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Zweimal um die Welt: Diese beiden Allgäuer haben in 148 Ländern gespielt - jetzt zeigen sie Dir ihre Erlebnisse

Pianotainment im Interview

Zweimal um die Welt: Diese beiden Allgäuer haben in 148 Ländern gespielt - jetzt zeigen sie Dir ihre Erlebnisse

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    Marcel Dorn (l.) und Stephan Weh bereisen als international erfolgreiches Klavier-Duo "Pianotainment" die Welt. Trotz unzähliger Erlebnisse: Alt werden wollen sie im Allgäu. Aktuell gibt es eine Ausstellung ihrer Reisebilder im Theater in Kempten, wo beide am 29.12. auch ein Konzert spielen.
    Marcel Dorn (l.) und Stephan Weh bereisen als international erfolgreiches Klavier-Duo "Pianotainment" die Welt. Trotz unzähliger Erlebnisse: Alt werden wollen sie im Allgäu. Aktuell gibt es eine Ausstellung ihrer Reisebilder im Theater in Kempten, wo beide am 29.12. auch ein Konzert spielen. Foto: Pianotainment (Collage: Stefan Beckmann)

    Frage: Marcel, Ihr selbst sagt, dass Ihr im Ausland bekannter seid als im Allgäu. Wie würdest Du "Pianotainment" all denen beschreiben, die noch nie etwas von Euch gehört haben?

    Marcel Dorn: Wir sind zwei Allgäuer Pianisten, die seit 22 Jahren im Showbiz sind und nahezu alles erlebt haben. Bei uns ist alles auf das vierhändige Klavierspiel ausgerichtet, allerdings weniger mit Klassikcharakter, sondern in alle Richtungen. Wir spielen auch Pop, Jazz, interkulturelle Songs und arrangieren jedes unserer Stücke selbst. Es ist eine richtige Pianoshow mit viel Humor und Unterhaltung - in einer Minute Bühnenprogramm steckt die Arbeit von Wochen und Monaten.

    Neben den Show- und Überraschungseffekten legen wir viel Wert auf technische Raffinessen. An unserem Flügel sind mehrere Full-HD-Kameras verbaut, die via Leinwand Fingerspiel, Gestik und Mimik bis in die letzte Zuschauerreihe verfolgen lassen. Außerdem gibt es natürlich immer wieder auch Videos und Bilder von unseren Reiseerlebnissen rund um den Globus.

    Inzwischen seid Ihr auch Blogger und lasst auf Eurem Reiseblog www.alwaysontour.com alle an Eurem Leben teilhaben...

    Marcel: Ja, wir haben so viel gesehen und erlebt, dass wir gesagt haben, das müssen wir mit den Leuten teilen. Inzwischen macht das einen großen Teil unseres Lebens auf Reisen aus. Anfang 2018 haben wir unsere 50. Kreuzfahrt gemacht. Wir waren für über zehn Reedereien auf den Weltmeeren unterwegs, spielen auf Kreuzfahrten einmal pro Woche vor über 1.000 Leuten im großen Saal. Die restlichen Tage sind wir vor allem damit beschäftigt, an den Häfen rauszugehen, zu fotografieren und die Blogeinträge zu schreiben.

    Musiker wollen viele werden, doch kaum einer kommt damit an so viele Orte, wie Ihr es geschafft habt. Wie kam es dazu?

    Marcel: So ein Lebensweg lässt sich nicht ansatzweise planen. Ich kann mich noch heute an den Tag erinnern, als Stephan und ich uns das erste Mal getroffen haben. Es war der 1. Juli 1996. Am Vorabend wurde Deutschland Fußball-Europameister - und wir beide wurden am Montag in Kempten bei den Gebirgssanitätern zum Wehrdienst einberufen. Es war schnell klar, dass wir uns gesucht und gefunden haben: Wir waren die beiden einzigen, die sich nicht nur für Saufen, Autos und Frauen interessiert haben - wir wollten Klavierspielen (lacht). Unsere ersten improvisierten Auftritte hatten wir dann in Kneipen wie dem damaligen "Klimbim" in Kempten.

