Der dunkle Fleck im lehmigen Mergelgestein kommt ihm eigenartig vor. Erich Riedisser-Wegner überlegt nur kurz, ob es sich lohnt, den steilen Abhang runterzukraxeln. Als er dann die Stelle berührt, über die glasartig-glatte Oberfläche fährt, ist ihm klar, dass er auf etwas Besonderes gestoßen ist. Später stellt sich heraus: Der 38-Jährige aus Hergensweiler, hat den Backenzahn eines Ur-Elefanten am Pfänderrücken entdeckt - eine Sensation über die Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz berichten. Das Tier lebte vor 15 Millionen Jahren.
Den stark bewaldeten Pfänderrücken gab es damals noch nicht. Erst durch die Alpenauffaltung entstand der Nagelfluh-Höhenzug über Bregenz, der sich bis nach Lindenberg ins Westallgäu erstreckt. Als das Gomphotherium - so der Fachbegriff für Ur-Elefant - hier Blätter, Gras und Sträucher verspeiste, dürfte das Gebiet eine subtropische Flusslandschaft mit Palmen gewesen sein. So schildert es Dr. Georg Friebe vom Naturmuseum Inatura in Dornbirn, das auch Forschung betreibt. Möglicherweise, so Friebes Vermutung, verendete das von Riedisser-Wegner entdeckte Tier an einer Wasserstelle.
Als der Westallgäuer an der glatten Stelle am steilen Hang zu graben beginnt, geht er behutsam vor. Mit dem Handpickel legt er einen zehn auf zwölf auf 14 Zentimeter großen Brocken frei. "Beim Rausnehmen ist er in viele Fragmente zerfallen", erzählt der Elektroingenieur, der "als Ausgleich zum sterilen Beruf" oft abseits der Wege in der Erde wühlt und mit Mineralien und Versteinerungen schon drei Vitrinen füllen kann.

An diesem Tag stößt er tiefer im Boden auf zwei weitere Brocken, einen birgt er, dann wird es dunkel. Daheim säubert Riedisser-Wegner die Fragmente mit der Zahnbürste und setzt sie in mühsamen Stunden "wie ein 3-D-Puzzle" zusammen. Dass die glasglatte Fläche, die ihm beim Puzzeln als Orientierung dient, Zahnschmelz ist, und er zuletzt den Zahn eines urzeitlichen Großsäugers in Händen hält, erfährt er, nachdem er der Inatura ein Foto geschickt hat. Wissenschaftler Friebe ist der erste, der die Sensation erkennt. "Gratulation!", schreibt er an den Finder.
Der erste Fund ist acht Monate her. Danach führt Riedisser-Wegner einen Spezialisten zu seiner seit Jahren geheim gehaltenen Grabungsstelle: den Urzeitforscher und Präparator Urs Oberli aus St. Gallen. Gemeinsam bergen sie einen dritten Backenzahn und einen Gehörknochen - die ebenso in Einzelteile zerfallen. Oberli arbeitet Monate daran, aus mehr als 1000 kleinen Stücken die ursprünglichen Formen wiederherzustellen.
Für den Schweizer, dessen Haus Fossilien und Kopien von Saurier-skeletten bevölkern, erfüllt sich eine Hoffnung: Er wartet auf Relikte eines Ur-Elefanten, seit er vor zwei Jahren in einem Museum bei St. Gallen auf den Stoßzahn dieses Großsäugers gestoßen ist, den man fälschlich für einen Mammutzahn hielt. Der Ur-Elefant aber ist nicht nur 300-mal älter als das Mammut. Der Planzenfresser mit drei Metern Schulterhöhe weist weitere Besonderheiten auf: Neben vier Stoßzähnen hatte er Backenzähne, die nachwuchsen, wenn sie abgekaut waren.
Der Sensationsfund vom Pfänder beschäftigt inzwischen auch das Naturhistorische Museum in Wien und Wissenschaftler an verschiedenen Hochschulen. Publik gemacht hat ihn erst jetzt die Inatura Dornbirn. Erich Riedisser-Wegner überließ die Ur-Elefanten-Zähne dem Museum, erhält aber Kopien davon. Er empfindet es auch als Belohnung, in den Mail-Verkehr der Spezialisten eingebunden zu sein. An seiner Geheimstelle am Pfänder wird er vorerst allein weitergraben. "Es machen sich nach all dem Trubel sicher einige auf die Suche - aber der Pfänderrücken ist groß." Urs Oberli verspricht sich weitere Funde durch das Medienecho: "Wir wollen diese Tiere noch besser kennenlernen."