Umarmungen und Berührungen sind für Menschen in ihren Beziehungen wichtig. Je näher sich zwei Menschen stehen, desto mehr von einem Körper darf man berühren. Umarmungen sind sozusagen eine Art Kitt einer Beziehung. Auch Freunde und Bekannte werden manchmal umarmt, wenn auch ganz anders. Doch wie ist das mit Fremden? Umarmen hat immer etwas mit Vertrautheit zu tun.
Diesen Samstag ist „Weltumarmungstag“, da sollte das auch für emotional eher verhaltene Allgäuer kein Problem sein. Wir haben das in der Kemptener Fußgängerzone getestet. Eine Frau und ein Mann haben wahllos Passanten angesprochen und gefragt: Darf ich Sie umarmen? Überraschend oft hieß es: Ja.

Für mehr Nähe und Freude
Der Sinn des Gedenktages, der mit einem Augenzwinkern betrachtet werden darf, ist damit erfüllt. Die beiden Amerikaner Adam Olis und Kevin Zaborney haben den „National Hugging Day“, wie er in Englisch heißt, 1986 im US-Bundessstaat Michigan erfunden. Ihr Wunsch: Der Weltumarmungstag soll zu mehr Nähe und Freude führen.

„Das ist doch eine super Idee. Jeder Mensch braucht ein bisschen Liebe und Wertschätzung“, sagt Feruh Kurt, der sich beim Experiment spontan umarmen ließ. Von dem Tag gehört hatte der 34-jährige Kemptener bis dahin nicht, nun will er aber seine Familie besonders herzlich in den Arm nehmen.
Von Mann zu Mann schwieriger

„Bei Fremden tut man sich als Mann wahrscheinlich etwas schwerer“, sagt Kurt mit einem Schmunzeln. Er trifft damit ins Schwarze. Während der Reporterin trotz Ehering die Arme offen stehen, bleiben die Passanten bei ihrem Kollegen zunächst einen kleinen Moment skeptisch. „Hierzulande gibt man sich eher die Hand oder beschränkt sich auf einen zugerufenen Gruß“, sagt Sven Menzel, ein weiterer Umarmter. „Eine Umarmung ist wesentlich vertrauter.“
Der 43-Jährige betreibt ein Café und muss es wissen, schließlich wird er täglich Zeuge unzähliger Begrüßungen und Verabschiedungen. Jeden Kunden wird er zum Weltumarmungstag zwar nicht in die Arme schließen, aber seine Frau und Familie werden sich über eine Umarmung freuen.
Matthias Sienz aus Kempten breitet ebenfalls die Arme aus. „Der Weltknuddeltag hat zwar wenig Nutzen, ist aber eine nette Idee. Ich habe mir vorgenommen, mindestens fünf Personen zu umarmen“, sagt der 30-Jährige. Auch er will sich aber auf Familie und Freunde konzentrieren.
Davon kann Dany Serio nur träumen. Der 23-jährige Italiener lebt und arbeitet in Kempten: „Ich würde so gerne meine Eltern in der Heimat in die Arme schließen. Das habe ich seit Silvester nicht mehr getan.“. Gerne begnügt er sich mit einer Umarmung unseres Reporters.
Ungewöhnlich, „aber gut“
Die lässt auch Katharina Rasch zu. Es sei zwar sehr ungewohnt, einen Fremden zu umarmen, aber „das macht fröhlich und tut gut“, sagt die 28-Jährige mit einem Lachen. „Am Samstag nehme ich dann aber doch lieber meinen Verlobten in den Arm.“
Ähnlich sieht es Silvia Braunegger. „Der intime Abstand wird zwar nicht gewahrt, aber wenn die Person angenehm ist, mache ich auch bei einer Umarmung mit“, sagt die 31-Jährige in der Fußgängerzone. Sie freut sich über den Weltumarmungstag und hat sich einiges vorgenommen. „Ich werde jeden drücken, der mir in die Quere kommt.“
Diese Begrüßungsrituale gibt es auf der Welt:
In Deutschland ist der körpernahe Gruß mit Umarmung zwischen Fremden unüblich. Hier gibt man sich die Hand. Umarmt werden Familienmitglieder oder Partner.
In Japan ist eine Umarmung unter Erwachsenen verpönt. Selbst das Handreichen zur Begrüßung gilt nicht als freundliche Geste, sondern als Eingriff in die Privatsphäre.
In Russland ist es üblich, einander zur Begrüßung die Hand zu schütteln. Dies gilt nicht für die Begrüßung von Frauen. Diese entscheiden selbst, auf welche Weise sie begrüßt werden wollen. Streckt die Gesprächspartnerin einem von sich aus die Hand entgegen, kommt es zum Händeschütteln. Tut sie das nicht, bleibt es bei bloßem Zunicken.
In Frankreich hat sich zunehmend das nüchterne Händeschütteln durchgesetzt. Unter Freunden geht es freilich anders zu: Bis zu vier Küsschen haucht man sich zur Begrüßung gegenseitig auf die Wangen. Begonnen wird auf der linken Seite.
In Italien geht es nicht so temperamentvoll zu, wie wir das oft einschätzen. Ein kurzer Händedruck, gepaart mit intensivem, aber kurzem Blickkontakt, genügt. Bei Frauen sollte Mann abwarten, ob sie einem die Hand entgegenstreckt.