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Warum tausende Geschäfte in Bayern trotz des Konjunkturpakets vor der Schließung stehen

Corona-Flaute im Einzelhandel

Warum tausende Geschäfte in Bayern trotz des Konjunkturpakets vor der Schließung stehen

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    Den Kunden in Bayern fehlt die Einkaufslust. Auch wenn sich in der Kemptener Fußgängerzone wieder Menschen tummeln, Spaß am Einkaufen finden zur Zeit nur wenige.
    Den Kunden in Bayern fehlt die Einkaufslust. Auch wenn sich in der Kemptener Fußgängerzone wieder Menschen tummeln, Spaß am Einkaufen finden zur Zeit nur wenige. Foto: Martina Diemand

    Seit einigen Wochen läuft der Einzelhandel in Bayern wieder und die Einkaufsstraßen werden langsam voller - doch viele Geschäfte kämpfen weiter ums Überleben. Auch wenn die Kundenfrequenzen langsam steigen, ist die Branche noch "Lichtjahre vom Normalmodus entfernt", wie der Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern, Bernd Ohlmann, sagt. Voraussichtlich würden durch die Corona-Krise mindestens 6,4 Milliarden Euro an Umsätzen wegbrechen. Viele Unternehmen seien von der Pleite bedroht: "Im schlimmsten Fall rechnen wir mit mehr als 5.000 Geschäftsschließungen bis zum Jahresende."

    Textilbranche besonders betroffen - dramatische Rabatte in Sicht

    Noch sei die befürchtete Pleitewelle nicht eingetreten, sagt Ohlmann. Dazu hätten unter anderem Mietstundungen aber auch die staatlichen Soforthilfen beigetragen. Letztere seien aber "nur ein Tropfen auf den heißen Stein", betont er. Besonders schlecht geht es laut Ohlmann der Textilbranche. Dort sei "Land unter". Jetzt komme die schon lange bestellte Sommerware - dabei seien die Lager noch voll. Derzeit lägen 40 Millionen Artikel in den bayerischen Textilgeschäften, sagte er. "Wenn die Kunden so zurückhaltend bleiben, verdoppelt sich das bis in den Sommer." Das werde zu dramatischen Rabatten führen.

    Mehr als 70 Prozent Umsatzverlust im Innenstadthandel

    "Besonders heftig waren die Einbußen zuletzt im Innenstadthandel", sagt Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des bayerischen Industrie- und Handelskammertags. Vor allem Textilien, Bekleidung, Schuhe und Lederwaren seien mit "Umsatzverlusten von mehr als 70 Prozent" besonders betroffen.

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    Ängstliche Kunden und fehlende Anlässe sind ausschlaggebend

    Ganz allgemein leidet der Einzelhandel - mit einigen Ausnahmen wie Lebensmittelhandel, Fahrradgeschäften und Baumärkten - unter mehreren Aspekten: "Den Kunden macht das Einkaufen im Moment keinen Spaß", sagt Ohlmann. Überall sehe man nur maskierte Gesichter und Desinfektionsmittel. Hinzu kämen Zukunftsangst und ein Mangel an Anlässen: "Es gibt ja auch keine Geburtstagsfeiern, Kommunion oder Hochzeiten, zu denen Geschenke gekauft würden." Derzeit lägen Umsatz und Frequenz bei etwa 40 bis 60 Prozent des Normalzustands.

    Buchhändler verkaufen trotz Urlaubssaison kaum Reiseführer

    Im Buchhandel ist die Grundstimmung etwas positiver. "Es gibt manche Händler, die ganz zufrieden sind", sagt Klaus Beckschulte, Geschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Bayern. "Wir haben die Zeit des Lockdowns mit großer Kreativität und dank der Solidarität der Kunden überstanden."

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    Doch auch der Buchhandel spüre "eine gewisse Kaufzurückhaltung". Das liege zum einen daran, dass die Menschen sich Sorgen machten und daher eher sparsamer seien, zum anderen aber auch daran, dass Kaufgründe wegfielen. "Wer nicht verreist, braucht auch keinen Reiseführer", sagt Beckschulte. Besonders schwierig sei die Situation für Buchläden in Innenstädten, die sonst von Laufkundschaft und Touristen profitierten. "Dort sieht es düster bis trüb aus".

    Einzelhändler setzen große Hoffnung in Konjunkturpaket

    Ein Stück weit Hoffnung macht dem Einzelhandel unter anderem das aktuell verabschiedete Konjunkturpaket des Bundes. Die Senkung der Mehrwertsteuer sei "super", sagt Ohlmann. Auch andere Maßnahmen von Kinderbonus bis zur Strompreissenkung würden helfen. Gößl fordert zudem weitere Maßnahmen. "So sollte beispielsweise die umstrittene Pflicht von E-Kassen vorerst ausgesetzt werden", sagt er. "Die Liquidität von angeschlagenen Betrieben darf nicht durch kostspielige Aufrüstungen weiter eingeschränkt werden."

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    Einzelhandel bräuchte einen "richtigen Schub nach vorne"

    Entscheidend für die Zukunft des bayerischen Einzelhandels wird aber wohl sein, ob und wann die Kunden wieder zu einem normalen Einkaufsverhalten zurückfinden. Das - so fürchtet Ohlmann - kann aber noch Wochen und Monate dauern. "Langsam, langsam geht es wieder bergauf", sagt er "Aber wir bräuchten jetzt einen richtigen Schub nach vorne."

    (Autor: Christof Rührmair/dpa)

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