So ganz glauben kann Martin die Sache noch immer nicht. Zwei Wochen nach dem Upload wurde das Video zu "Chaingang Lifestyle" schon fast 6.000 Mal auf YouTube geklickt. Für 1,29 Euro kann man sich den Song sogar auf iTunes oder Amazon Music runterladen. Dabei ist der 28-Jährige aus Kempten gar kein Musiker - geschweige denn Rapper - sondern gelernter Fitnesstrainer.
"Das alles hatte ich nie geplant. Ich konnte einfach meine Klappe nicht halten - und das kam dabei raus", erzählt er lachend im allgaeu.life-Interview. Denn die Idee zu Chaingang - auf deutsch: Kettengang - wurde beim Rumalbern im Fitnessstudio geboren. "Ich habe mit einem Kumpel trainiert und wir haben Ketten als Zusatzgewichte benutzt."
Das alles hatte ich nie geplant. Ich konnte einfach meine Klappe nicht halten - und das kam dabei raus.Fitnesscoach Martin über seine Gangsta-Rap-Premiere
Sogenannte Powerketten sind Gewichtsketten aus Stahl, die man sich um den Hals oder beim Pumpen als zusätzliche Kilos links und rechts an die Stange hängen kann. Und weil Stahlketten nur etwas für stahlharte Jungs sind und das Ganze entsprechend martialisch aussieht, meinte Martin zu seinem Kumpel: "Komm, wir lassen die das nächste Mal im Parktheater an und nennen uns Chaingang."
Die Kemptener Kettengang war geboren - wobei: "Wir sind natürlich keine Gang, sondern einfach ein paar Freunde, deren Whatsapp-Gruppe so heißt", sagt Martin lachend. Doch von nun an waren die Jungs in ihrem Fitnessstudio als Chaingang bekannt, die Sache verselbstständigte sich. "Ich hab das zum Spaß einfach immer weiter auf die Spitze getrieben. Irgendwann haben wir Highschool-Jacken und Shirts mit dem Aufdruck 'Chaingang 69' bestellt. Und weil ich meinen Mund nicht halten kann, habe ich erzählt, dass auch ein 'Chaingang'-Song rauskommt."
Jetzt hatte der Kemptener ein Problem - denn seine Kumpels nagelten ihn auf sein Versprechen fest und ließen in Sachen Rapsong nicht nach. Die Rettung: Martins Cousin Tobi (18), der unter seinem Künstlernamen Seesz schon Rap-Erfahrungen sammelte und ein kleines Tonstudio bei sich zu Hause hat. "Tobis Bedingung war: 'Wir machen die Nummer, wenn du auch mitmachst und einen Rap-Part übernimmst'", erzählt Martin. So schnell wird man vom Fitnesscoach zum Gangsta-Rapper...
"Bushido, Farid Bang, 187 Straßenbande - ich höre diese Musik, seit ich zwölf war. Deshalb fiel es mir relativ leicht, den Song zu schreiben und meinen Part zu rappen", erzählt der 28-Jährige. Die Zutaten für Gangsta-Rap funktionieren eben auch im beschaulichen Allgäu: Drugs, Crime, ein bisschen Prollgehabe. Text-Kostprobe: "Hänge im Solarium, Gesichtsbräune maximum, komme auf die Party, schlage deine Nase krumm..."
Kemptener, keine Sorge vor der Kettengang...
"Ich weiß schon, dass das Ganze sehr speziell ist. Aber es ist einfach nur Spaß und überhaupt nicht ernst gemeint. Der Text besteht aus ein paar Insidersprüchen aus unserem Freundeskreis, hat viele Bezüge zum Thema Fitnesstraining und orientiert sich an anderen Deutschrappern aus dem Genre", sagt Martin.
Bei seinen Leuten kommt die Nummer gut an - auch das Video, das Kumpel Alex alias Mayson mit den Jungs in einer Kemptener Lagerhalle und in einem Fitnessstudio drehte, erhält auf YouTube fast ausschließlich positive Kommentare.
Das schreit fast nach einer Fortsetzung - Gangsta-Rap made in Allgäu, Part 2, oder? "Mal schauen", lacht Martin. "Ich will's nicht ausschließen, aber es ist mal noch nichts geplant." Aber ein echter Gangsta-Rapper träumt nach einer ersten Nummer auf Spotify und iTunes doch bestimmt von Money, Fame und B*tches - um im Fachjargon zu bleiben? "Naja, vielleicht reicht's ja für ne Leberkässemmel", sagt Martin schmunzelnd. Typisch Allgäuer eben...
