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Suchthilfe: "Haus Pater Werenfried" in Bickenried eingeweiht

Hof der Hoffnung

Suchthilfe: "Haus Pater Werenfried" in Bickenried eingeweiht

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    Das neue Haus Pater Werenfried wurde in Bickenried bei Irsee eingeweiht.
    Das neue Haus Pater Werenfried wurde in Bickenried bei Irsee eingeweiht. Foto: Markus Frobenius

    Das Gut Bickenried zwischen Irsee und Kemnat liegt an der Hangkante eines Höhenzuges zum Staffelwald. Ein schöner Platz zum Erholen, dachten sich schon die Äbte des Klosters Irsee, und machten den Ort zu ihrem Sommersitz. Inzwischen ist in dem Irseer Ortsteil die Fazenda da Esperança untergebracht eine Einrichtung für ehemalige Suchtkranke. Am Samstag besuchten der Bischof von Augsburg, Konrad Zdarsa, und Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert den "Hof der Hoffnung". Sie waren dort, um das neue "Haus Pater Werenfried" einzuweihen, das die Bewohner der Fazenda mit Spenden und ehrenamtlicher Hilfe auf- und ausgebaut haben.

    Rund fünf Jahre dauerte der Ausbau und kostete etwa eine Million Euro, berichtet der Leiter der Fazenda, Luiz Fernando Braz. Im Erdgeschoss wurde ein Lager eingerichtet. Dort werden Bücher verpackt und von Bickenried aus für "Kirche in Not" in alle Welt verschickt. Im ersten Stock sind Zimmer für Bewohner und vorübergehende Gäste, im Dachgeschoss ist ein Aufenthaltsraum entstanden, erklärt Braz weiter. Finanziert wurde der Ausbau durch Spenden und einem Beitrag des Bistums Augsburg. Bei der Arbeit halfen Unternehmen und Ehrenamtliche, aber die Kärrnerarbeit leisteten die Bewohner selbst. Denn Arbeit ist eine der drei Säulen, auf denen die Rekuperation basiert, also die Vorbereitung der ehemaligen Suchtkranken auf ein selbstbestimmtes Leben.

    Und Arbeit haben die Bewohner von Anfang an gehabt. Sie bauten die zum Teil heruntergekommenen Gebäude aus und um: Mittlerweile ist das Hauptgebäude innen renoviert und hat eine Kapelle, der Stall ist als solcher für Esel, Gänse, Hühner, Schafe und Schweine eingerichtet, die von den Bewohnern betreut werden. Im gegenüberliegenden Gebäude sind das Hofcafé sowie weitere Gästewohnungen. Und nun wurde noch der ehemalige Stall im rückläufigen Hauptgebäude komplett umgebaut. Durch die Arbeit lernen die Bewohner, ihrem Tag wieder feste Strukturen zu geben.

    Dabei hilft auch das zweite Standbein der Einrichtung: die Gemeinschaft. Die ehemaligen Suchtkranken erleben, dass sie gemeinsam Dinge erledigen können, die sie alleine niemals auf die Beine gestellt hätten und lernen, Vertrauen zu haben und selbst wieder vertrauenswürdig zu sein. Dem leistet der dritte Punkt, auf den die Einrichtung fokussiert ist, Vorschub: Spiritualität. Sie soll mit christlichen Werten den Zusammenhalt und das Vertrauen vergrößern sowie Mut für die Zukunft geben. Dabei ist die Religion zwar als ethischer Fixpunkt gesetzt, aber das Christentum keineswegs Zwang: Seitdem die Einrichtung besteht, waren schon Hunderte von Bewohnern da, von denen einige nicht gläubig oder Moslems waren.

    Obendrein stammten und stammen die Menschen in Bickenried aus unterschiedlichsten Kulturen, sozialen Schichten und Nationen. Derzeit sind Deutsche, Brasilianer und ein Iraner dort. Obwohl der Hintergrund nicht unterschiedlicher sein könnte, haben alle etwas gemeinsam, nämlich ihre Sucht. "Die meisten sind Drogen- und Alkoholsüchtige", erzählt Braz. Aber auch Spielsüchtige waren schon in Bickenried. Und inzwischen kommen immer mehr Leute mit Depressionen, die dort eine Auszeit der etwas anderen Art nehmen.

    Vor neun Jahren schien das kaum vorstellbar: Damals wandten sich Irseer Bürger gegen die Fazenda, die schließlich erst nach einer Bürgerbefragung mit 52,15 Prozent Zustimmung eingerichtet wurde.

    Zu denen, die ihre Sucht erfolgreich überwunden haben, gehört auch Saman Talebian. Der Iraner ist nun stellvertretender Leiter der Einrichtung, der seit zwei Jahren Braz vorsteht. Der Brasilianer stieg übrigens nach seinem Studium zum Grafik-Designer freiwillig in die Dienste der Fazenda ein und freut sich nun auf weitere Jahre in der größeren Einrichtung.

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