Darf ich mich als Gast trauen, in der Wirtschaft die Essensreste einpacken zu lassen, wenn ich meinen Teller nicht schaffe? Oder oute ich mich dann als Geizkragen und Sparfuchs? Vermutlich jeder Restaurantbesucher hat sich die Frage schon einmal gestellt. Wir haben darüber mit Ludwig Gehring gesprochen.

Der Inhaber des Hotel-Gasthofs Bayerischer Hof in Lindenberg ist der Sprecher der Wirte im Landkreis Lindau. Anlass zu unserem Interview gab die Meldung über einen Gastronomen aus Stuttgart, der seine Gäste Strafe zahlen lassen möchte, wenn diese sich beim Büffet die Teller vollladen, aber dann nicht aufessen.
Was halten Sie von Gästen, die nicht aufessen und sich die Reste einpacken lassen?
Ludwig Gehring: Wir haben immer mehr Senioren in unserer Gesellschaft. Auf die hat sich die Gastronomie eingestellt. Es gibt halb oder dreiviertel volle Teller. Das ist kein Problem. Aber eine Roulade oder ein Schnitzel gibt es nur als ganze Portion. Wenn die ein Gast nicht schafft, kann er sie gerne mitnehmen. Das ist besser als Wegschmeißen. Wir haben extra dafür kleine Aluschalen da, das ist kein Problem. Wenn ein Teller halb voll in die Küche zurückkommt, dann denke ich, dass es dem Gast vielleicht nicht geschmeckt hat. Wenn er dann aber sagt, dass es ihm zu viel war und er den Rest einpacken lassen möchte, dann ist das doch gut.
Man muss also keine Scheu haben?
Gehring: Nein. Der Gast hat sein Essen bezahlt, dann darf er es auch mitnehmen.
Kommt so etwas häufig vor?
Gehring: Ja, das würde ich schon sagen. So zwei- bis dreimal pro Woche. Und wenn es nur die Fleischreste für die Katze sind.
Was passiert ansonsten mit nicht leer gegessenen Tellern?
Gehring: Wir müssen alle Speisereste wegschmeißen. Die landen in die Bio-Tonne, die der ZAK anbietet. Die hat sich bewährt und wird wöchentlich geleert. In ihr landen übrigens auch die Überbleibsel vom Salat, beispielsweise Karotten- oder Kartoffelschalen.
Wie kalkuliert ein Wirt die richtige Menge auf dem Teller?
Gehring: Da gibt es Orientierungspunkte. Beim Steak steht die Grammzahl oft gleich auf der Karte. Ein Stück Braten wiegt meist um die 120 Gramm, ein Schnitzel zwischen 150 und 180 Gramm, die Beilagen zwischen 100 und 120 Gramm. So in diesem Spielraum sollte sich das in etwa bewegen.
Hat sich da in den letzten Jahren etwas gewandelt?
Gehring: Nein. Die Portionsgrößen sind gleich geblieben. Bei den Büffets im Lokal oder auch bei Catering - wir stehen ja dahinter und geben die Gerichte aus - essen die Gäste allerdings heutzutage gezielter als noch vor Jahren und auch die Teller leer. Es geht nicht mehr darum, sich um jeden Preis den Bauch vollzuschlagen. Deshalb sehe ich es nicht wie der Kollege aus Stuttgart, dass hier Strafe gezahlt werden muss.
Aber bei einem Büffet bleibt sicher trotzdem immer noch viel übrig, oder?
Gehring: Wenn ein Büffet ganz aufgegessen wird, dann war zu wenig da. Im Normalfall wird das nicht passieren, denn man weiß ja nie, wie genau sich die Gesellschaft zusammensetzt, ob beispielsweise der Braten schnell weggeht oder nicht. Da bleibt in der Regel immer was übrig. Das geben wir den Gästen dann auch gerne mit. Das sprechen wir vor Ort dann meistens ab.
Einer Ihrer Kollegen aus dem Oberallgäu hat in einem Zeitungsinterview die Gäste sogar dazu aufgerufen, für die Reste von zuhause Plastikschüsseln mitzubringen. Was halten Sie davon?
Gehring: Es würde sicher etwas doof aussehen, wenn alle Gäste im Restaurant ihre Plastikschüssel rausziehen und dann die Teller leer kratzen. Das machen wir dann doch lieber in der Küche - und dafür haben wir ja unsere Aluschalen da. Beim Büffet ist es hingegen okay. Da bringen manche schon sechs, sieben Schüsseln mit. Das ist ja alles frisch gekocht und kann am nächsten Tag noch prima zuhause aufgewärmt werden. Wir müssten ansonsten auch das wegschmeißen.