    Konzerte in Göggingen und Kempten

    Am 29. Dezember (19 Uhr) spielen "Pianotainment" im Theater in Kempten (TiK). Das Konzert ist allerdings nahezu ausverkauft. Wer die Show mit vielen Höhepunkten aus Klassik, Filmmusik, Pop, Jazz und Blues sehen möchte, hat bereits am Freitag, 21.12., in Augsburg (Parktheater im Kurhaus Göggingen, 19.30 Uhr) die Möglichkeit -

    Tickets gibt es hier

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    Noch bis Anfang 2019 gibt es im Theater-Foyer in Kempten eine Ausstellung mit den schönsten Reisefotos der beiden Pianisten - großformatig präsentiert (zugänglich bei allen Veranstaltungen im Theater, Eintritt kostenlos).

    Von dort ist es aber ein weiter Weg bis in die Deutschen Botschaften nach Indien oder Sri Lanka, wo Ihr zuletzt gespielt habt...

    Marcel: Wir haben bei unseren ersten Auftritten in den 90ern schnell gemerkt, dass wir uns damit Freigetränke oder sogar ein bisschen Geld verdienen können. Als nächstes haben wir für ein paar Hundert Mark in Allgäuer Hotels gespielt, zum Beispiel in der Sonnenalp. Das war eine harte Schule, in der wir viel gelernt haben: Die Touristen saßen gelangweilt in der Lobby und hatten zwei Möglichkeiten: uns oder die Bar. Wir mussten immer spannender sein als ein kühles Bier (lacht). Später haben wir Engagements in Südtirol oder St. Moritz bekommen und unsere ersten Reiseerfahrungen gemacht. Es gibt aber noch einen speziellen Tag, der wegweisend für "Pianotainment" war...

    Welcher denn?

    Marcel: Am 31. März 2007 buchte uns Flügelhersteller Blüthner für Auftritte an seinem Stand auf der Frankfurter Musikmesse. Wir haben uns den ganzen Tag über die Finger wund gespielt, dabei unseren späteren chinesischen Tourmangager kennengelernt, eine Italientournee, drei Auftritte im Iran vereinbart und Kontakte nach Dubai geknüpft. Seitdem sind wir ebenso viel Reisende wie Musiker.

    Bis heute habt Ihr 14 China-Tourneen gespielt - einmal unter anderem in einem Stadion vor 5.000 Menschen. Welche Konzerte sind Dir sonst noch in Erinnerung geblieben?

    Marcel: Außergewöhnlich war sicherlich ein Auftritt in der Skihalle in Dubai. Draußen hatte es 45 Grad, drinnen minus 5. Der Temperaturunterschied war für uns knackig, für unseren Flügel war er "lebensbedrohlich": Sie haben ihn drei Tage lang in Etappen in die Halle rein und dann drei Tage lang wieder raus (lacht). Bei der Gala des MAN-Konzerts haben wir vor Skistars wie Aksel Lund Svindal und Maria Riesch gespielt. Sie sind vor Publikum den Hang hinunter gefahren und immer wenn sie wieder im Lift nach oben waren, hieß es für uns "Handschuhe aus" und ran an die Tasten.

    Zur Person

    Seit 22 Jahren sind der gebürtige Memminger Stephan Weh (42) und der Kemptener Marcel Dorn (41) als "

    Pianotainment

    " unterwegs. Weh ist gelernter Kaufmann, Dorn ist Jurist und arbeitete vor der Karriere als Profimusiker am Münchner Amtsgericht. Beide sind verheiratet, haben je zwei Kinder und leben mit ihren Familien im Allgäu - auch wenn sie eigenem Bekunden nach "manchmal mehr unterwegs als zu Hause sind. Zum Glück gibt es Skype. Und wenn es geht, nehmen wir unsere Frauen und Kinder auch mal mit auf Reisen."

    Welche Erlebnisse außerhalb der Konzerte sind haften geblieben?

    Marcel: Kurioserweise auch in Dubai. Unser deutscher Fahrer sollte uns zum nächsten Konzert nach Al-Ain an der Grenze zum Oman bringen. Leider fiel ihm nichts besseres ein, als sich im Verkehrschaos von Dubai mit einem Scheich im Maserati anzulegen und dem den Mittelfinger zu zeigen (lacht). Mitten in der Wüste wurden wir dafür aus dem Verkehr gezogen und haben die nächsten Stunden auf einer Polizeiwache verbracht. Das war übrigens das einzige Konzert in 22 Jahren, das wir verpasst haben. Ansonsten haben wir sogar schon in Caracas/Venezuela, der gefährlichsten Stadt der Erde, und in El Salvador, dem gefährlichsten Land der Welt, gespielt.

