Die wichtigste Antwort vorneweg: "Nein, ich jucke nicht selbst in den Bach." Thomas Pfaus schmunzelt. Der Filmemacher und Drehbuchautor wuchs zwar in Memmingen auf, mit dem Heimatfest konnte er früher aber nicht viel anfangen. Bis er einen anderen Zugang fand. "Mich hat beeindruckt, wie der Fischertag die Menschen zusammenbringt. Egal ob jemand woanders studiert oder schon lange weggezogen ist, zu diesem Fest sind alle wieder in Memmingen."
"Einmal im Jahr kommen sie alle wieder heim", heißt es deshalb im Trailer zu "Fischertag - Der Film". Dieser Gedanke stand am Anfang seines Projekts. "Der Fischertag ist die Klammer. Eine Gruppe von früheren Freunden trifft sich wieder. Doch nicht alle sind sich wohlgesonnen. Es kommt zum Streit - bis es völlig eskaliert." Viel mehr will der 42-Jährige noch nicht verraten. Nur so viel: Es wird blutig, jemand kommt ums Leben.
Ein Heimatkrimi also? "Mit Kommissar Kluftinger oder generell dem Heimatgenre hat es nicht viel zu tun. Sagen wir so: Es ist ein Krimi, der in Memmingen spielt. Ich wollte einfach eine gute Geschichte erzählen, die sich vor unserer Kulisse abspielt."

Bewusst regional ist nahezu alles an Pfaus' ambitioniertem Projekt - schon allein aus Budgetgründen. Finanziert wird der Film, für den er 50.000 bis 60.000 Euro Ausgaben veranschlagt hat, ausschließlich durch Spenden einheimischer Sponsoren. Sie werden in die Dreharbeiten einbezogen - sei es mit Logos auf den Klamotten des Regisseurs oder mit diversen Auftritten als Komparsen.
Pfaus, der seit zwei Jahren eine Videoproduktionsfima für Kinowerbung, Messe- und Imagefilme betreibt, beschäftigt fast ausschließlich Laiendarsteller aus Memmingen und der Umgebung. "Ich habe einfach Bekannte angesprochen, von denen ich dachte, dass sie mit ihrem Charakter gut in eine Rolle passen. Der Stille hat einen ruhigeren Part, der Draufgänger ist der Draufgänger. Das passt wunderbar."
Rund 35 Personen sind inzwischen in seiner Whatsapp-Gruppe zum Film, wobei sich die Aufgaben vor und hinter der Kamera vermischen. "Es kümmert sich auch mal ein Darsteller um den Ton." Denn eines haben fast alle Beteiligten gemeinsam: Sie arbeiten "nur" nebenbei an dem Film, quasi ehrenamtlich. Dennoch - oder gerade deshalb - hängen sich alle voll rein, auch wenn die Drehtage lang und anstrengend werden. Denn: "Ich will einen guten Film machen", sagt Pfaus entschlossen.
Und dafür geht er ungewöhnliche Wege. Wie neulich, als für seine Dreharbeiten die kleine Rosengasse in der Innenstadt für einige Stunden gesperrt werden musste. "Da standen mehrere Rettungswagen, Feuerwehr- und Polizeiautos rum, die in der Szene eine Rolle spielten", erklärt der Filmer. Möglich ist das nur, weil Pfaus als ehemaliger Leiter der Memminger Rettungsdienststelle des Roten Kreuzes gute Kontakte zu den entsprechenden Stellen und Behörden pflegt. "Die Leute kennen mich." Für seinen blaulichtlastigen Film ein Vorteil. "Die Zusammenarbeit mit der Stadt läuft gut", lobt er. "Natürlich muss ich ein paar Mails schreiben und schildern, was ich vorhabe, aber dann wird mir vieles ermöglicht."
Genauso eingespielt ist auch die Zusammenarbeit mit dem Fischertagsverein, dessen Medienarbeit Pfaus inzwischen übernommen hat. "Die Vorstandschaft kennt das Drehbuch und schaut drauf, dass alles, was im Film mit dem Fischertag zu tun hat, seine Richtigkeit hat." Um den Rest kümmert sich der Selfmade-Mann. "Selbstständig - also im wahrsten Sinne selbst UND ständig", umschreibt er sein Arbeitspensum. Da müssen auch schon mal die Autos des dreifachen Familienvaters herhalten. "Eines habe ich als Polizeiwagen beklebt. Anders wären meine Requisiten nicht zu finanzieren. Neulich fuhr ich damit in die Stadt und wurde von einem Passanten angesprochen, der bei mir eine Anzeige machen wollte. Dabei ist das Auto nur blau und gelb, nicht mal der Schriftzug Polizei klebt drauf", erzählt er schmunzelnd.
Bis Ende des Jahres will er alle Aufnahmen für seinen Film im Kasten haben, danach geht's weiter mit Schnitt, Vertonung, Filmmusik und Marketing. Wenn alles glatt läuft, soll der Krimi in der zweiten Jahreshälfte 2019 Premiere im Cineplex-Kino feiern. Für die Memminger ist nächstes Jahr also gleich zweimal Fischertag. Darauf ein dreifaches Höh!
Schon zu Beginn der Dreharbeiten merkte Pfaus, welche Rolle der Fischertag für die Memminger hat. Denn die meisten seiner Laienschauspieler sind von dort. Eine Woche nach dem "echten" Fischertag drehte er die Bach-Szenen mit Darstellern und knapp 100 Statisten. "Für viele war es ein komisches Gefühl. Beim Fischertag geht es ganz viel um Tradition und Ehre. Mein Schwager etwa meinte zu mir, er kann doch nicht an einem anderen Tag als am echten Fischertag in den Bach jucken", erzählt der Filmemacher lachend.