Marius Böhm hat sich einen Traum erfüllt – den auch viele andere junge Fußballer träumen. Dabei ist es erstaunlich, gegen welche Widrigkeiten sich der 16-Jährige behauptet hat, um ans Ziel zu kommen: Für Böhm beginnt am morgigen Sonntag die erste Saison der U 17-Bundesliga.
„Ich freue mich schon sehr darauf, jeden Tag noch mehr“, sagt Böhm. Mit der SpVgg Unterhaching trifft er in Augsburg auf den FCA. Für diesen Moment hat der Schüler des Türkheimer Gymnasiums lange hingearbeitet – und dabei so einiges weggesteckt. Mit dem Fußballspielen hat Böhm mit sieben Jahren begonnen, davor war Taekwondo seine Leidenschaft. Die Familie lebte zu dieser Zeit in Südkorea, mit Fußball hatten dort nicht viele etwas am Hut. In Wiedergeltingen begann er mit dem Kicken, wechselte später zur JFG Wertachtal, dann zur SpVgg Kaufbeuren. Weiter ging es zu Stätzling in die Bayernliga („Eine tolle und erfolgreiche Zeit mit Trainer Emmanuel Baum und den Jungs“) und von dort nach Unterhaching und nun in die Bundesliga. Das ist die Kurzversion. Dass Böhm seinen Traum leben kann, war aber alles andere als ausgemacht.
Am DFB-Stützpunkt wurde er nach dem Auswahlverfahren in der U 11 nicht genommen. „Schön war das nicht, das zu hören“, sagt der 16-Jährige. Immerhin sei mehr als die Hälfte seines damaligen Teams genommen worden. „Aber ich war nicht enttäuscht. Ich wusste, ich muss an mir arbeiten. Ich wollte mich nicht unterkriegen lassen.“ Als U 13-Kapitän unter Trainer Chris Keiss wechselte Böhm später nach Kaufbeuren, wo er einen Jahrgang übersprang, zuerst mit Martin Schulz und dann mit Toni Pisanu arbeitete. „Dort habe ich zum ersten Mal gegen Nachwuchsleistungszentren gespielt“, erzählt der Schüler. „Dort wurde mir klar, dass mehr geht.“ Doch zuerst ging gar nichts mehr. Eine sehr schwere Verletzung brachte das Talent in den Rollstuhl, mehrere Wochen lang ging es nicht ohne dieses Hilfsmittel. „Man hat mich auf einem Biertisch aus der Halle getragen“, erzählt der 16-Jährige über den Tag der Verletzung und muss dabei grinsen. Operation, Schrauben im Körper, mehrere Monate Zwangspause, als es gerade so gut lief. Ans Aufhören habe er nicht gedacht. „Mein Ziel war es, in derselben Saison wieder auf dem Platz zu stehen.“ Mit Pisanus Hilfe sei das gelungen. Der Kaufbeurer Jugendleiter vermittelte Böhm an Moreno Beran, der schon Weltstars wie Mats Hummels in deren Jugendzeit trainiert hatte. Zusammen mit Pisanus Einzeltraining gelang das Comeback. „Ich habe härter trainiert als jemals zuvor“, erinnert Böhm sich.
„Er hat sich nach jedem Rückschlag wieder aufgerappelt und weitergemacht“, sagt Mutter Julia Böhm. Auch Pisanu lobt seinen einstigen Schützling. „Marius war immer sehr ehrgeizig, er hat hart an sich gearbeitet und sich sehr gut entwickelt.“ Pisanu sagt, der 16-Jährige sei ein Vorbild: „Man sollte niemals aufgeben – und Rückschläge machen dich immer stärker.“
Diese Stärke braucht Böhm auch jetzt, denn er muss einen Nasenbeinbruch verkraften, den er sich bei einem Kopfballduell zugezogen hat. Eine Carbonmaske schützt ihn für die nächsten drei Wochen. Vom Saisonstart wird ihn das sicher nicht abhalten. Schließlich hat Böhm mit seinem Team in den vergangenen Wochen hart trainiert, in Österreich und der Schweiz am Mannschaftsgefüge gearbeitet, beim 17-Meter-Sprung beim Canyoning die eigene Grenze verschoben. „Das ist jetzt schon auf Profiniveau“, sagt der 16-Jährige. Vier Mal pro Woche geht es direkt nach der Schule per Zug ans Trainingsgelände. Hausaufgaben und Lernen erledigt er in der Bahn. Abends geht es per Papa-Taxi zurück ins Unterallgäu und dann möglichst schnell ins Bett. Am Wochenende ist Spieltag, dann folgen Vorbereitung oder Regeneration.
Zeit für andere Dinge bleibt da nicht, denn auch zu Hause trainiert der Schüler weiter. „Täglich sind es etwa eineinhalb bis zwei Stunden“, sagt er. Einladungen zu Partys oder zu Geburtstagsfeiern muss er deshalb in der Regel ausschlagen. „Es ist schon stressig, klar, aber es macht einfach Spaß“, sagt er zu seinem Pensum und dem Training mit Hachings Coach Marc Unterberger. Bei Unterhaching schätze er das familiäre Umfeld und das sogar Präsident Manfred Schwabl beim Training vorbeischaut. Dass er von der Schulleitung des Türkheimer Gymnasiums Unterstützung erhält, freut Böhm besonders. Zwischenzeitlich hatte er das Gymnasium Gersthofen besucht, eine Eliteschule des Fußballs. „Es war bislang eine sehr aufregende und spannende Zeit“, sagt Julia Böhm. „Den Aufwand betreiben wir gerne, weil wir sehen, dass das seine Leidenschaft ist.“