Mit dem op. 35 von Piotr Tschaikowsky hatte sich der Geiger David Garrett eines der schwierigsten und technisch anspruchsvollsten Violinkonzerte überhaupt vorgenommen. Gemeinsam mit dem Sinfonieorchester Basel unter Leitung des Amerikaners Dennis Russell Davies meisterte er es in der Klassikbox in Kempten jedoch souverän und mit einer beeindruckend Leichtigkeit und bewies wieder einmal, dass er zu den besten Geigenvirtuosen seiner Generation gehört.
Die in einen klassischen Konzertsaal verwandelte Big Box Allgäu war mit 1600 Besuchern ausverkauft. Die Zuhörer erlebten unverstärkten Hörgenuss von besonderer Qualität. Vor dem Auftritt des 36-jährigen Star-Geigers war Tschaikowskys 4. Symphonie aus dem Jahr 1877 zu hören. Dennis Russell Davies gelang es, die emotionale Kraft und Überspanntheit des Werkes mit großer Farbigkeit zu vermitteln. Leichte und leise Passagen führte er überzeugend ins Dramatische über.

Das Orchester transportierte in einer atemberaubenden Einheit und Präzision den tief empfundenen inneren Aufruhr der Musik und spielte mit viel Sinn für die aufgeladenen, spannungsreichen Harmonien des Werks. Das Publikum zerklatschte zwar nach jedem Satz die Spannung, die Musiker blieben aber äußerst konzentriert und legten im dritten Satz ein wunderbares Pizzicato der Streicher hin, das vital und energievoll durch das Orchester wanderte.
Diese Präzision und Einheit behielt das Orchester auch mit David Garrett bei. Im Violinkonzert fanden beide zu einem dynamischen und flexiblen Dialog. Mit teils gespannter Stille verfolgt das Publikum, wie technisch brillant Garrett sein Instrument beherrscht und welche Nuancen er aus seinem Klangkörper herausholt. Sein Zugriff war bei aller schmerzhafter Sehnsucht und feiner Lyrik mancher Passagen nicht sentimental. Er erlaubte sich stellenweise einen zupackenden, rauen Ansatz und scheute nicht vor hohem Tempo zurück.
Garrett legte den Akzent ganz auf das Virtuose und nahm den Zuhörer nicht mit in die emotionale Erzählung der Musik hinein. Dafür erstaunte das Tänzerische und die Mühelosigkeit, mit der er kraftraubende Läufe, Doppelgriffe und extrem hohe Lagen bewältigte. Das Publikum war begeistert und erfreute sich nach vielen Bravos und Trampeln an virtuosen Zugaben mit Stücken von Paganini und Michael Jackson.