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"Wir haben den wohl geilsten steilsten Job im Allgäu"

Industriekletterer in MM

"Wir haben den wohl geilsten steilsten Job im Allgäu"

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    Luftiger Arbeitsplatz:Die Industriekletterer Jean-Christophe Cabuy und Stefan Lindemann  helfen derzeit in 30 Metern Höhe am Klinikum Memmingen am Umbau der Hubschrauber-Landeplattform.
    Luftiger Arbeitsplatz:Die Industriekletterer Jean-Christophe Cabuy und Stefan Lindemann helfen derzeit in 30 Metern Höhe am Klinikum Memmingen am Umbau der Hubschrauber-Landeplattform. Foto: Schuhwerk

    Es gibt sie, die Momente der Angst. "Aber sie sind ganz selten und dauern nur ein paar Sekunden", sagt Jean-Christophe Cabuy. Der gebürtige Franzose arbeitet seit fünf Jahren selbstständig als Industriekletterer im Allgäu. Er wird gerufen, wenn's steil und gefährlich wird. Bei Reparaturen an der Außenfassade eines Hochhauses beispielsweise oder für die Reinigung von mehrstöckigen Firmengebäuden. Auch auf die langen Flutlicht-Masten in der Oberstdorfer Skisprung-Arena ist er für Wartungsarbeiten schon geklettert.

    Bloß keine Routine: Jean-Christophe Cabuy muss bei jeder Bewegung voll fokussiert sein.
    Bloß keine Routine: Jean-Christophe Cabuy muss bei jeder Bewegung voll fokussiert sein. Foto: Schuhwerk

    In diesen Tagen meistert er mit dem befreundeten Kollegen Stefan Lindemann am Memminger Klinikum einen spektakulären Einsatz, der von vielen Patienten und Schaulustigen verfolgt wird. Die beiden montieren - nur durch ein Seil gesichert - in 30 Metern Höhe meterweise Stahlgitter ab, die rings um das Dach in die Luft ragen. Die Metall-Konstruktion muss durch eine neue ersetzt werden. Der Drahtseilakt ist Teil eines mehrmonatigen Umbaus der Landeplattform, dessen Kosten mit 1,85 Millionen beziffert werden. Neue EU-Richtlinien machen die Arbeiten nötig.

    Cabuy und Lindemann ebnen quasi den Weg. An einem sonnigen Septembertag genießen sie eine atemraubende Aussicht an ihrem Arbeitsplatz. Doch "abhängen" ist in ihrem Job nicht drin. Jeder kleinste Fehler kann fatale Folgen haben. "Man muss immer fokussiert sein. Vor allem am Anfang, wenn man die Technik checkt", erklären die beiden. Doch auch während der Arbeit ist höchste Vorsicht geboten. "Wenn uns ein Werkzeug aus der Hand fällt, kann das unten zur Gefahr werden." Trotz ihrer mehrjährigen und unfallfreien Berufserfahrung vermeiden sie das Wort "Routine". Wer sich zu sicher fühlt, wird nachlässig. "Das ist wie beim Bergsteigen auch."

    Doch was ist eigentlich der Unterschied zwischen Alpin-Kletterer und Industriekletterer? "Der Alpinist beginnt von unten und steigt nach oben. Wir dagegen beginnen unsere Arbeit oben, also in der Regel vom Dach aus", erklärt Lindemann. Ansonsten gebe es viele Ähnlichkeiten.

    Cabuy zum Beispiel hat in seiner französischen Heimat viele Jahre lang als Canyoningguide gearbeitet. Nach einem Urlaub im Allgäu beschloss er in der "tollen Gegend" zu bleiben. "Ich hab einen Job gesucht und eine Ausbildung zum Industriekletterer gemacht (mehr über den Beruf erfährst Du hier)." Die Höhen der Gebäude im Allgäu stellen für ihn kein Problem dar. "Hier gibt's ja keine Wolkenkratzer", sagt er schmunzelnd.

    Und selbst in New York würde er vermutlich nicht an seine (Schwindel-)Grenzen stoßen. "Mein krassestes Erlebnis war am Moulin Marquis. Am dortigen Wasserfall habe ich mich von oben abgeseilt. Das waren 280 Meter!"

    Dagegen wirkt für ihn der achte Stock am Memminger Klinikum fast schon beschaulich.

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