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Vorwurf der Tierquälerei: Facebook-Post sorgt für großen Wirbel im Allgäu

Polizei ermittelt doppelt

Vorwurf der Tierquälerei: Facebook-Post sorgt für großen Wirbel im Allgäu

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    Ein Facebook-Post über eine mutmaßliche Tierquälerei wurde von Hunderten von Allgäuern geteilt. Die Polizei ermittelt nun sowohl gegen den Post-Verfasser als auch gegen einen Hundebesitzer. Die Beamten warnen in einem eigenen Post davor, Anschuldigungen auf Facebook zu verbreiten oder solche Meldungen zu teilen.
    Ein Facebook-Post über eine mutmaßliche Tierquälerei wurde von Hunderten von Allgäuern geteilt. Die Polizei ermittelt nun sowohl gegen den Post-Verfasser als auch gegen einen Hundebesitzer. Die Beamten warnen in einem eigenen Post davor, Anschuldigungen auf Facebook zu verbreiten oder solche Meldungen zu teilen. Foto: Ralf Lienert (Archiv), Sceenshot

    Ich wusste mir nicht mehr zu helfen. Deshalb hab ich mich ans Laptop gesetzt.Mert B.

    Es war die Sorge um einen Welpen, die den Kemptener Mert B. (33, Name geändert) zu einem folgenschweren Facebook-Post trieb. "Ich wusste mir nicht mehr zu helfen. Ich bin mir sicher, dass ein Hundebesitzer seine Hunde quält. Das haben mir Zeugen bestätigt. Doch bei den Behörden fühlte sich niemand zuständig. Deshalb hab ich mich ans Laptop gesetzt." B. nannte die Adresse eines Mehrparteien-Hauses im Allgäu und schrieb, dass darin Hunde "mit einem Stock geschlagen, misshandelt und Welpen erstickt werden". Dazu postete er ein Foto von einem toten Welpen. Zugleich suchte er nach weiteren Zeugen.

    In Windeseile verbreitete sich der Post. Viele Nutzer schrieben besorgte bis hitzige Kommentare darunter. Schon bald meldete sich die Polizei bei B. Die Lawine, die der Tierfreund losgetreten hatte, rückte ihn nun selbst ins Visier der Ermittler. Grund: die Adress-Nennung - verbunden mit den heftigen Anschuldigungen. "Das war wie ein öffentlicher Pranger. Gerade wenn es um Tiere geht, nimmt so etwas eine unfassbare Dynamik auf. Bei manchen ist da gleich der Selbstjustiz-Gedanke dabei", sagt ein Polizeisprecher.

    Der Name des Hundebesitzers wurde im Post nicht genannt. Doch durch die Adress-Nennung könne er identifiziert werden. Auch das "unreflektierte Teilen", kritiseren die Beamten. Nachdem sie Kontakt zu Mert B. aufnahmen, löschte er den Post. Ermittelt wird nun, ob er Straftatbestände wie üble Nachrede, Verleumdung oder Vorttäuschen einer Straftat erfüllte.

    Dass die Polizei klare Kante zeigt, bewies sie mit einem eigenen Post zum Thema. Die warnende Überschrift lautete: "Fake News?!" Gleichzeitig gab sie auf User-Frage bekannt, dass sie auch gegen den Hundehalter ermittelt. Für Mert B. ist zumindest das tröstlich. "Ich hoffe, das jetzt endlich was passiert. Als ich vorher bei der Polizei war, hatte ich nicht das Gefühl, dass mich mit meinen Sorgen jemand ernst nimmt."

    Hundewelpen, wie auf unserem Symbolfoto, wecken Emotionen. Auch davon handelt der Fall in Kempten.
    Hundewelpen, wie auf unserem Symbolfoto, wecken Emotionen. Auch davon handelt der Fall in Kempten. Foto: Daniel Karmann (dpa) Archiv-Foto.

    Doch wie kommt er überhaupt zu den Anschuldigungen? Hintergrund ist ein seit Wochen schwelender Streit zwischen ihm und einem Hundebesitzer. Kennengelernt hatten sie sich über eine Kontaktanzeige im Internet, schildert Mert B. Der Hundebesitzer suchte eine Urlaubsbetreuung für seinen Vierbeiner. Anfangs klappte alles gut.

    Die Probleme begannen, als der Besitzer seine Hündin decken lassen wollte. Mert B. fand den passenden Rüden und übernahm die Deckungskosten, wie er erzählt. Der Hundebesitzer sicherte ihm im Gegenzug einen Welpen zu. Doch so weit kam es nicht.

    Einer der Welpen erstickte nach nur wenigen Wochen unter ungeklärten Umständen. Einer Autopsie, so erzählt es B., habe der Hundebesitzer nicht zugestimmt. Den anderen Welpen wollte er Mert B. nach längerem Hin und Her nicht aushändigen.

    Es kam zum Streit der Männer auf offener Straße. In dessen Verlauf soll der Hundebesitzer in Anwesenheit von B.s Mutter gerufen haben: "Bevor der ihn kriegt, schneide ich ihm (dem Welpen, Anm. d. Redaktion) den Kopf ab."

    Der Nachbar, ein Tierquäler?

    Über eine weitere Person nahm B. Kontakt zu Nachbarn des Hundebesitzers auf. Zwei davon erheben im Gespräch mit allgaeu.life weitere Vorwürfe. "Einmal hat er einen Welpen aus der offenen Terassentür auf eine Betonplatte im Garten geschleudert." Ein anderes Mal soll er ihren Beobachtungen zufolge mit einem Stiel durch die Öffnung einer Hundehütte geschlagen haben, in der sich ein Hund und ein Welpe befand. "Das Hundejaulen hat man danach durchs geschlossene Fenster gehört", sagen die beiden Nachbarn. Diese Aussage wollen sie gegenüber der Polizei bekräftigen.

    Ob der Hundebesitzer tatsächlich bestraft wird, wird sich zeigen.

    Auf der Facebook-Seite "Polizei Schwaben Süd/West" heißt es zu dem Fall:

    "Die Kollegen ermitteln! Dazu gehören Befragungen von (mögl.) Zeugen, Rücksprache mit Ämtern (z.B. Veterinäramt) und anderen möglicherweise tangierten Stellen (Tierarzt), ggf. Sicherung von Spuren und zahlreiche weitere Tätigkeiten, um ein differenziertes Bild vom Sachverhalt zu erhalten. Was die Polizei nicht macht ist, vorschnell ein "Urteil" in welche Richtung auch immer zu fällen, denn das ist letzten Endes Aufgabe der Justiz!"

    Das sieht auch B. so: "Der Post war ein Fehler. Ich wollte keinen Menschen schaden oder Rache üben. Mir ging es ausschließlich um den Schutz der Tiere. Ich hoffe, dass die Polizei genug Beweise findet und die Hunde in Sicherheit kommen."

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