Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Unsere 10 goldenen Regeln für Allgäuer Maibaumdiebe

Nach Kabale in Dösingen

Unsere 10 goldenen Regeln für Allgäuer Maibaumdiebe

    • |
    • |
    Hurra, der Stamm ist wieder da - jetzt kann der Burschenverein Dösingen fristgerecht am Dienstag seinen Maibaum am Dorfplatz aufrichten.
    Hurra, der Stamm ist wieder da - jetzt kann der Burschenverein Dösingen fristgerecht am Dienstag seinen Maibaum am Dorfplatz aufrichten. Foto: Burschenverein Dösingen

    Dunkelheit umhüllte den stolzen Stamm mitten im Forst. Geschlagen von Rechtlern, 25 Meter in der Länge, entrindet, aufgebockt. Die Diebe rückten mit schwerem Gerät an. Der künftige Maibaum des dortigen Burschenvereins war fortan in den Händen junger Männer und Frauen aus Kreisen der Frankenrieder Feuerwehr.

    Goldene Regeln für Maibaumdiebe

    1. Nur heimlich darf gestohlen werden - je raffinierter, desto besser.

    2. Frevelhaft ist es, den Baum zu zersägen oder zu beschädigen.

    3. Werden die Räuber innerhalb der Gemeindegrenze beim Abtransport überrascht, müssen sie ihre Beute (kampflos) zurückgeben.

    4. Aufgestellte Bäume dürfen nicht mehr gestohlen werden.

    5. Nur der Baum und nicht die Tafeln oder Kränze sind Diebesgut.

    6. Nach Versöhnung und Auslösung ist wieder Friede.

    7. Das Brauchtum des Maibaum-Stehlens soll so gehandhabt werden, dass Juristen unnötig sind.

    8. Gruppen aus dem eigenen Dorf dürfen nur fremde Maibäume stehlen.

    9. Der eigene Maibaum, auch eines anderen örtlichen Vereins, ist tabu.

    10. Der Baum darf erst gestohlen werden, wenn er in dem Ort aufbewahrt wird, an dem er aufgestellt wird.

    Besonders dramatisch: Für die Dösinger stand eine Premiere auf dem Spiel, da der Burschenverein die Tradition nach maibaumlosen Jahren im Dorf erst übernommen hat. Beim Aufstellen des Stammes am morgigen Dienstag kommt zudem erstmals eine hydraulische Vorrichtung zum Einsatz. Eine Attraktion, die mit dem Streich der Frankenrieder kurzzeitig zumindest in der Sternen stand. Man stelle sich vor: Viel technischer Fortschritt, aber kein traditioneller Stamm - peinlich, peinlich.

    Ein 50-Liter-Fass Bier, 30 Steaks

    Nun, so viel vorweg: Es ist alles gutgegangen. "Die haben sehr nett reagiert", sagte Helmut Höbel, der für die Frankenrieder die Auslösegespräche führte. Ein bisschen wurde freilich gefeilscht. Das Ergebnis: ein 50-Liter-Fass Bier, 30 Steaks. Dafür gab’s am Wochenende den Stamm zurück, rechtzeitig vor der Maifeier am Dienstag, wenn der Fuß des dann geschmückten Baumes in das Scharnier der hydraulische Vorrichtung geklemmt und der Stamm ohne Kran und Muskelkraft wie die Ladefläche eine Lastwagens aufgerichtet wird.

    Ein Baum wird erst zum Maibaum, wenn er am Ortsschild vorbei transportiert wird, somit darf er erst dann geklaut werden.Kosta Stogiannis vom Burschenverein Dösingen

    Doch bei aller Harmonie stellten sich für die Dösinger angesichts der geheimen Aktion im Wald kritische Fragen. "Ein Baum wird erst zum Maibaum, wenn er am Ortsschild vorbei transportiert wird, somit darf er erst dann geklaut werden", schlussfolgerte Kosta Stogiannis vom Burschenverein mit Verweis auf "allgemein anerkannte" Regeln für das Maibaum-Klauen. "Es muss sich nur offensichtlich erkennbar um einen Maibaum handeln", stellte dagegen Helmut Höbel die für Frankenried gültigen Kriterien klar. Er habe sich bei Fachleuten kundig gemacht.

    Es muss sich nur offensichtlich erkennbar um einen Maibaum handeln.Helmut Höbel von der Frankenrieder Feuerwehr

    Die Verhandlungen waren die Folge, aus einem prallen Forderungspaket mit 50-Liter-Fass und Spanferkel wurde besagtes Päckchen mit 50 Litern Bier und 30 Steaks. "Da wir aber nicht sicher sind, ob sich hinter der Heldentat, einen unbewachten Baum gegen die Regel aus dem Wald zu klauen, gestandene Mannsbilder oder Kinder verbergen, haben wir ein besonderes Bier abfüllen lassen", sagte Stogiannis unserer Zeitung, ohne das Geheimnis zu verraten. Man kann sich also vorstellen, was die Frankenrieder bei ihrer Feier morgen zapfen werden. Das Etikett weist zwar normales Hefeweizen aus. Die Diebe können laut Stogiannis aber so viel trinken wie sie wollen, ein (be)rauschendes Fest werde daraus nicht.

    Da wir aber nicht sicher sind, ob sich hinter der Heldentat, einen unbewachten Baum gegen die Regel aus dem Wald zu klauen, gestandene Mannsbilder oder Kinder verbergen, haben wir ein besonderes Bier abfüllen lassen.Kosta Stogiannis

    Gleichzeitig können die Dösinger am Dienstag um 11 Uhr am Dorfplatz ihren Baum nun doch mit technischer Hilfe aufrichten. Dass nicht mehr wie früher am alten Maibaumplatz, sondern beim Stadel gefeiert wird, ist eine weitere Premiere. Mit dem hydraulisch selbst aufstellenden Maibaumständer und an diesem Ort eröffnen sich für das Dorf weitere Perspektiven, ist Stogiannis überzeugt. Im Winter könne dort mithilfe der Hydraulik auch ein Christbaum, "ein richtig großer", stehen. Dies wäre eine passende Kulisse für einen Weihnachtsmarkt, wie es ihn früher in Dösingen gegeben habe. Und einen Christbaum, den werde man sich auf keinen Fall klauen lassen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden