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Werbung zu sexy? Frau beschwert sich über Maler aus Rieden

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Werbung zu sexy? Frau beschwert sich über Maler aus Rieden

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    Ist das Werbung oder muss das weg? Der Auto-Aufdruck von Malermeister Helmut Gansohr wird heiß diskutiert.
    Ist das Werbung oder muss das weg? Der Auto-Aufdruck von Malermeister Helmut Gansohr wird heiß diskutiert. Foto: Alexander Vucko

    Malermeister Helmut Gansohr geht auch mal ungewöhnliche Wege. Er holt sich einen Hund an den Messestand, der Schimmel erschnüffeln kann. Ohne Umschweife kritisiert er Qualitätsverfall und Lohndumping in der Branche. Und auch die Werbung seines Betriebes in Rieden-Zellerberg bei Kaufbeuren fällt auf – jüngst mit dem Bild eines Laienmodels, dessen Nacktheit an den entscheidenden Stellen mit flottem Pinselstrich verdeckt ist.

    Doch einer Frau wurde die Reklame zu bunt. Nach ihrem anonymen Vorwurf, die Werbung sei diskriminierend, folgte die Empfehlung des Deutschen Werberats, die Bilder zu entfernen. Und die Gansohrs fragen sich: Leben wir eigentlich im 21. Jahrhundert?

    Fast nackig = sexistisch?

    Dabei sei die Werbung auf den Fahrzeugen des Betriebs, auf einem Linienbus, im Internet und auf Visitenkarten bei den Kunden prima angekommen, sagt Heidi Gansohr. „Wir wollten damit auf unseren Malerbetrieb aufmerksam machen, ohne moralische Grenzen zu überschreiten“, sagt sie. „Und ja, eine attraktive, junge Dame zieht die Blicke auf sich.“ Auch die erwünschten Assoziationen durch die Slogans „Lust auf Farbe“ oder „Lust auf Lifting“ seien nicht von der Hand zu weisen. Aber ist das gleich Sexismus, also die herabwürdigende Darstellung von Frauen und der Appell an niedere Instinkte?

    Wir wollten damit auf unseren Malerbetrieb aufmerksam machen, ohne moralische Grenzen zu überschreiten.Maler Helmut Gansohr

    Die Unbekannte aus dem nördlichen Ostallgäu hat die Frage für sich mit Ja beantwortet. Sie forderte das Unternehmen auf, die Werbung zu entfernen. „Wir hätten das gerne mit ihr diskutiert“, sagt Heidi Gansohr. „Aber das ging ja nicht.“

    Es folgte eine Beschwerde der Frau beim Deutschen Werberat in Berlin. Dieses Kontrollorgan der Wirtschaft sieht sich in der Pflicht, solchen Vorwürfen nachzugehen. Das Bild einer bis auf High Heels unbekleideten Frau, die im Intimbereich und an der Brust mit Farbe bedeckt ist, stelle sie als Objekt dar, das bemalt werden könne, urteilte das Gremium. Einen Bezug zur beworbenen Dienstleistung gebe es, bis auf die Nutzung des Models als Malunterlage, nicht. Dies sei herabwürdigend und setze sie mit einem Objekt gleich. Die Frau werde auf Körperlichkeit und Sexualität reduziert, als Blickfang missbraucht.

    Diese Werbung will Helmut Gansohr behalten. High Heels und Bodenbelag: Das passt für ihn zusammen.
    Diese Werbung will Helmut Gansohr behalten. High Heels und Bodenbelag: Das passt für ihn zusammen. Foto: Alexander Vucko

    Da der Malerbetrieb keine Konfrontation wollte und zusicherte, auf die Werbung zu verzichten, kam es zu keiner genauen Prüfung. Es folgte auch keine öffentliche Rüge, das schärfste Schwert des Werberats. Lediglich die freundliche Empfehlung, die Reklame allein aufgrund des Bildes sofort zu unterlassen.

    Die Lust auf einen perfekten Auftritt

    Man begrüße das Vorgehen des Betriebes, teilt Julia Busse, Geschäftsführerin des Werberats, auf Nachfrage unserer Zeitung mit. „Das zeigt einmal mehr die Effektivität der Werbeselbstkontrolle in Deutschland.“ Im schwäbischen Handwerk sind solche Debatten allerdings so gut wie kein Thema.

    „In den vergangenen zehn Jahren hat der Deutsche Werberat nur einmal wegen Werbung mit sexistischer Note mit uns Kontakt aufgenommen“, sagt Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner. Es gebe für die Betriebe sehr viele pfiffige Möglichkeiten, für das Handwerk zu werben. Er rät, sich mit den Fachleuten der Kammer in Verbindung zu setzen, wenn es Unsicherheiten gibt.

    Der Wirbel habe bei den Kunden für Unverständnis und Heiterkeit gesorgt, sagen die Gansohrs. Ihnen selbst sei das Lachen zeitweise aber vergangen. Immerhin habe man mithilfe der Handwerkskammer aber einen Aufschub für die aufwendige und teure Entfernung der Werbung erreichen können. Die Internetseite sei für die ohnehin geplante Überarbeitung eine ganze Weile nicht im Netz verfügbar und werde erst demnächst wieder freigeschaltet.

    Einen Teil ihrer Werbung wollen die Gansohrs aber beibehalten. Zum Beispiel das Bild mit dem Frauenfuß nebst High Heels und dem Slogan: „Lust auf einen perfekten Auftritt?“ Es geht dabei um robuste Bodenbeläge. Überstrapaziert wäre damit wohl auch der Deutsche Werberat nicht. Kein Problem, heißt es dazu in Berlin in einer ersten Einschätzung.

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