Auf Millionen Hausbesitzer in Deutschland kommt im Sommer eine Art zweite Steuererklärung zu. Der Grund: Die Grundsteuer wurde neu berechnet und sie müssen den Finanzämtern Daten wie Baujahr, Wohnfläche und Bodenrichtwert melden. Doch warum ist die Steuer so wichtig und warum wird sie neu berechnet? Was gilt für Eigentümer in Bayern, wo bekommen sie die Unterlagen her und bis wann muss der Bescheid abgegeben werden? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Was ist die Grundsteuer?
Die Grundsteuer wird auf den Grundbesitz erhoben. Dazu zählen Grundstücke und Gebäude sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die darauf stehen. Eigentümerinnen und Eigentümer bezahlen die Steuer oder legen sie auf Mieter um.
Sie zählt zu den wichtigsten Einnahmequellen der Städte und Gemeinden. Mit ihr werden unter anderem Schulen, Kindergärten, Büchereien sowie die Erhaltung und der Ausbau der Infrastruktur finanziert.
Warum musste die Grundsteuer reformiert werden?
Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtslage der Bewertung von Grundstücken vor vier Jahren für verfassungswidrig erklärt: Das Modell sei überholt und völlig veraltet, heißt es vom Gericht. Denn bisher wurde die Steuer auf Basis von Einheitswerten berechnet. Diese stammen im Westen aus dem Jahr 1964, im Osten aus dem Jahr 1935. Die Werte von Grundstücken und Gebäuden haben sich seitdem sowohl im Westen als auch im Osten jedoch sehr unterschiedlich entwickelt.
Dadurch kommt es aktuell zu steuerlichen Ungleichbehandlungen, die nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts mit dem Gebot der Gleichbehandlung im Grundgesetz nicht mehr zu vereinbaren sind. Mit dem Grundsteuer-Reformgesetz aus 2019 wurde eine gesetzliche Neureglung geschaffen.
Was ändert sich durch die Reform?
Alle Eigentümer müssen nun Daten ihrer Immobilien abgeben, auf deren Basis ab 2025 die neue Grundsteuer berechnet wird. 36 Millionen Grundstücke sollen in Deutschland also neu bewertet werden. Die Steuerbehörden stehen vor einem ihrer größten Projekte in der Nachkriegsgeschichte.
Bis Ende 2023 sollen Finanzämter alle Grundsteuer-Erklärungen bearbeitet haben. Dafür wurde teilweise sogar neues Personal eingestellt. Nach der Vorarbeit des Finanzamts können die Kommunen dann im Jahr 2024 entscheiden, welche Steuerhebesätze sie ab 2025 anwenden.
Man kann also nicht pauschal sagen, wie sich die Reform im Einzelfall auswirkt. Zum einen spielt die bisherige Belastung eines Grundstücks eine Rolle. Zum anderen hängt die Höhe der neuen Grundsteuer auch vom künftigen Hebesatz einer Kommune ab. Ein Online-Immobilienportal schätzt aber allgemein, dass es etwa für Eigentümer von Einfamilienhäusern „tendenziell“ teurer werden könnte, bei Mehrfamilienhäusern günstiger.
Wie werden die Eigentümer informiert?
Vorgesehen sind eigentlich nur öffentliche Bekanntmachungen. Doch die meisten Bundesländer - unter anderem auch Bayern - haben im April begonnen nach und nach Informationsschreiben zur Feststellungserklärung an die einzelnen Eigentümer zu verschicken.
Welche Daten brauchen die Finanzbehörden von den Eigentümern?
Weil die Bundesländer die Grundsteuer nach unterschiedlichen Modellen berechnen, unterscheiden sich auch die Angaben. Das können zum Beispiel der Bodenrichtwert und die Grundstücksfläche sein, in manchen Ländern werden auch Katasterangaben wie Flurstück und Flurnummer sowie Alter des Gebäudes und dessen Nutzung abgefragt.
Bayern richtet sich bei der Neuberechnung der Grundsteuer rein an der Fläche der Grundstücke und Gebäude aus. Das ist wohl das einfachste Verfahren.
Woher bekommen Eigentümer die notwendigen Daten?
