Die meisten kennen Unterricht so: Schüler sitzen an Tischreihen, vorne steht ein Lehrer an der Tafel und erklärt den Lernstoff. Was in so manchem Klassenzimmer noch immer Realität ist, gilt unter Fachleuten seit Langem als überholt: Unterricht sollte offener gestaltet sein, Schüler ihren Stoff selbst erarbeiten und dazu vor allem in Gruppen oder mit Partnern lernen. Das sagt Benedikt Mayer, Leiter des Kemptener Referats Jugend, Schule und Soziales. Das Problem: Die alte Klassenzimmer-Ausstattung in den meisten Schulen erschwert genau das. Jetzt soll sich das ändern.
An den Kemptener Schulen am Lindenberg und Haubenschloß sowie an der Blaichacher Mittelschule werden derzeit Pläne erarbeitet, wie Räume und ihre Ausstattung die neuen Formen des Unterrichts unterstützen können.
Mehr auf den einzelnen Schüler eingehen
Grundlage der neuen Lernkultur ist laut Mayer die Erkenntnis, dass homogene Lerngruppen - also Klassen mit gleichstarken Schülern - nicht möglich sind. Der bisher übliche Frontalunterricht, in dem eine Klasse als Einheit unterrichtet wird, ging aber genau davon aus. Jetzt soll mehr auf den einzelnen Schüler eingegangen werden, sagt Mayer. In Möbeln und Raumausstattung soll sich das widerspiegeln.
In beiden Kommunen begleitet das Karin Doberer, Geschäftsführerin der Firma Lernlandschaft. In Blaichach hat sie auf Einladung des Schulzweckverbandes Lehrern, Eltern und Gemeinderäten ihr Konzept vorgestellt.
Klassenzimmer als gemeinsamer "Marktplatz"
Das Problem: Schulgebäude und Klassenzimmer sollen laut Doberer dem neuen Unterrichtsstil angepasst werden. Der Raum sollte mehr in den Fokus rücken. Doberer nennt ihn den "dritten Pädagogen".
Die Idee: Doberer schlägt vor, Klassenzimmer zu öffnen und für mehreren Klassen einen gemeinsamen "Marktplatz" zu gestalten. In ihm sollen sich die Kinder frei bewegen können, Lerninhalte selbst erarbeiten, es soll Rückzugsmöglichkeiten für Schüler und Lehrer geben. Wie genau so eine Lernlandschaft aussieht, sollen Pädagogen und Architekten "gemeinsam auf Augenhöhe erarbeiten". Grundlage eines solchen Konzepts sei ein sogenanntes Raumfunktionsbuch. Darin formuliert die Schule zunächst ihre pädagogischen Anforderungen.
Die Beispiele: Doberer zeigt Bilder von Schulen, die das schon verwirklicht haben: Da kann man vom Klassenzimmer durch große Fenster auf den "Marktplatz" schauen. Schüler liegen beim Schreiben oder schieben dreieckige Tische je nach Bedarf für eine neue Lerngruppe zusammen.
Ausblick: Die Kemptener und Blaichacher Schulen sind derzeit in der Planungsphase. Die ist laut Mayer so wenig fortgeschritten, dass eine Kostenschätzung "noch in den Sternen steht".