Am Anfang stand ein in Eigenregie zusammengebastelter Handwagen. Damit fuhr Urgestein Bernhard Knappe (59) auf den Wochenmarkt und sammelte bei Händlern Obst und Gemüse ein, das nicht verkauft wurde. Fast 50 Tonnen Lebensmittel rettete er auf diese Weise – und das nur vom Wochenmarkt. Mittlerweile zieht ihre Initiative größere Kreise: Paletten mit knackigem Salat, Körbe voller Gebäck, frisches Gemüse und vieles mehr. Das übrige Essen aus Supermärkten, Bäckereien und Gemüseläden landet im "Fair-Teiler" beim Haus International – und kann dort zu den Öffnungszeiten abgeholt werden.

Ihr Ansporn: Lebensmittel retten – und damit die Welt ein kleines bisschen besser machen
Tanja Metzler (27) ist über einen Artikel des WWF auf Foodsharing aufmerksam geworden. „Ich habe dann direkt geschaut, ob es so was auch in Kempten gibt.“ So stieß sie auf den Fair-Teiler direkt neben dem Haus International. Ihr liegt das Thema Lebensmittelverschwendung sehr am Herzen. „Wir sind eine Gesellschaft, die alles im Überfluss hat. Viele wissen das gar nicht zu schätzen. Mein Ziel ist es, dass das Bewusstsein für Nahrungsmittel steigt“, sagt die gebürtige Augsburgerin. Mittlerweile sind sie und ihr Freund Thomas Köhl (29) fester Bestandteil der ehrenamtlichen Helfer.
Wir sind eine Gesellschaft, die alles im Überfluss hat. Viele wissen das gar nicht zu schätzen.Tanja Metzler
Rund 16 Leute beteiligen sich arbeitsteilig an der Rettungsmission. Ihr Ziel: Essen vor der Tonne retten – und das Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln stärken. Foodsharing sei zwar noch relativ unbekannt, aber das Potenzial in Kempten sei da. "Das ist noch wenig erschlossen. Es gibt noch so viele Hotels, Gaststätten und Caterer, die Lebensmittel wegschmeißen, weil sie von uns nichts wissen“, sagt Tanja Metzler. Die Foodsaver sind deswegen immer auf der Suche nach neuen Unterstützern.

Dabei sehen sie ihre Initiative nicht als Konkurrenzmodell zur Tafel – sondern als Ergänzung. „In erster Linie geht es darum, Lebensmittel zu retten. Wenn jemand kommt, der Hunger hat, weil er sich nichts kaufen kann, dann ist er natürlich herzlich eingeladen. Unser Hauptanliegen ist aber, Lebensmittelvernichtung zu verhindern - und nicht Bedürftige zu versorgen“, sagt Manfred Bauernfeins (67). Das Konzept sei trotzdem noch nicht bei allen angekommen. „Früher haben sich die Leute die Taschen so vollgestopft, dass das Essen wieder rausgefallen ist. Das war dann schon etwas paradox. Es gibt auch einige Leute, die uns nur als kostenlose Beschaffungsquelle betrachten.“ Das gehe zwar etwas an dem eigentlichen Foodsharing-Konzept vorbei, das Ziel bleibe aber, dass Essen nicht in der Tonne lande. Und das klappt hervorragend: „Lebensmittel zu retten ist einfach ein gutes Gefühl!“
Die größten Lebensmittelvernichter sind übrigens die privaten Haushalte. Damit bei Dir weniger im Müll landet, gibt’s hier acht praktische Tipps von den Lebensmittel-Experten Tanja und Thomas:
1. Schau vor dem Einkaufen in den Kühlschrank:
Wer auf die Schnelle einkaufen geht, läuft Gefahr, anschließend manche Sachen doppelt zu haben. Der obligatorische Blick in den Kühlschrank erfreut also nicht nur den Geldbeutel – sondern auch die Umwelt.
2. Erstelle einen Groben Essensplan für eine Woche:
„Immer wenn wir etwas kaufen, wissen wir auch, was wir damit kochen wollen. Das verhindert planloses Draufloskochen – da bleibt am Ende nur viel übrig.“
3. Schreibe einen Einkaufszettel:
Und dann auch wirklich nur das kaufen, was auf dem Plan steht – auch wenn Angebote sehr verlockend sein können. „Lieber habe ich mal zu wenig zu Hause, als zu viel. Notfalls kann man immer noch zur Tankstelle.“
4. Nehm das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht so ernst:
„Joghurt kann bis zu sechs Monaten länger halten, als auf der Verpackung steht.“ Bei vielen Lebensmitteln lasse sich an Aussehen und Geruch feststellen, ob sie noch gut sind. Im Zweifelsfall sollte man trotzdem auf Nummer sicher gehen und sie nicht mehr verzehren.
5. Geh nicht mit leerem Magen Einkaufen:
Wer kennt das nicht? Der Magen knurrt und Du stehst mit einem riesen Hunger vor dem Supermarktregal. „Da wandert schnell zu viel in den Einkaufskorb.“ Also: Erst essen – dann einkaufen!
6. Koch kreativ und verwerte Reste:
„Wenn du eine Tomate hast und nicht weißt, was du damit machen sollst, dann haust du sie eben in den Salat. Rührei mit Gemüseresten geht auch immer. Oder einfach alles zusammen schmeißen und Pasta dazu machen. Da muss man einfach kreativ sein!“ Also: Ran an den Herd und rein in die Pfanne!
7. Frier dein Essen ein:
Das Gefrierfach ist eine weitere Möglichkeit, Lebensmittel vor der Tonne zu retten. So werden sie länger haltbar - und lassen sich bei Bedarf einfach wieder auftauen.
8. Schraub deine Ansprüche runter:
„Wenn eine Karotte einen braunen Fleck hat, ist sie immer noch gut. Es muss nicht immer alles perfekt aussehen, das ist eine Illusion. Und wenn eine Gurke mal schief ist – auch kein Problem! Die Natur wächst eben, wie sie wächst. “
Wer trotz allem einmal zu viel im Kühlschrank haben sollte, kann sich natürlich gerne bei dem Fair-Teiler melden. Es gibt immer jemanden, der sich noch über das Essen freut! :-)