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Survival-Tipps aus der Steinzeit

Kinderferienprogramm

Survival-Tipps aus der Steinzeit

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    Beim Ferienprogramm in Wertach lernen Kinder mehr über das Leben in der Steinzeit - Viel interessanter finden das aber die Väter!
    Beim Ferienprogramm in Wertach lernen Kinder mehr über das Leben in der Steinzeit - Viel interessanter finden das aber die Väter! Foto: Bettina Buhl

    Regel Nummer 1: Ein Fell hält alles auf

    Michael Schneider: „Aus Fell läuft fast nix raus, außer ein Hirsch.“ Der Wertacher Biologe mit dem Doktortitel kennt sich nicht nur in der Allgäuer Natur aus. Er leitet das Ferienprogramm. Er hat sich lange mit dem Thema Steinzeit befasst.

    Er stellt sich den Kindern sogar vor mit: „Hallo, ich bin der Ötzi. So hieß ich halt früher mal. Oder mein Urururururururgroßvater. Heute bin ich der Michael.“ Und er weiß, wie in der Steinzeit der Hase lief – oder der Mensch: Auf Fell als Schuhe, in Fell als Jacke, unterm Fell im Zelt, …

    Bundeswehrler Ulrich Kapfer: Der Nordrhein-Westfahle nickt. Er macht Urlaub im Allgäu, ist zufällig beim Ferienprogramm dabei. Und freut sich, dass er so viel dazulernen kann. Wenn man keine supermoderne Outdoorfunktionskleidung hat, ist Fell sicherlich eine gute Alternative, da kann er nur zustimmen.

    Sogar Biologe Michael Schneider hat mit dem Feuerstein seine Mühe, Funken zu schlagen.
    Sogar Biologe Michael Schneider hat mit dem Feuerstein seine Mühe, Funken zu schlagen. Foto: Bettina Buhl

    Die haarige Haut von Hirsch, Reh und Co.: Hält warm, Wasser perlt davon ab, man darf halt nicht zimperlich sein – und aufpassen, dass man von keiner Tierschutzorganisation verfolgt wird. Nur: Erst einmal muss der Überlebenskämpfer ein Tier erwischen.

    Regel Nummer 2: Faustkeil statt Leatherman

    Die hatten auch Köpfchen in der Steinzeit.Laura (8)

    Michael Schneider: „Ein Faustkeil ist das Universalwerkzeug der Steinzeit.“ Im Grunde nur ein Stein, aber der hat es in sich. Damit haben Ötzi und Konsorten sicherlich fast alles gemacht: Seile gekappt, Kräuter gehackt oder Fell abgezogen. Und woher kommt das Tier? Klar, erst erlegt mit Speer oder Pfeil und Bogen.

    Die Spitzen waren übrigens aus Knochen – geschärft mit einem Faustkeil. Schneider macht es vor: Mit dem Stein einfach schaben, schaben, schaben. Klar, Geduld und Ausdauer gehören dazu.

    Bundeswehrler Kapfer: Selbst er ist überrascht, was man mit einem Faustkeil alles machen kann. Schaben, schaben, schaben zum Knochenschärfen? Wenn man genügend Zeit hat, warum nicht? Heutzutage benutzen Soldaten Leatherman oder Universalmesser.

    Regel Nummer 3: Bohrer aus dem „Steinzeit-Hornbach“

    Michael Schneider: „Beim Steinzeit-Hornbach gab es auch Bohrmaschinen.“ Damit haben die meisten nicht gerechnet: Auch Ötzi hat gebohrt. Funktioniert sogar bei Steinplatten: Ein Quarzstein auf einem Holzstecken, eine aufgezwirbelte Kordel, ein kleines Brettchen und die richtige Technik. Der Biologe macht’s vor: Mit dem primitiven Drillbohrer kann man schnell und präzise Holz oder Stein durchlöchern.

    Übrigens: Wissenschaftler haben laut Schneider auch herausgefunden, dass sich mit den Steinäxten aus der Steinzeit innerhalb von Minuten ein Baum fällen lässt. „Sonst hätte es die Pfahlbauten am Bodensee wohl nie gegeben“, sagt Schneider.

    Bundeswehrler Kapfer: Dass der Steinbohrer wirklich so schnell arbeitet, hätte er nicht gedacht. Nach ein wenig Ausprobieren hat er den Dreh mit der richtigen Technik auch schnell raus. Der Steinaxt hätte der Survival-Experte nicht so viel zugetraut. Er schätzte, dass es mindestens eine halbe Stunde dauerte, bis ein Baumstamm mit dem Werkzeug durch ist.

