter werden, gilt sie als Wachstumsbranche. Doch viele junge Leute scheuen vor dem Beruf zurück. Für Jennifer Thiel ist das unverständlich. "Das Image der Altenpflege ist zu negativ. In Wahrheit ist der Beruf vielseitiger als man denkt."

    Wir haben sie an ihrem Arbeitsplatz besucht und dabei auch mit Heimleiterin Victoria Caler und Bewohnerin Margaretha Otten gesprochen. Hier seht ihr das Video:

    Manuel Stecher
    Manuel Stecher Foto: ms
    Christine Rietzler
    Christine Rietzler Foto: Foto Schmidt

    Weitere Stimmen aus anderen Orten:

    Manuel Stecher (34) aus Kaufbeuren:

    "Du weißt nach einem Arbeitstag halt, dass Du etwas geschafft hast", sagt Manuel. Der gebürtige Kaufbeurer arbeitet seit 10 Jahren als examinierter Krankenpfleger - zur Zeit in der neurologischen Abteilung des Kemptener Klinikums. "Du hast jemandem wirklich geholfen und nicht den ganzen Tag auf eine Exel-Tabelle gestarrt", erzählt er und lacht. "Wenn ein Patient mit dem Rollstuhl zu uns auf die Station kommt (in der 'Neuro' werden zum Beispiel Schlaganfall-Patienten behandelt) und sie laufend wieder verlässt - da geht Dir das Herz auf!" Oft ein Kritikpunkt in Pflegeberufen: Das Gehalt. "Da kann ich mich eigentlich nicht beklagen. Wenn Du einige Nachtschichten schiebst, bleibt eigentlich genug übrig. Dafür siehst Du halt aus, wie ein Zombie", sagt der Familienvater grinsend.

    Was ihn wirklich nervt: "Manchmal bist Du der Prellbock. Leid, Launen und Kritik (am Essen im Krankenhaus zum Beispiel) werden bei Dir abgeladen. Egal, ob das jetzt vom Arzt, von den Patienten selbst oder von Angehörigen kommt, Du bist der erste Ansprechpartner - und manchmal gefühlt der Depp vom Dienst. Das kann schon heftig sein", sagt der 34-Jährige. Sein Ausgleich? Sport!

    Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder steht Manuel jede freie Minuten (ja, selbst im Winter...) auf dem Surf- oder SUP-Brett und betreibt die Sport-Page StecherTwins. "Bei so einem Job ist es wichtig, dass Du richtig den Kopf frei bekommst. Das geht am besten an der frischen Luft!"

    Tanja Hörmann
    Tanja Hörmann Foto: Daniela Hörmann

    Christine Rietzler (59) aus Haldenwang:

    Mit ihrer Arbeit will Christine Menschen erreichen. „Viele glauben, bei Demenzkranken da geht nichts mehr. Aber das stimmt nicht", sagt sie. In Haldenwang hat Christine, seit 18 Jahren Leiterin der Tagespflege, deshalb extra einen Garten mit Rundwegen angelegt, mit Klangspielen und Kräutern.

    Wenn Patienten Petersilie riechen, passiere es, dass sie sich erinnern - was sie früher gekocht haben. "Und wenn sie sich erinnern, tut es Demenzkranken gut. Wenn sie merken, sie wissen doch noch etwas." Wegen solcher Momente, geht sie gerne zur Arbeit.

    Christine mag ihren Beruf, weil sie Freude weitergeben und Idealismus leben kann. Nur bleibe dafür im Alltag oft kaum Zeit. "Allein durch die Dokumentation", bemerkt sie. Denn Zeit, die sie mit Akten verbringt, fehlt ihr am Menschen. Ginge es nach ihr, würden am besten alle jungen Leute ein soziales Praktikum machen. "Zwar haben Praktikanten noch keine Fachausbildung – aber sie können da sein. Für die Menschen. Und vielleicht bleibt dann auch jemand.“

    Ihr Wunsch: Die Arbeit auf mehrere Schultern verteilen. Sprich den Pflegeschlüssel erhöhen. Denn dann bleibt mehr Zeit für die Arbeit mit den Menschen. „Damit wir mit dem guten Gefühl nach Hause gehen, dass wir uns Zeit nehmen konnten für sie.“

    Benjamin Akel
    Benjamin Akel Foto: ba

    Tanja Hörmann (31) aus Obergünzburg:

    Tanja hat mit 27 Jahren die Ausbildung zur Gesundheits- & Krankenpflegerin im Klinikum Kaufbeuren begonnen. Die Arbeit als technische Zeichnerin hat sie gelangweilt. Nach einem Praktikum im Kaufbeurer Bezirkskrankenhaus erkannte sie: „Das ist einfach meins.“

    Aktuell arbeitet sie im Klinikum Kaufbeuren in der Gynäkologie. „Ich bin bei den Babys. Das heißt: Kinder versorgen, aber auch Eltern. Wir reden viel. Weil wir die Mamas mit betreuen. Stillanleitungen geben und erklären, wie man ein Kind versorgt.“ Neben den Kindern betreut sie aber auch Frauen, die beispielsweise an Brustkrebs erkrankt sind. Reden und zuhören ist dabei besonders wichtig. Und wie steht sie zum Thema "Pflegenotstand"? "Oh doch, den gibt es überall. Das lässt sich nicht weg lügen“, sagt Tanja.

    Trotzdem: Den Beruf macht sie gerne. Weil jeder Tag neues bringt, sie Verantwortung trägt und den Menschen helfen kann. „Egal was sie haben: Ab dem Zeitpunkt, an dem sie zu mir kommen, kann ich helfen. Mit allem was ich tue.“ Der schönste Moment für sie sei dann, wenn Patienten gesund heimgehen und sich bedanken.

    Benjamin Akel (35) aus Obergünzburg: Der Pflegeberuf lässt Benjamin nicht los. Mit 18 hat er seine Ausbildung im Krankenhaus abgebrochen. „Wegen der schlimmen Zustände“, wie er sagt und erzählt, dass er 12-14 Tage durcharbeiten musste. Aber in der Pflege sieht er seine Berufung. "Das kann ich halt." Aber die Umstände seien oft schlimm. "Allein der Schichtdienst ist übel", sagt er.

    Mit 25 zog es ihn dann zurück – zur Altenpflege. Die Ausbildung machte er bei der Gemeinnützigen Gesellschaft für Soziale Dienste in Kaufbeuren. Doch dabei blieb es nicht. Er wurde Stationsleiter und aktuell studiert er: Gesundheits- und Sozialmanagement. Deshalb arbeitet er nun als Pfleger bei einem ambulanten Pflegedienst in Biessenhofen. Dort betreut er hauptsächlich Kinder. Wenn sie beispielsweise beatmet werden müssen. „Das ist eine eins zu eins Betreuung. Mit 12-Stunden- Schichten.“

    Was Benjamin stört ist, dass „viele uns als selbstverständlich sehen. Das Denken: Wenn es mir schlecht geht, dann ist schon jemand da. Aber viel Geld dafür zahlen will keiner." Deshalb will er eigentlich mit dem Studium raus aus der Pflege. Obwohl er die Arbeit vermissen würde, glaubt er.

    Der Grund warum Benjamin trotz allen negativen Seiten immer noch in der Pflege arbeitet: „Trotz aller Arbeit oder allem Stress, muss ich am Menschen ruhig bleiben, ganz im Moment sein, um mich auf den Patienten einlassen zu können.“ Und wenn die Menschen dann dankbar sind, dass jemand da ist, wenn sie auf Hilfe angewiesen sind. "Das tut mir gut."

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