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Zwischen Stall und Sitzung: "Ich bin Bauer - und seit fast 30 Jahren Bürgermeister."

Gregor Bayrhof

Zwischen Stall und Sitzung: "Ich bin Bauer - und seit fast 30 Jahren Bürgermeister."

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    Bauer und Bürgermeister: Gregor Bayrhof ist noch bis Frühjahr Gemeinde-Oberhaupt in Hopferau.
    Bauer und Bürgermeister: Gregor Bayrhof ist noch bis Frühjahr Gemeinde-Oberhaupt in Hopferau. Foto: Tobias Schuhwerk

    Kräftiger Händedruck, tiefe Stimme, schelmisches Lächeln: Gregor Bayrhof ist ein bayerischer Dorf-Bürgermeister wie aus dem Bilderbuch. Einer, der jeden Spaß mitmacht, aber das große Ganze im Blick behält. Doch bald ist Schluss. Auf eigenen Wunsch. Am 17. März wird ein Nachfolger für Bayrhof gewählt. Mit allgaeu.life sprach der Bauer ("das Wort gefällt mir besser als das 'Landwirt'") und Bürgermeister über:

    Hohe Tiere: "Die hab ich nie gescheut." Weder als Bauer mit 40 stattlichen Kühen im Stall, noch als Politiker. Großspuriges Auftreten kann Bayrhof nicht leiden. Sein Credo: "Wer nur dirigieren will, kommt nicht weiter. Wenn ich was erreichen will, muss ich mit anderen anständig umgehen." Verhandlungsgeschick lernte der junge Bayerhof als Vorsitzender der Sennereigenossenschaft. Später saß er 12 Jahre im Gemeinderat, "fuchste" sich in die Lokalpolitik ein und reifte zu einer festen Größe. Ohne sich selbst als "hohes Tier" zu geben.

    Schloss Hopferau steht wieder in voller Blüte: Im Vorjahr wurde das 550-jährige Bestehen mit verschiedenen historischen Gruppen gefeiert.
    Schloss Hopferau steht wieder in voller Blüte: Im Vorjahr wurde das 550-jährige Bestehen mit verschiedenen historischen Gruppen gefeiert. Foto: Anton Reichart

    Höhepunkte: Bayrhof zählt die Rettung von Schloss Hopferau dazu. Das älteste Ostallgäuer Schloss (erbaut 1468) stand zwei Jahre lang leer und drohte zu verwahrlosen, bis 2011 endlich ein neuer Besitzer gefunden wurde. Seither wird es vom schwäbischen Unternehmer Bernd Rath erfolgreich als Tagungsstätte und Hotel betrieben. Die Sanierung der Mauer sowie den Bau von Parkplätzen übernahm die Gemeinde. "Heute ist es ein Vorzeigestück", freut sich Bayrhof.

    Schlappen: "Es ist mir in all den Jahren nicht gelungen, Grund und Boden für ein größeres Baugebiet oder ein Gewerbegebiet zu bekommen", sagt Bayrhof. Die Verhandlungen mit drei Grundstückseigentümern scheiterten immer wieder. "Das wurmt mich bis heute."

    Familie: Als vor 30 Jahren der Abschied des damaligen Bürgermeisters nahte, wurde fieberhaft nach einem Nachfolger gesucht. Immer wieder fiel der Name Bayrhof. Viele wünschten sich, dass er der neue, starke Mann im Ort wird. Bayrhofs überraschende Reaktion: "Da muss ich meine Frau fragen!" Erst nachdem die Familie einwilligte, sagte er zu. "Ohne die Unterstützung wär's auf dem Hof nicht gegangen. Dafür bin ich sehr dankbar", sagt der Vater von vier erwachsenen Kindern und Großvater von elf Enkeln.

