"Wir sind Kirche" zu Kardinal Marx: Konsequent und notwendig
Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, gibt im Innenhof seiner Residenz ein Statement vor der Presse. Am Freitag hatte Marx Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten.
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Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, gibt im Innenhof seiner Residenz ein Statement vor der Presse. Am Freitag hatte Marx Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten.
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Kardinal Reinhard Marx hat dem Papst seinen Rückzug angeboten. Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" hofft, dass weitere Bischöfe seinem Beispiel folgen.
dpa
05.06.2021 | Stand: 07:37 Uhr
Das Rücktrittsangebot von Kardinal Reinhard Marx ist aus Sicht der Reformbewegung "Wir sind Kirche" "nachvollziehbar, konsequent, strategisch klug und letztlich überfällig". Dieser Schritt sei auch ein Signal an Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki und setze diesen "gewaltig unter Druck", sagte ein Sprecher.
Für einen Neuanfang in der katholischen Kirche brauche es neue Personen - vor allem solche, die nicht durch langwierige Aufarbeitungsprozesse gebremst würden. Es bleibe zu hoffen, "dass weitere Bischöfe seinem Schritt folgen und nicht nur verbal Verantwortung für Vertuschung und Hinhalte-Taktik übernehmen". Lesen Sie auch: Kardinal Reinhard Marx: Ein streitbarer Anwalt für die Schwachen
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Kardinal Reinhard Marx: Bilder einer Karriere
Der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, beim Besuch einer Flüchtlingsunterkunft 2014. Hier Bilder seiner Karriere.
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Der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, beim Besuch einer Flüchtlingsunterkunft 2014. Hier Bilder seiner Karriere.
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Reinhard Marx wird 2002 im Trierer Dom zum Bischof geweiht.
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Reinhard Marx wird 2002 im Trierer Dom zum Bischof geweiht.
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Hier zelebriert er neben Kardinal Karl Lehmann im Rahmen seiner Amtseinführung zum Bischof im Trierer Dom zum ersten Mal das Abendmahl.
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Hier zelebriert er neben Kardinal Karl Lehmann im Rahmen seiner Amtseinführung zum Bischof im Trierer Dom zum ersten Mal das Abendmahl.
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2007 tritt er die Nachfolge von Kardinal Friedrich Wetter als Leiter des Münchner Erzbistums an.
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2007 tritt er die Nachfolge von Kardinal Friedrich Wetter als Leiter des Münchner Erzbistums an.
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Sein erster Besuch als Erzbischof im Münchner Dom.
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Sein erster Besuch als Erzbischof im Münchner Dom.
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Der neue Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, winkt 2008 bei seiner Ankunft im Kloster Scheyern (Oberbayern) den Menschen zu.
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Der neue Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, winkt 2008 bei seiner Ankunft im Kloster Scheyern (Oberbayern) den Menschen zu.
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Marx gilt als jovial und den Menschen zugewandt.
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Marx gilt als jovial und den Menschen zugewandt.
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Doch er polarisierte auch.
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Doch er polarisierte auch.
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Reinhard Marx 2008 in der KZ-Gedenkstätte Dachau (Oberbayern) auf dem Gelände der ehemaligen Baracken des Konzentrationslagers.
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Reinhard Marx 2008 in der KZ-Gedenkstätte Dachau (Oberbayern) auf dem Gelände der ehemaligen Baracken des Konzentrationslagers.
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Marx 2008 auf dem 1674 Meter hohen Hochfelln bei Bergen (Landkreis Traunstein Oberbayern) bevor er seine erste Bergpredigt hält.
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Marx 2008 auf dem 1674 Meter hohen Hochfelln bei Bergen (Landkreis Traunstein Oberbayern) bevor er seine erste Bergpredigt hält.
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Ebenfalls 2008 stellte er sein Buch "Das Kapital. Ein Plädoyer für den Menschen" vor. Passend zur damaligen Bankenkrise war die Kernaussage des Münchner Erzbischofs in seinem neuen Buch, dass ein Kapitalismus ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit keine Moral und auch keine Zukunft h...
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Ebenfalls 2008 stellte er sein Buch "Das Kapital. Ein Plädoyer für den Menschen" vor. Passend zur damaligen Bankenkrise war die Kernaussage des Münchner Erzbischofs in seinem neuen Buch, dass ein Kapitalismus ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit keine Moral und auch keine Zukunft h...
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2010 bekam Marx im Petersdom in Vatikanstaat in Rom (Italien) von Papst Benedikt XVI das rote Kardinalsbirett aufgesetzt. In einem Wortgottesdienst wurden damals 24 Bischöfe von Papst Benedikt XVI. feierlich zu Kardinälen erhoben.
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2010 bekam Marx im Petersdom in Vatikanstaat in Rom (Italien) von Papst Benedikt XVI das rote Kardinalsbirett aufgesetzt. In einem Wortgottesdienst wurden damals 24 Bischöfe von Papst Benedikt XVI. feierlich zu Kardinälen erhoben.
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Mit dem Überreichen des Bischofsrings wurde die Erhebung des deutschen Bischofs zum Kardinal abgeschlossen.
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Mit dem Überreichen des Bischofsrings wurde die Erhebung des deutschen Bischofs zum Kardinal abgeschlossen.
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Kardinal Reinhard Marx und Sternensinger.