    Regel Nummer 4: Eisen, Funken, Zunder bringen die Flammen

    Michael Schneider: „Wenn die Steinzeitmenschen mal ein Feuer anhatten, haben sie es gehütet wie ihren Augapfel.“ Kein Wunder, Feuermachen ist anstrengend, nervenaufreibend und man braucht viel Geschick. Schneider kennt gleich zwei Methoden, wie es klappen kann: Mit Feuerstein Funken schlagen oder mit Stöckchen und Reibung Glut erzeugen.

    Laura wollte es kaum glauben: Der Steinzeitbohrer macht auch Löcher in Steine.
    Laura wollte es kaum glauben: Der Steinzeitbohrer macht auch Löcher in Steine. Foto: Bettina Buhl

    Damit das Feuer aber richtig brennt, braucht man immer Zunder. Der ist das getrocknete Trama (die Mittelschicht) vom Zunderschwann, einer Pilzart, die vor allem an Buchen und Birken wächst. Laut Michael Schneider kann man aber auch die faserige Mittelschicht von anderen Baumschwämmen verwenden, die ist nur nicht so dick.

    Papa, du musst dich da schon mal anstrengen. Das raucht ja noch gar nicht.Laura (8)

    Der Biologe nutzt als Zunder übrigens getrocknete Samen von Rohrkolben, einer Sumpfpflanze, die auch im Allgäu wächst. Die dichten, wolligen Härchen, in denen die Samen stecken, bekommt man aber nur im Winter, wenn die Blüten verblüht sind.

    Und was hat das nun mit dem Pipi auf sich? „Zunder brennt besser, wenn er nitriert ist. Also chemisch behandelt ist“, sagt Schneider. Man könnte das heutzutage mit Salpeter aus der Apotheke machen. Aber eine Apotheke war in der Steinzeit schwer zu finden. „Ötzi hat sich damals wahrscheinlich mit Urin beholfen. Bakterien wandeln den Harnstoff um und das Ergebnis ist das Gleiche.“

    Bundeswehrler Kapfer: Das mit dem Pipi kennt die Bundeswehr natürlich. Funken schlagen die Soldaten normalerweise mit einem Magnesiumstab und einem Metallschaber. Noch besser als Zunder funktionieren laut Kapfer übrigens aufgefaserte Tampons.

    Aus Brennnesseln lassen sich stabile Seile drehen.
    Aus Brennnesseln lassen sich stabile Seile drehen. Foto: Bettina Buhl

    Die Stöckchen-Reibe-Methode samt Bogen hat der Soldat noch nie ausprobiert. „Ganz schön schweißtreibend“, sagt er. Tochter Laura zweifelt sogar, dass der Papa damit Feuer machen kann: „Das dauert ja ewig“, ruft die Achtjährige, nachdem sie etlichen Fehlversuchen ihres Vaters zugeschaut hat.

    Regel Nummer 5: Brennnesseln für den richtigen Halt

    Michael Schneider: „Aus Brennnesseln lassen sich richtig gute Seile machen.“ Erst einmal heißt es aber aufpassen: Brennnesseln können ordentlich weh tun. Hier behilft sich der Biologe ausnahmsweise mit Arbeitshandschuhen aus dem Baumarkt. Brennnessel ganz unten an der Wurzel packen, mit einem Rutsch von unten nach oben die Blätter abstreifen.

    Wenn man so mit dem Handschuh auch Nesselnadeln abbricht, sind die Brennnesseln ganz harmlos. Die Stiele dann vierteln, das weiße Mark herausbrechen und aus den Fasersträngen, die übrig bleiben, eine Kordel drehen. Damit lassen sich auch wunderbar Pfeilspitzen und Co. befestigen.

    Bundeswehrler Kapfer: Theoretisch davon gehört hat er schon, im Fernsehen hat er auch afrikanische Völker gesehen, die aus Gras dicke Taue und damit ganze Brücken gemacht haben. Und selber Brennnesselseile drehen? „Ist ziemlich langwierig“, so sein Urteil. Der Tochter gefällt’s. Der Papa wird wohl auch nach dem Urlaub fleißig Brennnesseln für die Kleine vierteln müssen. Sein Fazit über die Steinzeit-Tricks: „Viel gelernt. Da kann man sich schon noch was abschauen.“

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