Normalerweise gelten Schweizer ja als die Pünktlichkeit in Person. Doch davon konnte am Dienstag (18.6.) nicht die Rede sein, als der weiß-rote Hubschrauber am Himmel über dem Breitenberg auftauchte. Um kurz nach elf Uhr, und damit fast vier Stunden später als vorhergesagt, erreichte die Spezialmaschine das Ostallgäu. Ein Murenabgang in der Nähe von Landeck (Tirol) war dazwischen gekommen. Und auch da wurden die Dienste des Schweizer Unternehmens Rotex benötigt.
Die Steigung beträgt an manchen Stellen bis zu 40 Grad. Das macht die Aufarbeitung der Schäden für Arbeiter sehr gefährlich.Simon Östreicher vom AELF
Die Firma hat sich mit ihrem Helikopter vom Typ Kaman auf Lastentransporte im Gebirge spezialisiert – und der ist dieser Tage gefragt wie selten zuvor. Kein Wunder: Hat doch der Föhnsturm „Vaia“ im vergangenen Herbst für große Schäden in Waldgebieten im gesamten Alpenraum gesorgt. So auch in Pfronten.
„Am Kienberg sind etwa 1,5 Hektar betroffen“, sagt Simon Östreicher vom Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF). Er ist Betriebsleiter im Pfrontener Gemeindewald und den hat es im Herbst an zwei Stellen besonders schlimm erwischt: am Falkenstein und eben am Kienberg. Problem dabei: „Die Steigung beträgt an manchen Stellen bis zu 40 Grad“, sagt Östreicher. „Das macht die Aufarbeitung der Schäden für Arbeiter sehr gefährlich.“ Deswegen entschied man sich dazu, Unterstützung aus der Luft anzufordern.
Damit sich der Schädling nicht ausbreitet
Eine kostspielige Angelegenheit. Schließlich verschlingt eine Rotation, also der Flug des Helikopters vom Tal an den Berg und wieder zurück, 170 Euro netto. Aber laut Östreicher war Eile geboten: „Sonst hätte sich der Käfer ideal ausbreiten können und es wären noch größere Schäden zu beklagen gewesen.“
Schweizer Heli-Einsatz

Ein Prozedere in Windeseile
Das Prozedere an diesem Vormittag ist derweil recht simpel: Der Helikopter fliegt mit seinem Tau an den Berg, unten befestigen zwei Arbeiter die Stämme an dem Seil. Dann transportiert der Hubschrauber die Stämme zu einem festen Abladepunkt im Tal. Und dort kümmert sich ein Spezialgerät („Harvester“) um die Aufarbeitung der Stämme. Das dauert jeweils nur wenige Minuten. Am Ende des Tages werden es 400 Festmeter Holz sein, die auf diese Weise den Weg ins Tal finden.
Ob man die morschen Stämme nicht hätte einfach so liegen lassen können? Pfrontens Bürgermeisterin Michaela Waldmann verneint. „Schließlich verläuft in der Nähe ein Wanderweg, der insbesondere von Einheimischen häufig begangen wird“, sagt sie und spricht in diesem Zusammenhang von einem „sensiblen Gelände.“ Die mikadoähnlich liegenden Stämme wären wohl ansonsten zu einer Gefahr für den Menschen geworden.
Wie es jetzt weitergeht? „Erstmal soll der Hang zur Ruhe kommen“, sagt Jochen Kunz von der Fachstelle Schutzwaldmanagement beim AELF. Dann sei geplant, wieder mit der Aufforstung der gerodeten Bereiche zu beginnen. Bauarten wie Bergahorn, Fichte, Tanne oder Lerche sollen angepflanzt werden. Die Herausforderung bestehe dann dabei, einen Verbiss durch das Wild zu verhindern. „Das wird eine Herausforderung vor allem für die Jäger“, meint auch Waldmann. Schließlich sind die entsprechenden Bereiche am Kienberg sehr abschüssig und schwer erreichbar.
Für den weiß-roten Heli geht es indes am Abend noch weiter ins Oberallgäu. Dort wartet schon der nächste Auftrag. Mit etwas Verspätung.