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Die Gründe für das Enten-Drama am Mühlbach in Landsberg

Landsberg

Enten-Familie in Landsberg: Das sind die Gründe für den Tod von sechs Küken

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    Auf der Suche nach Futter schwimmt diese Entenmama mit ihren Küken bis kurz vor den Rechen der Turbine am Mühlbach in Landsberg.
    Auf der Suche nach Futter schwimmt diese Entenmama mit ihren Küken bis kurz vor den Rechen der Turbine am Mühlbach in Landsberg. Foto: Christian Rudnik

    Die Entenküken vom Landsberger Mühlbach beschäftigen weiterhin unsere Leserinnen und Leser. Für die kleinen Tierchen, die an Ostern auf einer privaten Terrasse geschlüpft sind, stellen die Turbinen im Kraftwerk der Lechwerke eine tödliche Gefahr dar. Die Lechwerke haben auf Empfehlung von Fachleuten Schutzmaßnahmen ergriffen und zwischenzeitlich die Fließgeschwindigkeit des Mühlbachs reduziert. Jetzt soll sie wieder auf das Normalmaß erhöht werden. Denn nach Ansicht der Experten sind die Küken jetzt so groß, dass sie nicht mehr durch den Rechen in die Turbine gezogen werden können.

    Seit zwei Jahren brütet eine Stockente auf der Terrasse von Rainer Makowski am Mühlbach. An Ostern schlüpften elf Küken. Wie in den Jahren zuvor schwamm ihre Mutter mit ihnen zu den Rechen, weil sich dort Futter sammelt. Doch in diesem Bereich bilden sich Strudel, die die Küken in die Turbinen ziehen. Als Reaktion auf die Ereignisse im Vorjahr, als etliche Küken in die Turbine gezogen wurden und starben, entwickelten die Lechwerke in Zusammenarbeit mit der Tierökologin Dr. Sonja Kübler einen Schutzvorhang aus Seilen und Plastikflaschen, der die Jungtiere von den Turbinen fernhalten soll. Dieser wurde im August angebracht. Zudem wurde auch ein Entenausstieg angebracht.

    Der Vorhang aus Flaschen am Mühlbach hat nicht die erhoffte Wirkung

    Heuer wurde der Schutzvorhang Ende März angebracht. Doch der Vorhang hatte nicht die erhoffte Wirkung. Die Flaschen verhedderten sich und ließen ausreichend Platz zum Durchschwimmen. Und so musste Rainer Makowski mit anschauen, wie eines der Küken in die Turbine gezogen wurde. Kurz danach reduzierten die Lechwerke die Fließgeschwindigkeit des Mühlbachs auf ein Mindestmaß, wie deren Pressesprecher Ingo Butters sagt.

    Mittlerweile sind von den elf Küken nur noch fünf übrig. Das bestätigten auch Leser unserer Zeitung. Ein Leser schilderte uns, dass die Küken munter zwischen dem Vorhang aus Flaschen hin und her schwimmen, ein anderer beobachtete, wie eines der Jungtiere in die Turbine gezogen wurde. Am Freitag filmte unsere Redaktion, wie eine Entenmama mit zwei Jungtieren vor dem Rechen nach Nahrung suchte. Tatsächlich fanden sie Semmel-Stücke, mit denen sie von der Turbine wegschwammen.

    Am 16. Mai fand ein Ortstermin am Mühlbach in Landsberg statt

    Pressesprecher Ingo Butters betont, dass sein Unternehmen die Sache sehr ernst nehme. Man verlasse sich auf den Rat der Fachleute. Alle Entscheidungen würden zudem in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt abgestimmt. Das bestätigt auch Landratsamtssprecher Wolfgang Müller. Zuletzt hatte es am 16. Mai einen Ortstermin gegeben, mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt, der Stadtwerke, der LEW Wasserkraft sowie dem Tierökologen Dr. Knut Neubeck. Die Entenmutter und ihre verbliebenen fünf Jungtiere befanden sich damals im Bereich vor dem Kraftwerk. „Die Entenküken wirken gesund, kräftig und zeigen ein deutliches Größenwachstum“, schreibt der Tierökologe in einer Stellungnahme. Aufgrund der Entwicklung der Jungtiere wurde drei Tage später der Durchfluss am Mühlbach wieder erhöht.