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Kardinal Reinhard Marx und Sternensinger.
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Marx galt als streitbar - und nahm aktiv am gesellschaftlichen Dialog teil. Hier ist er im Gespräch mit Volker Beck zum Thema "Gesellschaft im Umbruch: Wie viel Schutz brauchen Ehe und Familie?".
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Marx galt als streitbar - und nahm aktiv am gesellschaftlichen Dialog teil. Hier ist er im Gespräch mit Volker Beck zum Thema "Gesellschaft im Umbruch: Wie viel Schutz brauchen Ehe und Familie?".
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Ab 2010 ist Marx Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
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Ab 2010 ist Marx Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
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Als Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz zelebriert er hier 2016 in Leipzig (Sachsen) den Open-Air-Abschlussgottesdienst des 100. Deutschen Katholikentags.
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Als Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz zelebriert er hier 2016 in Leipzig (Sachsen) den Open-Air-Abschlussgottesdienst des 100. Deutschen Katholikentags.
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Im Dialog: Marx, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (l), Scheich Omar Awadallah Kiswani (2.v.l) und die Delegation von Evangelischer Kirche in Deutschland und Deutscher Bischofskonferenz besuchen 2016 den Tempelberg in Jerusalem (Israel).
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Im Dialog: Marx, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (l), Scheich Omar Awadallah Kiswani (2.v.l) und die Delegation von Evangelischer Kirche in Deutschland und Deutscher Bischofskonferenz besuchen 2016 den Tempelberg in Jerusalem (Israel).
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Anfang Juni 2021 bietet Kardinal Marx dem Papst seinen Rücktritt an - als Zeichen einer Erneuerung der Kirche. Der Papst lehnt ab, Marx bleibt im Amt.
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Anfang Juni 2021 bietet Kardinal Marx dem Papst seinen Rücktritt an - als Zeichen einer Erneuerung der Kirche. Der Papst lehnt ab, Marx bleibt im Amt.
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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sieht "Systemversagen" in der Kirche
Reformen kämen heute auch von der Basis und nicht nur von oben, sagte der Sprecher. Das zeige der Reformprozess Synodaler Weg - den Marx zwar mit angestoßen habe, den nun aber andere gehen müssten. Als Bischof sei in der heutigen Zeit kein Manager mit hierarchisch-autokratischen Verhaltensweisen gefragt, sondern ein "Seelsorger, Teamplayer und Moderator mit Mut zu neuen Wegen". Marx sei ein "Ratzingerianer" gewesen, der zu sehr auf Kirche als "Institution mit unveränderlicher Ämterstruktur" fixiert gewesen sei, anstatt "Kirche als Volk Gottes unterwegs" zu begreifen.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hält fundamentale Reformen der Kirche für notwendig. "Alle, die denken, dass die Kirche aus dieser massiven Krise herauskommen könnte durch ein paar Schönheitsreparaturen äußerlicher Art, juridischer Art, verwaltungsmäßig, die täuschen sich", sagte der Limburger Bischof in den ARD-"Tagesthemen". Man habe in der Kirche "solches Systemversagen" wahrgenommen, dass es darauf nur "systemische Antworten" geben könne, "die fundamental sind".
Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx: "Reformstau" in der Kirche
So forderte Bätzing ein neues Verhältnis der Kirche zur Macht und zur Gewaltenteilung. Da sei "ganz viel möglich". Die bischöfliche Macht etwa habe etwas "von Monarchischem, etwas von vergangenen Zeiten". Nun brauche es "Kontrolle auf jeder Ebene von Machtausübung in der katholischen Kirche".
Im ZDF kritisierte Bätzing indirekt den Kölner Kardinal Woelki. Bätzing lobte die Souveränität der Entscheidung von Marx und betonte: "Für eine solche Entscheidung, da braucht man menschliche Stabilität, und da muss man auch geistlich offen sein. Ich glaube, der Punkt dieser Souveränität, der ist in Köln einfach überschritten. Dort ist jetzt eine Apostolische Visitation im Gange, das sind andere Gesetzmäßigkeiten, die dort jetzt greifen." Der Papst hatte kürzlich mitgeteilt, dass Woelki von zwei Apostolischen Visitatoren - Bevollmächtigten - überprüft wird.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, sagte am Freitag im ZDF-"heute journal", es gebe seit 1987 einen Reformstau in der Katholischen Kirche. "Seitdem ist sehr vieles nicht passiert, aber die Welt hat sich gewaltig verändert". Es gehe um grundsätzliche Reformen, die auch im Synodalen Weg eine Rolle spielten. Es gehe um Machtunterschiede und Machtmissbrauch, eine überlebte Sexualmoral, das Zölibat und Rolle der Frau in der Kirche.
Wie das Erzbistum von München und Freising am Freitag mitgeteilt hatte, hatte Kardinal Marx Papst Franziskus in einem Brief darum gebeten, "seinen Verzicht auf das Amt des Erzbischofs von München und Freising anzunehmen und über seine weitere Verwendung zu entscheiden". Begründet hatte er diesen Schritt unter anderem damit, Verantwortung übernehmen zu wollen für Fehler - persönlich und institutionell - im Zusammenhang mit der "Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten". Die katholische Kirche sei an einem "toten Punkt" angekommen, schrieb er.
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