    Klare Kante: Gerade am Anfang schlauchte Bayrhof das Bürokraten-Deutsch. "Manche Sachen hab ich schlichtweg nicht verstanden." Dann rief er schon mal den Verfasser an und polterte: "Und jetzt verrat'sch mer mol, was Du mir sagen willsch!" Energisch trieb er auch seine Projekte voran. In seiner ersten Amtsperiode wurden Kanal- und Wasserleitungen flächendeckend (17 Kilometer) ausgebaut. "Das haben wir knallhart durchgezogen", erinnert er sich. Auch manche Anektdote bleibt mit seinem Namen verbunden. Als ihm einmal ein Anwalt im Streit um eine Widmung einen seitenlangen Brief schrieb, antwortete er mit vier Sätzen. "Die enthielten kein Blabla, sondern nichts als die Wahrheit. In klarem Deutsch", sagt Bayrhof. Von dem Anwalt hörte er nie mehr.

    Für den Faschingsdienstag-Umzug in Hopferau steht Bayrhof persönlich gerade.
    Für den Faschingsdienstag-Umzug in Hopferau steht Bayrhof persönlich gerade. Foto: Norbert Plattner

    Narrenretter: Entschlossen reagierte der Bürgermeister auch, als vor ein paar Jahren der Faschingsumzug entfallen sollte. Der neue Vorsitzende des ausrichtenden Vereins wollte ihn wegen ungeklärter Haftungsfragen absagen. Kommt nicht infrage, rief Bayerhof. Nach einigem Hin und Her sprang er schließlich selbst ein - und übernimmt seither persönlich die Verantwortung für Nachtumzug und Faschingsdienstagsumzug.

    Doppelbelastung: Die hat Bayrhof nie empfunden. Bauer und Bürgermeister zu sein, passte für ihn perfekt. "Wenn ich aus der Gemeinde raus bin, dann ging's heim auf den Hof. Da waren wieder ganz andere Dinge gefordert." So sei jeder Tag spannend und abwechslungsreich gewesen.

    Coolness: "Manchmal hatte ich meine Faust schon geballt", verrät der scheidende Bürgermeister mit Blick auf die eine oder andere Debatte im Gemeinderat. "Aber ich hab' sie immer in der Hosentasche gelassen. Mit Freundlichkeit kommt man weiter." Wenn sich alle die Köpfe heiß redeten, blieb Bayrhof cool - und verschob ein Thema einfach auf die nächste Sitzung. Bis dahin hatten sich alle wieder beruhigt.

    Zukunft: Viele Berufspolitiker fallen in ein Loch, wenn sie nichts mehr zu melden haben. Nicht so Gregor Bayrhof. Ab Mai beginnt ein neuer Lebensabschnitt für ihn. Dann will er endlich mit seiner Frau nach Südtirol reisen und den Gutschein einlösen, den das Paar vor zwei Jahren zur Goldenen Hochzeit geschenkt bekommen hat. In Hopferau werden sie ihn vermissen. Nicht nur, wenn das Allgäuer Original im Urlaub weilt. Wie hatte doch Schlossherr Bernd Rath schon beim Neujahrsempfang die Stimmung auf den Punkt gebracht: "Ohne melancholisch zu werden, aber Du fehlst mir jetzt schon."

    Infobox: Ehrenamtlicher Bürgermeister

    Die meisten Bürgermeister im Allgäu (nämlich 83) arbeiten heute hauptberuflich. Nur noch 61 Rathaus-Chefs in den Landkreisen Ober-, Ost- und Unterallgäu sowie Lindau sind ehrenamtlich aktiv, so wie Gregor Bayrhof.

    Diese gehen in ihrem Ehrenamt indes nicht "leer aus", sondern enthalten Aufwandsentschädigungen. In einer Gemeinde mit 1.001 bis 3.000 Einwohner, dazu zählt Hopferau, sind dies mindestens 2.900 Euro. Den genauen Betrag legt der jeweilige Gemeinderat nach der Bürgermeisterwahl fest. (az)

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