
Die Herkunft aus ländlichen Verhältnissen prägt und erdet Ina Müller zugleich. Nach einem finalen Trommelwirbel fällt buchstäblich der illuminierte, haushohe Vorhang. Strahlend steht die hellblonde Künstlerin inmitten ihrer siebenköpfigen Band, die ebenso dezent und elegant wie ihre Bandleaderin in feinem Schwarz steckt. Wuchtig, auf den Takt genau sowie perfekt abgemischt intonieren sie gemeinsam den Song „Zimmer 410“ aus ihrer aktuellen CD „Ich bin die“.
„Wer schlief hier, wer rief hier im Bett den falschen Namen / Was ist inzwischen wohl gescheh’n in Zimmer 410?“, fragt Ina Müller, mit festem Blick auf ihr Publikum gerichtet, retrospektiv und beinahe flehentlich. Doch bevor sich in den Köpfen der Angesprochenen weitere Spekulation manifestieren können, werden sie von ihrer Gastgeberin mit Schmeicheleien an die Hand genommen und auf das Feld der Comedy entführt.
Das Thema: Der Geschlechterkampf. Diesmal im Fokus: Die aussterbende Spezies Mann – eine evolutionäre Selbstkorrektur. Aber bei all der augenzwinkernden Lästerei über das „schwächere Geschlecht“ wird schnell klar, dass es sich um charmant verpacktes Kokettieren handelt.

Denn eines kristallisiert sich im Laufe des Abends heraus: Ohne Männer könnte eine Ina Müller nicht sein. Und so wechselt die 51-jährige Künstlerin in ihrem fast dreistündigen Programm zwischen ungeschminkter Ehrlichkeit gegenüber dem eigenen Altern, verfehlter Damenbinden-Werbung, überflüssigen Höflichkeitsfloskeln, die man locker mit dem Besitz einer Peitsche umgehen könnte und Songs aus ihrem aktuellen Album.
Die Stücke stecken voller Wehmut, Rückblicke auf das eigene Leben, Wege und Pfade, die man nicht gegangen ist und „Was wäre wenn“-Fragen. Besonders in dem Stück „Wie du wohl wärst“ kommt dies zum Tragen, in dem sich die kinderlose Ina Müller fragt, was für einen Sohn oder eine Tochter sie wohl großgezogen hätte.
Doch bevor der Blues die Band oder das Publikum übermannen kann, tänzelt Ina Müller, trotz schwarzer High Heels mit Pfennigabsätzen, bereits wieder mit der Energie und Lässigkeit eines jungen James Brown über die Bühne und setzt zu einem neuen Scherz an. Genau dieses Wechselspiel aus gelebter Wehmut, herzerfrischender Lebensfreude und Selbstironie macht die Intensität und Intimität des Abends aus, der für alle viel zu schnell vergeht.