    Sicherlich ein Unterschied zum beschaulichen Allgäu...

    Marcel: Wichtigste Verhaltensregel: Gehe niemals auf die Straße, auch nicht am helllichten Tag. Zum Glück wartete schon am Flughafen eine gepanzerte Limousine der deutschen Botschaft auf uns. Das Auswärtige Amt ist inzwischen unser größter Auftraggeber.

    Wie kommt es dazu?

    Marcel: Wir verbinden die Auftritte in den Botschaften oder Generalkonsulaten des Landes immer mit unseren Kreuzfahrten. Wenn wir dank der Reederei eh schon vor Ort sind, können wir auch vor Diplomaten, der deutschen Schule oder an der Uni auftreten und sparen dem Amt die Reisekosten. Damit sind wir ein gefundenes Fressen für jeden Kulturtopf einer Botschaft (lacht). Auf diese Weise haben wir schon vor Diplomaten in Jamaika, Trinidad-Tobago oder zuletzt in Indien gespielt.

    Mit Wortwitz und Humor unterhalten die beiden ihr Publikum - egal in welchem Land. Marcel (r.) spricht mehrere Sprachen und inzwischen sogar "passables Bühnenchinesisch".
    Mit Wortwitz und Humor unterhalten die beiden ihr Publikum - egal in welchem Land. Marcel (r.) spricht mehrere Sprachen und inzwischen sogar "passables Bühnenchinesisch". Foto: Peter Franke

    Wie geht Ihr an ein Publikum heran? Es ist doch sicher ein Riesenunterschied, ob man im heimischen Allgäu, vor Schulkindern in Jakarta oder vor Politikern in Neu-Dehli spielt?

    Marcel: Sicherlich. Das ist die größte Herausforderung, das Publikum zu antizipieren. Auf einem großen britischen Kreuzfahrtdampfer vor 1.000 Engländern ist ein feinsinnigerer Humor gefragt als beispielsweise in Asien. In China ist der Humor kindlicher - da reicht es oft schon, wenn ich auf dem Weg zum Flügel stolpere. Wenn ich das vor den Briten mache, ist der Abend gelaufen (lacht)...

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    Hand aufs Herz: In welchem Land, auf welchem Kontinent fühlst Du Dich am wohlsten?

    Marcel: Ich bin gerne in Asien. Die tollste Kreuzfahrt war unsere erste, eine Expedition nach Melanesien. Da sind wir auf Schlauchbooten über die Flüsse von Papua-Neuguinea gefahren. Ansonsten muss ich aber sagen, wie toll wir es hier in Europa haben. Alles ist sauber, die Entfernungen so nahe beieinander. Gerade bei uns im Allgäu leben wir doch wie im Paradies! Die Natur, die Luft... Wenn ich durch Dehli laufe, kann ich kaum atmen - in jedem Zimmer pumpt ein großer Luftreiniger. Da kommt mir die Diskussion über unsere Dieselrichtwerte hierzulande fast lächerlich vor (lacht).

    Am 29.12. kann man Euch im Theater in Kempten seit längerem wieder vor Heimpublikum hören. Wie speziell ist für Euch so ein Auftritt "daheim"?

    Marcel: Sehr. Wir sind auch schon tierisch aufgeregt. Es ist einfach etwas ganz Besonderes, vor unseren Freunden und Familien zu spielen. Wir sind seit Wochen am Proben und haben uns viele Überraschungen einfallen lassen. Außerdem gibt es natürlich unsere gesammelten Reiseerlebnisse an der Leinwand und vor dem Konzert in der Ausstellung im Foyer des Theaters zu bestaunen.

    Zwei Tage später ist Silvester: Gibt es nach so vielen Erlebnissen noch einen Wunsch für die Zukunft? Was will "Pianotainment" noch erleben?

    Marcel: Ich bin unendlich dankbar für alles, was wir schon erleben durften. Wir gehen seit 22 Jahren gemeinsam durch dick und dünn und können uns aufeinander verlassen. Wenn ich eine Sache bennenen muss: Ein Auftritt in Las Vegas, im Herzen und Mutterland des Showbiz, wäre vielleicht noch etwas, das ich gerne einmal machen würde. Mal schauen (lacht)...

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