Ein Ausnahmeereignis stellten die Planseewerke zum Neujahrskonzert 2025 auf die Bühne des Walter-Schwarzkopf-Saals in Reutte: Zum Jubiläum 50 Jahre Planseekonzerte und zum 200. Geburtstag des Walzerkönigs Johann Strauss Sohn zelebrierten neben dem exzellenten Tiroler Symphonieorchester Innsbruck (TSOI) ein Ausnahme-Maestro am Dirigentenpult, ein kabarettreifer phänomenaler Tubist und ein Wiener Lieder musizierender Zithervirtuose ein wahrhaft schwelgendes „Strauss Fever“ – alle drei facettenreiche Universitätsprofessoren.
Strauss-Kenner kennt auch historische Details
Was Wunder, erwies sich doch der Wiener Martin Sieghart am Dirigentenpult als ausgewiesener Kenner der Straussfamilie. Die äußerst eingängigen, heiteren Kompositionen wusste Sieghart auch im Detail historisch zu untermauern. Er sei oft kritisiert worden, den Walzer zu langsam zu spielen. „Aber denken Sie an die Mode der damaligen Zeit: Die Damen hatten einen Rock an, und noch einen, und noch einen. Da konnte man sich nicht so schnell bewegen“. Schaute man während der Fledermaus, der Niko-Polka, den Geschichten aus dem Wienerwald & Co. nur auf den Dirigenten, so schien der mit sehr differenzierten Handbewegungen, Mimik und ganzer Gestik ganze Register jeweils zu ihren Einsätzen abzuholen. Sieghart schlüpfte ganz in die Rolle des Komponisten, ja er verkörperte Strauss Sohn auf der Bühne.
Kabarettist an der Tuba
Als burschikoser Kontrast trat das Cross-over-Multitalent, der Münchener Tubist, Schauspieler, Kabarettist und Autor Andreas Martin Hofmeir auf. Er zauberte nicht nur betörende Tubatöne in den Saal, die man noch selten von diesem Instrument hören konnte. Seine andere Seite zeigte er als Kabarettist. In derb-bairischen, frotzelnden Gedichten ließ er sich über die „unterentwickelten, prähistorischen“ Instrumente hinter seinem Rücken aus.
Wiener Schmäh an der Zither
Als Konterpart betrat der oberösterreichische Zitherspieler Wilfried Scharf die Bühne. Elegant, von der Frisur bis zur Krawatte, verkörperte er den Wiener Schmäh auf liebenswürdige Weise. Und das nicht nur bei den Geschichten aus dem Wienerwald, sondern auch bei der zweiten Zugabe: der Larmoyanz des Harry-Lime-Themas, also der Titelmelodie des Filmklassikers „Der dritte Mann“. Da konnte das Publikum noch ein letztes Mal in den Klängen der virtuos gespielten Zither schwelgen, nachdem zuvor als erste Zugabe traditionell der zackige Radetzky-Marsch das Publikum zum Mitklatschen animiert hatte. Dieses Neujahrskonzert war eine gelungene Hommage an die Gründer der Planseekonzerte Walter und Hilde Schwarzkopf.
Zu den Personen
Martin Sieghart (*1951): Dirigent, Dozent und Autor. Unter anderem: ab 1975 Solocellist der Wiener Symphoniker, ab 1986 deren Dirigent. Gründer und Intendant mehrerer Festspiele. Chefdirigent des Linzer Bruckner Orchesters, Leiter der Linzer Oper. Leiter des Wiener Johann Strauss Orchesters. Universitätsprofessor für Dirigieren an der Kunstuniversität Graz. Dozent für internationale Meisterkurse.
Andreas Martin Hofmeir (*1978): Tubist, Jazzer, Moderator, Schauspieler, Kabarettist und Autor. Spielte mit den Wiener Philharmonikern und dem Gewandhausorchester Leipzig, Echo-Klassik-Sieger 2013, Mitglied der bayerischen Kult-Band LaBrassBanda, seit 2006 Universitätsprofessor an der Universität Mozarteum Salzburg. Weltweit Dozent für Meisterkurse.
Wilfried Scharf (*1955): Hauptschullehrer für Englisch und Musikerziehung. Dann Ausbildung in Instrumental- und Gesangspädagogik, Lehramtsstudium als Zitherlehrer. Scharf baute am Brucknerkonservatorium eine Zitherklasse auf. Im Jahr 2011 Universitätsprofessor für Zither an der Anton Bruckner Privatuniversität. Weltweite Zusammenarbeit, so auch mit den Wiener Sängerknaben, den Wiener Symphonikern, dem Orchestre National de France, der Dresdner Philharmonie und dem Münchener Rundfunkorchester.
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