Seit Beginn der Corona-Krise sind in Bayern Tausende Gerichtsverfahren verschoben worden. Das geht aus der Antwort des bayerischen Justizministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Allein an den Sozialgerichten im Freistaat konnten den Angaben zufolge geschätzte 2850 Verhandlungstermine nicht wie geplant stattfinden, im Zuständigkeitsbereich des Landesarbeitsgerichtes Nürnberg waren es weitere 2000.
Nur die nötigsten Verhandlungen durchführen
Gerichte waren angehalten, nur noch die nötigsten Verhandlungen durchzuführen, um die Infektionsgefahr im Gerichtssaal so gering wie möglich zu halten. Inzwischen hat das Justizministerium angekündigt, der Gerichtsbetrieb solle nach und nach wieder hochgefahren werden.
Wie viele Zivil-und Strafprozesse an ordentlichen Gerichten ausfielen, konnte das Justizministerium nicht beantworten. Auch zu Prozessen an weiteren Arbeitsgerichten oder an Finanzgerichten wurden in der Antwort auf die SPD-Anfrage keine Angaben gemacht.
Liegengebliebene Verfahren bearbeiten
"Auch wenn der Gerichtsbetrieb nun allmählich wieder anläuft, wird es sicher einige Zeit dauern, bis die Bugwelle an Verfahren, die wir jetzt vor uns herschieben, abgearbeitet ist", sagte die Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins, Andrea Titz. "Die Verfahren, die in den letzten Wochen liegengeblieben sind, müssen zusätzlich zu den kontinuierlich neu eingehenden Verfahren bearbeitet und vor allem verhandelt werden. Weder Sitzungssäle noch Sitzungstage sind aber beliebig zu vervielfältigen; auch wenn also irgendwann wieder Normalbetrieb herrscht, werden wir Zeit brauchen, um wieder auf den Stand vor der Corona-Pandemie zurückzukehren."
SPD-Fraktionschef Horst Arnold mahnte eine maßvolle Rückkehr zum Normalbetrieb an: "Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger gilt es, allzu lange Verzögerungen oder gar einen Urteilsstau zu verhindern", sagte er laut Mitteilung. "Nehmen wir das Beispiel der Sozialgerichtsverfahren: Hier geht es oft um Streitigkeiten zu Fragen der Kranken-, Renten- oder Unfallversicherung oder auch um Kinder-, Arbeitslosen- oder Blindengeldangelegenheiten." Psychisch wie finanziell sei es für die Betroffenen wichtig, dass sie eine gewisse zeitliche Verlässlichkeit haben, was die Entscheidungen betrifft.
Gerichte bereits vor Krise hoch belastet
Die Gerichte in Bayern waren schon vor der Corona-Krise hoch belastet, vor allem, weil nach wie vor ein Mangel an Richtern und Staatsanwälten herrscht. Vor allem die Sozialgerichte ächzten vor Ausbruch der Epidemie nach einer Änderung des Krankenversicherungsrechtes ohnehin schon unter einer Klageflut.
Videotechnik kommt zum Einsatz
Um Zivilverfahren schneller abarbeiten zu können, wollen die Gerichte verstärkt auf Videotechnik in Verhandlungen setzen. Derzeit können nach Angaben des Justizministeriums 50 Videokonferenzanlagen von 53 Gerichten genutzt werden, 8 weitere wurden bestellt. Im Strafrecht ist der Einsatz von Videotechnik allerdings kaum möglich.