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"World Cheese Awards": Der Preis für den besten Käse Deutschlands geht ins Westallgäu

Käserei Baldauf räumt ab

"World Cheese Awards": Der Preis für den besten Käse Deutschlands geht ins Westallgäu

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    Aus der Sennerei der Käserei Baldauf in Hopfen stammt der preisgekrönte Käse, der jetzt in Norditalien ausgezeichnet wurde.
    Aus der Sennerei der Käserei Baldauf in Hopfen stammt der preisgekrönte Käse, der jetzt in Norditalien ausgezeichnet wurde. Foto: Daniel Boscariol

    Tag für Tag überwachen und pflegen Käser in der Sennerei in Hopfen zwei große Kupferkessel, in denen Milch zu Käse gerinnt; sie pressen Frischkäse bei hohen Temperaturen in Form und legen die Laibe in ein Salzbad – auch an Heiligabend und Ostern. Das Verfahren ist mindestens genauso alt wie die Sennerei selbst, also über 100 Jahre.

    Bei der verwendeten Milch handelt es sich um Rohmilch. Diese wird vor der Verarbeitung nicht erwärmt. Als Rohstoff dient den Sennern die Milch von Kühen, die ausschließlich Heu fressen – auch im Winter bekommen sie kein Silofutter. Das hat Einfluss auf die Käsequalität. Die Sennerei in Hopfen gehört, wie die in Gestratz und Grünenbach, zur Käserei Baldauf in Goßholz. Das 1862 von Martin Baldauf gegründete Unternehmen beschränkte sich etwa bis zur Jahrhundertwende auf den Käsehandel. Erst um 1903 begann sie, selbst Käse zu produzieren.

    Sieg beim internationalen Käsewettbewerb "World Cheese Awards"

    Diese lange Tradition wurde jetzt belohnt: Der Preis für den besten Käse Deutschlands geht ins Westallgäu. Im italienischen Bergamo, bei dem internationalen Käsewettbewerb World Cheese Awards, gelang der Käserei Baldauf ein beachtlicher Erfolg. Unter anderem hatten Käser aus Israel, Neuseeland und Japan ihre Produkte eingereicht. Die Jury bewertete Aussehen, Konsistenz, Aroma und Geschmack der Sorten – und verlieh eine Goldmedaille an den Baldauf Alpkäse und das „1862 Meisterstück“, das außerdem die Auszeichnung für den besten deutschen Käse erhielt.

    Die Jury bewertete Aussehen, Konsistenz, Aroma und Geschmack des Käses aus dem Westallgäu.
    Die Jury bewertete Aussehen, Konsistenz, Aroma und Geschmack des Käses aus dem Westallgäu. Foto: Daniel Boscariol

    Das Verfahren der Käseherstellung ist in allen drei Sennereien gleich. „Der wichtigste Parameter ist die Temperatur“, erklärt Georg Baldauf, Geschäftsführer der Käserei, bei einem Rundgang. Die Milch im Kupferkessel wird per Knopfdruck elektrisch eine halbe Stunde lang erhitzt. Sind knapp 40 Grad erreicht, gibt der Senn die für die Gerinnung nötigen Kulturen dazu – also milchsäurebildende Keime.

    Diese stellt die Firma Baldauf in einem eigenen Labor und den Sennereien her. „Die Produktion ist mikrobiologisch“, sagt Baldauf. „Vor allem in der traditionellen Käseherstellung übernehmen Lebewesen noch eine wichtige Rolle.“

    Scheiben beschlagen, Dampf steigt auf

    Erneut erwärmen die Käser die Milch. Diese wird nach und nach dickflüssiger, bis sie zu einer Art Pudding gerinnt und Molke austritt. Anschließend schneidet die mechanisch rotierende Käseharfe die glibberige Masse in Stücke. Je kleiner der sogenannte Bruch, desto härter wird am Ende der Käse. Die Temperatur steigt im Kessel anschließend wieder, wenn sich das Bruch-Molke-Gemisch auf über 50 Grad erwärmt hat, wird es über Rohre abgepumpt.

    Die Temperaturen steigen jetzt auch in der Sennerei; Scheiben beschlagen, Dampf steigt auf, die Käser fangen an zu schwitzen. Sie trennen die Molke und pressen den Frischkäse zur Reife in eine runde Metall-Form, die sie anschließend verschließen. Am nächsten Tag legen sie die Käselaibe für zwei Tage in ein Salzbad. Anschließend liegen sie für mehrere Monate im Reifekeller in Goßholz.

    Die Käser tragen die Frischkäselaibe in runde Metall-Formen, wo die Molke nach und nach herausgepresst wird. Während des Verfahrens steigt die Temperatur erheblich – eine echte Anstrengung für die Käserei.
    Die Käser tragen die Frischkäselaibe in runde Metall-Formen, wo die Molke nach und nach herausgepresst wird. Während des Verfahrens steigt die Temperatur erheblich – eine echte Anstrengung für die Käserei. Foto: Daniel Boscariol

    „Das Ganze ist ein sehr naturnaher Prozess“, sagt Baldauf. „Und er ist komplex.“ Probleme seien oft unvermeidbar. Allein die falsche Einstellung des Roboters, der die Laibe im Lager regelmäßig schmiert und wendet, um sie gleichmäßig von allen Seiten mit Luft zu versorgen, habe schon zu Bläschen und Verfärbungen am Käserand geführt. Baldauf zeigt auf ein paar betroffene Käse im Lager. „Wir haben ewig gebraucht, bis wir auf den Grund unseres Problems gekommen sind.“

    Forschungslabor in Lindenberg

    Viel Unterstützung, um Probleme zu verhindern oder die Herstellung weiterzuentwickeln, könne seine Firma von der Forschung in Deutschland nicht erwarten. Anders als in Österreich, der Schweiz oder Frankreich werde in der Bundesrepublik Käse fast ausschließlich industriell und in strukturierten, vorgefertigten Prozessen hergestellt. Mit Verfahren, wie sie die Goßholzer Käserei gewählt hat, setzen sich Großkonzerne laut Baldauf nicht auseinander. Und damit auch nicht mit den Problemen, die bei der Produktion oft auftreten. Deshalb hat das Unternehmen investiert und ein eigenes Forschungslabor in Lindenberg gebaut. „Dort untersuchen wir unter anderem, ob unser Käse die Bakterien hat, die wir brauchen“, sagt Baldauf. Derzeit sind zwei Laborantinnen angestellt.

    Über die Jahrzehnte ist die Zahl der Sennereien im Westallgäu deutlich zurückgegangen. „Es gab früher in jedem Dorf mindestens eine Sennerei“, sagt Baldauf. Das Westallgäu war „das Herz der deutschen Käseherstellung“, nicht zuletzt wegen der Nähe zur Schweiz, sagt Baldauf.

    So ist die Sennerei in Hopfen ein Relikt aus alten Zeiten, dessen Tradition aber noch weitere 100 Jahre bestehen soll.

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