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Tablets und Smartphones für Kinder: Ab wann?

Android und iOS in der Kita

Tablets und Smartphones für Kinder: Ab wann?

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    Ab wann sind Kinder alt genug, um mit Tablets und Smartphones zu spielen?
    Ab wann sind Kinder alt genug, um mit Tablets und Smartphones zu spielen? Foto: Michael Kappeler

    Zu acht sitzen die Kinder an dem niedrigen Holztisch, die Köpfe zusammengesteckt, als würden sie ein Geheimnis ausbrüten. Das ein oder andere Kind kniet auf seinem Stuhl oder sitzt sogar auf dem Tisch, um besser an das Ding heranzukommen, das da in der Mitte liegt: ein Tablet.

    Der vierjährige Maxi übt gerade Zahlen. In einer App zählt er Krabben. Die anderen wollen dem Jüngsten in der Runde helfen. Doch Maxi meistert die Aufgabe souverän. Als Nächstes ist eine App dran, die verschiedene Bilder vergrößert zeigt.

    „Ekelhaft!“, ruft die zehnjährige Rym, als eine dicke, schwarze Fliege den Bildschirm füllt. „Sieht cool aus“, findet dagegen der achtjährige Julian. Ironischerweise steht im Regal hinter den Kindern ein Mikroskop.

    Solche Szenen gehören im Haus für Kinder an der Robert-Heger-Straße in München zum Alltag. „Alle Kinder wollen damit spielen, es ist wie ein Magnet“, sagt Anneliese Leichtle, die Leiterin der Kita im Stadtteil Bogenhausen. Sie hat sich für das Projekt „Multimedialandschaften für Kinder“ beworben, weil sie Medienpädagogik in allen Bereichen wichtig findet. „Die Zeit soll hier nicht stehen bleiben, digitale Medien gehören einfach dazu.“

    Seit zwei Jahren stattet die Landeshauptstadt ihre Kindergärten und Horte projektweise für einige Wochen mit Tablets aus. Rund ein Viertel der 430 Münchner Kitas hat schon mitgemacht, jede fünfte Einrichtung besitzt schon eigene Geräte.

    Zweimal am Tag dürfen die Kleinen in der Regel an das Tablet, eine eigens dafür geschulte Erzieherin ist immer dabei. Sie sorgt dafür, dass jeder drankommt und behält auch die Sanduhr im Auge. Wenn sie nach 15 Minuten abläuft, ist Schluss.

    Die Geräte kennen die Kinder alle schon von zu Hause. Doch den verantwortungsvollen Umgang damit müssen viele noch lernen. „Es ist kein Mittel, um die Kinder ruhigzustellen. Das ist der größte Fehler, den man machen kann“, sagt Anneliese Leichtle. Klare Regeln seien in der Kita wie auch daheim bei den Eltern nötig.

    Die Apps werden altersgerecht ausgewählt, Zugang zum Internet haben die Tablets nicht. „Die Kinder spielen damit oft gemeinsam, so müssen sie kommunizieren. Auch Konzentration und Kreativität werden gefördert“, erklärt der Pädagoge Joe Hensel. Er betreut das vom Verein „Studio im Netz“ entwickelte Projekt im Auftrag der Stadt München.

    Dass viele das Thema kritisch sehen, ist ihm bewusst. „Man kann vieles daran negativ sehen. Wir versuchen aber bewusst, das Positive herauszukehren.“ So sehe er es nicht kritisch, wenn die Kinder ihre Umgebung ausblenden und komplett im Spiel versinken.

    Das sei normal, da die Apps die Sinne auf vielen Ebenen ansprächen und so die ganze Aufmerksamkeit des Kindes forderten. Dadurch werde das Gehirn trainiert. Die Arbeit mit den Tablets soll auch Problemlösefähigkeit und Sozialkompetenz fördern. Die wissenschaftliche Basis, das gibt Hensel zu, fehlt aber noch.

    Der Umgang mit digitalen Medien ist mittlerweile auch in der Ausbildung von Erziehern angekommen. An der Fachakademie für Sozialpädagogik Maria Stern in Augsburg lernen über 400 angehende Erzieher den praxisorientierten Umgang im Betreuungsalltag. Schulleiter Siegfried Fuchs mahnt aber, im Einsatz genau hinzuschauen.

    „Es dürfen keine anderen Dinge darunter leiden, etwa der Kontakt zur Umwelt oder die Bewegung. Die Kinder müssen sich auch noch in der realen Welt zurechtfinden.“ Dennoch findet Fuchs es gut, dass die Kinder den Umgang mit digitalen Medien lernen. Das beste Alter für den ersten Kontakt mit der digitalen Welt ist für den Augsburger Pädagogen drei Jahre. Jüngere Kinder kommen auch in den Münchner Kitas nicht mit Tablets in Berührung.

    Das Konzept taugt offenbar als Vorbild für andere Länder. Pädagogen aus Japan informieren sich an diesem Tag in der Kita an der Robert-Heger-Straße über Organisation und Arbeitsweise in deutschen Kitas. Die Arbeit mit dem Tablet hat es ihnen angetan. In Japan würden die Kinder nur zu Hause damit spielen, erzählen die Gäste.

    Dann zücken sie ihre Smartphones und Digitalkameras und knipsen drauflos. Die Kinder schauen nicht auf, als 20 Japaner sie vor die Linse nehmen. Sie sind vertieft in ihre digitale Spielzeugkiste.

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