Die Angaben müssen Immobilieneigentümer selbst beschaffen. Das könnte aufwändig werden. Fläche, Nutzung, Baujahr und Sanierungen stehen meistens in den Bau- und Kaufunterlagen, ebenso wie Mit- und Sondereigentumsanteile bei Eigentumswohnungen. Wenn aber angebaut wurde, müssen Besitzer vielleicht nachmessen und auch Angaben zu Bodenrichtwerten brauchen etwas Recherche. Eine Hilfe könnte dabei das amtliche Bodenrichtwertinformationssystem (Boris) des jeweiligen Bundeslands sein. Flurstück und Flurnummer können über das Katasteramt besorgt werden.
Im Normalfall müssen Bürgerinnen und Bürger für einige dieser Angaben sogar bezahlen. Doch für die spezielle Grundsteuererklärung stellen die Behörden die Daten kostenlos bereit.
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)Wie lange haben Bürgerinnen und Bürger Zeit für die Feststellungserklärung?
Etwa vier Monate haben Haus- und Grundstückseigentümer Zeit, die Formulare zur neuen Grundsteuer-Berechnung auszufüllen und einzureichen. Die Frist beginnt am 1. Juli und endet am 31. Oktober 2022. Bis dahin müssen die Unterlagen spätestens beim Finanzamt sein.
Doch für die Steuererklärung brauchen Eigentümer Daten, die meist nicht unmittelbar parat sind. Vor allem wer ein Grundstück geerbt hat, könnte Probleme bekommen, die Unterlagen zu finden. Vier Monate sind also ziemlich knapp bemessen. Wer die Frist verschwitzt, riskiert eine Säumnisstrafe.
Wie wird der Bescheid erstellt und wie kommt er zum Finanzamt?
Im ELSTER-Portal - dem Online-Finanzamt - wollen die Bundesländer Formulare zum Eintragen der Grundsteuerangaben hinterlegen. Für jedes Bundesland wird es abweichende Formulare geben.
In Ausnahmefällen ist die Steuererklärung in Papierform möglich. Wenn jemand weder einen PC noch PC-Kenntnisse hat. Wer diese Option nutzen möchte, stellt einen formlosen, begründenden Antrag bei der Finanzverwaltung und bekommt die entsprechenden Formulare per Post. Auch hier gilt: Frühzeitig kümmern, damit man die Formulare zügig erhält. Alternativ können Menschen ohne Computerkenntnisse auch Verwandte oder Freunde bitten, die Daten einzugeben oder zum Steuerberater gehen.
Was gilt für Besitzerinnen und Besitzer von mehreren Immobilien?
Jedes Gebäude und jede Eigentumswohnung steht für sich und braucht eine eigene Erklärung. Auch wenn jemand mehrere Wohneinheiten in einem Haus besitzt. Sollten sich die Wohnungen auf mehrere Bundesländer verteilen, sind eventuell unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen.
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Was passiert bei falschen Angaben oder Fehlern?
Der Wertbescheid entscheidet unter anderem über die Höhe der Steuer. Wer zu viel Fläche oder zu hohe Werte angibt, zahlt womöglich zu viel Grundsteuer. Und wenn jemand zu wenig ansetzt, kann das als Steuerhinterziehung gewertet werden. Deshalb sollten Eigentümerinnen und Eigentümer aufmerksam und genau arbeiten und die Angaben noch einmal prüfen. Wer nach dem Abschicken Fehler entdeckt, kann innerhalb eines Monats Einspruch beim Finanzamt einlegen. Spätere Reklamationen sind nicht mehr möglich. (mit dpa)
Wichtiges in Kürze:
- Die Grundsteuererklärung können Bürgerinnen und Bürger ab dem 1. Juli über das Online-Finanzamt ELSTER abgeben. Dafür ist aber eine Registrierung nötig, die bis zu zwei Wochen dauern kann. Die Erklärung kann in Ausnahmefällen auch auf Papier eingereicht werden. Dafür muss aber ein Antrag gestellt werden
- Infos und Hilfe: Für die Grundsteuererklärung sind weitere Infos, eine Broschüre, Erklärvideos und Antworten auf häufig gestellte Fragen, auf der Webseite www.grundsteuer.bayern.de.
- Hotline: Das Info-Telefon zur Grundsteuer hat die Nummer 089/ 30700077. Es ist Montag bis Donnerstag von 8 bis 18 Uhr und freitags von 8 bis 16 Uhr erreichbar.