Mittwoch, 8. April, 10.45 Uhr. Wer in dieser Minute wissen möchte, wie viele Corona-Erkrankte es in Deutschland gibt, hat die Qual der Wahl:
- 103.228 Fälle meldet das Robert Koch-Institut
- 107.663 Fälle melden die Johns Hopkins University und die ebenfalls bekannte Infoseite ncoV19.live.
Ähnlich deutlich unterscheiden sich auf den Seiten die Zahlen der weltweit Erkrankten, der Todesopfer und der Genesenen.
Aber woran liegt das?
Das Robert Koch-Institut erklärt die Differenzen mit der Art und Weise, wie die Daten erhoben, und wann sie veröffentlicht werden. Demnach werden die Daten der Covid-19-Erkrankten und -Verdachtsfälle von den Gesundheitsämtern über die Ärzte und Klinken erfasst. Spätestens am nächsten Tag werden die Daten von den Gesundheitsämtern an die Landesbehörden und von dort ans RKI übermittelt. Einmal täglich, nämlich um Mitternacht, aktualisiert das RKI dann seinen Datenbestand, den es anschließend veröffentlicht.
Wie entsteht der Zeitverzug?
"Durch die Dateneingabe und Datenübermittlung vom Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Falls bis zur Veröffentlichung durch das RKI“, so das Institut. Und warnt bereits vor einem weiteren Effekt, der die Zahlen spätestens am Dienstag verzerren könnte: So seien am vergangenen Wochenende nicht aus allen Ämtern Daten übermittelt worden. Diese würden erst am Montag nachübermittelt und am Dienstag veröffentlicht, "sodass der hier berichtete Anstieg der Fallzahlen nicht dem tatsächlichen Anstieg der Fallzahlen entspricht."
Worauf muss man bei den Zahlen noch achten?
Es kommt vor, dass die von den Gesundheitsämtern gemeldeten Daten erst Tage später in der RKI-Statistik auftauchen. Diese Zahlen werden auch mehreren Tagen in der Vergangenheit hinzugeordnet. So kann es wie am Dienstag, 7. April, vorkommen, dass das RKI auf einen Schlag 3834 Neuinfektionen vermeldet, was eigentlich einen überraschenden Anstieg der Fallzahlen bedeuten würde. Doch diese Neuinfektionen verteilen sich auf mehrere Tage in der Vergangenheit und kamen nicht innerhalb von 24 Stunden hinzu. Nachdem RKI-Präsident Lothar Wieler die Zahl 3834 am Dienstag bekanntgab, berichteten mehrere Medien, dass die Neuinfektionen in Deutschland wieder stärker ansteigen. Doch das war falsch.
Wo findet man die nachgetragen Daten?
Das RKI veröffentlicht täglich um Mitternacht die bundesweiten Daten auf seinem Covid-19-Dashboard unter dem Reiter „Fälle kumuliert“ finden Internet-Nutzer die nachgetragenen Fallzahlen in einer Kurve. Diese zeigt, wie sich die gemeldeten Fallzahlen entwickelt haben. Diese Kurve gibt es nicht nur für Deutschland, sondern auch für alle Bundesländer und Landkreise.
Das deutsche RKI aktualisiert also nur einmal am Tag seine Zahlen - und hängt durch die Meldekette der Ämter und Behörden immer ein wenig der tatsächlichen Entwicklung hinterher.
Gibt es aktuellere Zahlen?
Ständig aktualisieren die Johns Hopkins University und ncoV19.live ihre Seiten. Sie sammeln dazu Daten aus etlichen öffentlichen Quellen, darunter die Weltgesundheitsorganisation WHO, nationale Behörden, und sogar lokale Medienberichte.
Warum wird die Zahl der Genesenen nur geschätzt und wo finde ich die Daten?
Wie schwierig es ist, die tatsächlichen Zahlen zu erfassen und darzustellen, zeigt sich auch in anderen Fällen. So wurde die Zahl der zwischenzeitlich Genesenen erst Ende März vom Robert-Koch-Institut veröffentlicht. Das allerdings hat auch einen Grund: Es gibt in Deutschland keine Meldepflicht für an Covid-19 Genesene. Das heißt, man kann nur schätzen, dass eine bestimmte Zahl der Erkrankten nach einer gewissen Zeit, in der sie nicht gestorben oder noch massiver erkrankt sind, wieder gesundet sind. Das Robert-Koch-Institut führt in seinem täglichen Situationsbericht die geschätzte Zahl der Genesenen auf. Diese Zahl ist auch für Deutschland und für die Bundesländer auf dem Covid-19-Dashboard des Instituts zu finden. Weitere Daten unter anderem für Österreich, die Schweiz, Italien und Frankreich gibt es auf der Nationalen Plattform für geografische Daten Corona Hub 2020.