Wenn in der Krimiserie "Tatort" Kommissar Thiel (Axel Prahl) und der Rechtsmediziner, Professor Boerne (Jan Josef Liefers), in Münster auf Verbrecherjagd gehen, verfolgen Millionen Zuschauer das Treiben des komödiantischen Duos. Unter den "Tatort"-Zuschauern ist auch Professor Dr. Barbara Dockhorn-Dworniczak aus Kempten. Sie amüsiert sich jedes Mal bestens, verrät die Medizinerin, die mit Professor Dr. László Füzesi die Pathologie Kempten leitet.

Die Chefin der Pathologie in Kempten kennt nicht nur das "Tatort"-Ermittler-Duo. Sie hat sogar selbst 13 Jahr lang in Münster gelebt und gearbeitet. Und: Der erste Tatort aus Münster wurde sogar im alten Sektionssaal der Münsteraner Pathologie gedreht. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Denn als Pathologin hat Dockhorn-Dworniczak entgegen der landläufigen Meinung einen ganz anderen Schwerpunkt als ein Gerichtsmediziner.
Die Gerichtsmedizin beschäftigt sich nämlich unter anderem mit der Thanatologie, der Wissenschaft vom Tod. "Meine Patienten sprechen aber in der Regel noch. Wir Pathologen stehen im Dienst der Lebenden", sagt Dockhorn-Dworniczak mit Bezug auf die gängige Verwechslung der beiden Facharzt-Richtungen.
Computer, Mikroskope und andere hochtechnische Laborgeräte
Auch optisch unterscheidet sich die Pathologie Kempten stark vom klassischen Bild einer Gerichtsmedizin. Von silbernen Sektionstischen findet sich keine Spur. Computer, Mikroskope und andere hochtechnische Laborgeräte stehen in den verschiedenen Räumen des Kemptener Instituts.
Schwerpunkt der Pathologie Kempten ist die Analyse von Gewebe. Die Proben von 50.000 Patienten werden jährlich von Dockhorn-Dworniczak und ihrem sechsköpfigen Team unter die Lupe genommen. "Wir untersuchen etwa, ob das Gewebe von Krebszellen befallen ist, oder durch entzündliche Erkrankungen verändert wurde", sagt Dockhorn-Dworniczak. Gemeinsam mit ihren Kollegen gibt sie, basierend auf den Vorinformationen anderer Mediziner, auch die Empfehlung zur Weiterbehandlung.
Der Austausch der Ärzte findet in den sogenannten Organzentren statt, von denen es am Kemptener Krankenhaus sieben gibt. "Wir haben eine große Verantwortung. Die Diagnose muss stimmen. Ansonsten hilft die Weiterbehandlung nicht", sagt die gebürtige Heidenheimerin, die als Koryphäe auf ihrem Gebiet gilt. Unter anderem hat sie als Assistenzärztin in der Chirurgie gearbeitet, war am deutschen Krebszentrum in der Forschung und Zellbiologie tätig, war nach einem Abstecher in die Gynäkologie in Seattle (USA) international tätig und wurde zur außerplanmäßigen Professorin an der Universität Münster berufen.
Mischung aus moderner Technologie und Fachwissen
Bis heute bringt Dockhorn-Dworniczak mit Fachpublikationen die Krebsforschung voran: "In der Pathologie habe ich gefunden, was mir Spaß macht. Es geht um moderne molekulare Diagnostikverfahren." Die Expertin übernahm 2001 das eigenständige Unternehmen in Kempten von ihrem Vorgänger Gernot von Hinüber.
Als Erfolgsgeheimnis der Einrichtung gilt die Mischung aus aktueller Technologie und Fachwissen. So wird vom Gewebe in der Pathologie zunächst ein auffälliger Teil separiert. Die Probe wird anschließend gewachst, in hauchdünne Scheiben geschnitten und eingefärbt. Damit wird sie mikroskopisch untersuchbar und offenbart den Pathologen ihre Geheimnisse: "Wir sind die Lotsen der Medizin, die der Patient nicht wahrnimmt und die er für Gerichtsmediziner hält".