    Knut Neubeck geht in seiner Stellungnahme auf die Schutzmaßnahmen ein. „Der Flaschenvorhang erfüllt keine abschreckende Funktion, die Enten umgehen ihn entweder durch seitliches Passieren oder durch Untertauchen.“ Im Rahmen der fachlichen Diskussion seien zusätzliche Schutzmaßnahmen wie schwimmende Barrieren oder hängende Vorhänge erörtert worden. Diese seien jedoch verworfen worden, da sie keinen dauerhaften oder sicheren Schutz böten. Zusätzlich könnten an diesen Barrieren Futterreste angelagert werden, was die Tiere gezielt in den Gefahrenbereich locken könnte.

    Der Vorhang aus Plastikflaschen am Mühlbach in Landsberg stellt für die Enten kein Hindernis dar.
    Der Vorhang aus Plastikflaschen am Mühlbach in Landsberg stellt für die Enten kein Hindernis dar. Foto: Christian Rudnik

    Und wie erklärt sich der Tierökologe, dass von elf Küken nur noch fünf am Leben sind. „Die in den vergangenen Wochen beobachtete Abnahme der Zahl der Entenküken kann aufgrund des auf ein absolutes Minimum reduzierten Durchflusses nicht auf das Kraftwerk zurückgeführt werden“, schreibt er in seiner Stellungnahme. Vielmehr sei davon auszugehen, dass natürliche Feinde wie Katzen, Greifvögel, Marder, Ratten, Hunde oder Fische (Hechte) für den Rückgang verantwortlich sind. „Solche Verluste sind leider nicht ungewöhnlich in der Natur, insbesondere in urbanen Gewässerräumen mit eingeschränkten Rückzugsmöglichkeiten.“

    Experte: Kanalbereich kein geeigneter Aufwuchsort für Entenküken

    Knut Neubeck kommt zu dem Schluss, dass der Kanalbereich kein geeigneter Aufwuchsort für Entenküken ist, besonders in den ersten zwei bis drei Wochen nach dem Schlupf. Bei jungen Entenküken lasse sich ein vollständiger Schutz vor technischen Anlagen nicht gewährleisten. Da die Entenküken mittlerweile mit einer erhöhten Strömung zurechtkommen, werden die vor Ort ergriffenen Maßnahmen, primär die behutsame Anpassung des Durchflusses und die Beobachtung der Tiere, als fachlich sinnvoll und verantwortungsbewusst beurteilt. Deswegen werden die Lechwerke den Durchfluss in den nächsten Tagen weiter erhöhen.

    Der Bereich vor der Turbine der Lechwerke am Mühlbach in Landsberg.
    Der Bereich vor der Turbine der Lechwerke am Mühlbach in Landsberg. Foto: Christian Rudnik

    Mit Blick auf mögliche neue Brutversuche im nächsten Jahr gilt es laut Neubeck in den kommenden Monaten mit den Beteiligten geeignete Rückzugsräume zu identifizieren und/oder neue präventive Maßnahmen zu prüfen. Diese Vorgehensweise bestätigt auch Ingo Butters. Eine, wenn auch nicht einfach umsetzbare Lösung, hatte Robert Stannecker, der Vorsitzende des Jagdschutz- und Jägervereins Landsberg, im Gespräch mit unserer Redaktion genannt. Er empfahl, die Entenfamilie an einen der umliegenden Weiher umzusiedeln.

    Am Mühlbach, der am Flößerplatz vom Lech abgezweigt wird, befinden sich zwei kleine Kraftwerke, jenes der Lechwerke an der Sandauer Straße und eines der Stadtwerke. Das Kraftwerk der Lechwerke erzeugt laut Ingo Butters im Regelbetrieb rund 11.300 Kilowattstunden Strom pro Tag. Aufgrund der nach dem Osterwochenende durchgeführten Leistungsreduzierung sank die Erzeugung vorübergehend auf rund 2900 Kilowattstunden pro Tag. Auch das Kraftwerk der Stadtwerke erzeuge bei geringerem Durchfluss weniger Strom.

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