Ein neuer Medizin-Wellness-Trend aus Japan erobert Deutschland: „Forest bathing“ reguliert den Kreislauf, senkt Stress und beruhigt die Nerven, haben Forscher herausgefunden. Die Universität in München will dafür im nächsten Jahr Therapeuten ausbilden.
Auch der Oberallgäuer Dr. Ulrich Sauter kennt wissenschaftliche Untersuchungen, die die Wirksamkeit von „Forest bathing“ belegen. Der Bereichsleiter Forsten des Landwirtschaftsamts in Kempten stellt aber klar, dass das nichts Neues ist, man dafür nichts Spezielles braucht und es im Allgäu fast überall machen kann. „Forest bathing“ heißt übersetzt „Waldbad“ und bedeutet, dass man im Wald bewusst spazieren geht.

Auch wenn der Wirbel um den Wald etwas skurril anmutet, so ist die Heilkraft der Bäume doch wissenschaftlich belegt, sagt Sauter. Untersuchungen hätten ergeben, dass es den Genesungsprozess fördert, wenn man vom Krankenbett auf Bäume schaut.
Beim Blick auf einen Wald reagiere der Körper. Der Kreislauf reguliere sich, das Glückshormon Serotonin werde ausgeschüttet, die Duftstoffe der Bäume förderten nachgewiesen einen gesunden Schlaf.
Spaziergänge im Wald seien sicher nicht verkehrt, sagt Thomas Renck, Arzt und Vorsitzender des Kneippvereins in Immenstadt. Er ist aber skeptisch, ob der Aussagekraft der Studien: „Wenn man mit dem Auto zum Wald fährt und sich dort auf die Parkbank setzt, bringt das wenig.“ Wer etwas für das Herz-Kreislauf-System und die Atmung tun will, müsse sich bewegen. Dazu sei der Wald geeignet.
Wenn man mit dem Auto zum Wald fährt und sich dort auf die Parkbank setzt, bringt das wenig. Arzt Thomas Renck
Bewusste Waldspaziergänge werden in Japan seit den 80er Jahren propagiert. In Deutschland gibt es einen Kur- und Heilwald auf Usedom. Münchner Forscher bieten im nächsten Jahr eine Weiterbildung zum „Waldtherapeuten“ an.
Wäre es nicht sinnvoll, auch im Oberallgäu auf diesen Trend aufzuspringen? „Ich glaube, dass man da keinen Therapeuten braucht und die Wälder nicht anders sein müssen“, sagt Sauter. Nötig seien abwechslungsreiche Wanderwege. Die gebe es im Oberallgäu zuhauf.
Für Sauter ist der Erholungswert besonders hoch, wo Mischwald mit verschieden alten Bäumen und unterschiedlichen Arten das Bild prägt. Die Geräusche der Zivilisation nehmen dort ab.
Bewusst wahrnehmen
Den Wald bewusst wahrzunehmen empfehlen die Anhänger des „Forest bathing“ als Schlüssel zum besonderen medizinischen Erfolg. Sauter braucht dazu keinen Therapeuten. Er empfiehlt, sich einmal um 360 Grad zu drehen. Dann erkenne man, dass der Wald in jeder Richtung anders aussieht.
Etwas bewusst wahrnehmen und die Dinge wirken lassen – das trifft den Zeitgeist. Touristiker beschäftigen sich verstärkt damit. Allgäu Marketing wirbt damit im Internet.
Auch die Hörnerdörfer setzen auf „Achtsamkeit und Naturkraft“, sagt Tourismus-Chefin Birgit Schrott. Dazu gehöre auch der Wald. „Wenn es regnet, geht raus in den Wald und riecht“, lautet einer der Schlechtwettertipps für Urlauber.