Ob Heilpflanze, Schmetterling oder Eidechse: Viele Arten des Jahres 2020 sind in Bayerns Mooren, auf den Bergen oder in den Städten des Freistaats zu Hause. Und sie haben vor allem eines gemeinsam: Ihr Lebensraum schwindet.
Der Brombeer-Zipfelfalter
Seinen Namen verdankt der Schmetterling des Jahres seinen Fortsätzen am Hinterflügel - obwohl die beim Brombeer-Zipfelfalter nur wenig ausgeprägt sind. Deutlich auffälliger ist die metallisch-smaragdgrüne Farbe der Flügel, die ihn auf Pflanzen schwer erkennbar, im Flug aber deutlich sichtbar macht. Auch die Puppen des Brombeer-Zipfelfalters können auf sich aufmerksam machen: Sie geben bei Gefahr zirpende Geräusche ab, um sich zu verteidigen.
Während der Brombeer-Zipfelfalter in anderen Ländern schon auf der Roten Liste der gefährdeten Arten steht, wird er in Bayern derzeit auf der Vorwarnstufe geführt. Doch auch im Freistaat gehen die Bestände nach Angaben des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) in Bayern zurück. Die Ursachen dafür sind nicht eindeutig geklärt. Im Landkreis Coburg zeigte eine Untersuchung, dass sich die Tiere in höhere Lagen begeben. Es könnte sich dabei um eine Reaktion auf den Klimawandel handeln.
Der Brüstling
Auch Rasen kann vom Aussterben bedroht sein. Der Borstgrasrasen, auch Bürstling genannt, kommt in Bayern vor allem in mittleren und höheren Lagen der Mittelgebirge vor, zum Beispiel im Bayerischen Wald oder im Fichtelgebirge. Gründe für den Rückgang bei der Pflanzengesellschaft des Jahres sind Aufforstungen und die Aufgabe ertragsarmer Weideflächen, auf denen wieder Wälder wachsen.
Der Bürstling ist aber für mehrere bedrohte Pflanzenarten von Bedeutung, etwa für Arnika, Bärwurz oder Katzenpfötchen. Der LBV besitzt deshalb unter anderem im Fichtelgebirge Flächen mit Borstgrasrasen, die in ein Beweidungskonzept eingebunden sind.
Der Fieberklee
Die Blume des Jahres 2020 hat einen irreführenden Namen: Es handelt sich weder um Klee, noch hilft die Pflanze gegen Fieber - obwohl ihr diese Wirkung einst zugeschrieben wurde. Allerdings beruhigt der Fieberklee den Magen und fällt vor allem von Ende April bis Ende Juni mit rosafarbenen Blütenblättern auf.
In Bayern findet man den Fieberklee in Sümpfen und Mooren vom Flachland bis ins Allgäu. Durch den Klimawandel ist die Moorpflanze gefährdet. Sinkende Wasserstände und Trockenheit machen ihr zu schaffen. Dazu kommt die Zerstörung von Mooren durch den Abbau von der Torf, der zum Beispiel in Gartenerden verwendet wird.
Die Nase
Seinen Namen verdankt der Fisch des Jahres seinem Maul, das nach unten gerichtet ist. Damit kann die Nase Algen von Steinen abweiden. Früher haben die Fische auch in Bayern zu Hunderten gleichzeitig abgelaicht, heute sind sie stark gefährdet.
Das liegt vor allem daran, dass ihnen Kraftwerke und Wehre in Flüssen die Wanderung erschweren. Ohne solche Hindernisse legt die Nase normalerweise Strecken bis zu 300 Kilometer zurück. Einige wenige Exemplare sind noch im Schwarzen Regen zu finden, der durch Niederbayern und die Oberpfalz fließt. Dort haben sich Natürschützer des LBV Fischrechte gesichert.
Sie Speer-Azurjungfer
Die Libelle des Jahres fristet als solche nur ein kurzes Dasein: Gerade mal knapp vier Wochen lebt die Speer-Azurjungfer als ausgewachsenes Tier. Ihre Entwicklung als Larve an Moorgewässern dauert dagegen ein bis zwei Jahre. Charakteristisch und namensgebend ist für sie das Muster auf dem Hinterleib.
In Bayern wurde die Speer-Azurjungfer zuletzt an rund 1800 Gewässern nachgewiesen, die Libelle wird aber als gefährdete Art auf der Roten Liste geführt. Der LBV drängt deshalb auf die Renaturierung von Teichen und den Schutz von Moorlandschaften.
Die Turteltaube
Für seine Liebkosungen ist der Vogel des Jahres bekannt. Das hält Menschen in einigen Ländern aber nicht davon ab, ihn zu bejagen. Der Turteltauben-Bestand ist in den vergangenen Jahrzehnten um etwa 90 Prozent gesunken, der Vogel steht inzwischen als stark gefährdete Art auf der Roten Liste. Eine tödliche sind für die Tiere auch Samen, die chemisch gegen Schädlinge behandelt wurden. Zudem verliert der Vogel Auwälder und Feldgehölze als Lebensraum.
Damit sich die Turteltaube in Bayern wieder weiter verbreiten kann, entwickelt der LBV mit der Landesanstalt für Garten- und Weinbau eine Saatgutmischung. Diese könnte den Vögeln auch an landwirtschaftlich genutzten Flächen Nahrung bieten.
Die Wegwarte
Gemüse des Jahres 2005, Blume des Jahres 2009, jetzt Heilpflanze des Jahres: Die Wegwarte steht nicht zum ersten Mal im Zentrum des Interesses, obwohl sie in Deutschland nicht gefährdet ist. Ihre Wurzel ist als Tee und Tinktur bei Verdauungsproblemen beliebt, die Blätter sollen Hautprobleme lindern. Im Mittelalter war sie deshalb auch als "Zauberkraut" bekannt.
Doch auch wenn die Situation der Wegwarte nicht so dramatisch ist, wird sie vom Menschen immer weiter zurückgedrängt. Durch häufiges Mulchen und Mähen verschwindet die Wegwarte zunehmend auch in Bayern aus Städten und vom Wegesrand. Unkrautflure können ihr dabei helfen, Lebensraum zurückzuerobern.
Die Zauneidechse
Das Reptil des Jahres hat einen schweren Start ins Leben: Wenn die Jungtiere schlüpfen, müssen sie aufpassen, dass sie nicht von ihren Eltern gefressen werden. Auch später muss sich die Zauneidechse in Acht nehmen. Werden die Tiere von Fressfeinden geschnappt, bricht ihr Schwanz ab, um den Jäger zu irritieren. Entkommt die Eidechse, wächst der Schwanz später wieder nach.
Die Zauneidechse ist zwar in Bayern keine gefährdete Art, doch der Mensch nimmt ihr immer mehr Lebensraum - durch Bereinigungen von Grundstücken und durch Hauskatzen, die nach Angaben des LBV immer wieder Zauneidechsen fressen. Hecken, Steinwälle und offene Gräben können den ortstreuen Reptilien dagegen Rückzugsorte bieten.