Vermutlich hatten viele, die zum ersten Theaterstück des Jahres der Theatergemeinde Pfronten-Nesselwang in die Alpspitzhalle in Nesselwang geströmt waren, gute Vorsätze fürs neue Jahr. Vielleicht sogar mehr Kultur vor Ort zu genießen? Ulrike Rottenburger, die Vorsitzende der Theatergemeinde, bedankte sich auf jeden Fall beim Publikum, das ihren ehrenamtlichen, emsigen Kultur-Spürnasen die Treue hält. Zum Jahresbeginn, in Hochzeiten guter Vorsätze, hätte ihr Team wohl kein passenderes Stück aufspüren können als „Das Abschiedsdinner“ von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière.
Gärtner des Lifestyleglücks
Den großartigen Schauspielern des Theaters Schloss Maßbach gelang es, in fein abgestimmter Menüfolge ein köstliches Dinner zu offerieren, mit überraschender Schärfe im Abgang. Pierre (Ludwig Hohl) und Clotilde (Anna Katharina Fleck) überlegen, wie sie ihr Zeitmanagement optimieren können, indem sie ihren Freundeskreis aussortieren. „Wenn ein Baum nachwachsen soll, musst du die toten Äste wegschneiden“, erklärt Pierre als Gärtner ihres neuen Lifestyleglücks. Mit einem sorgsam geplanten Abschiedsdinner soll dem nervigen Antoine (Yannick Rey) und seiner duften, omnipräsenten, aber an diesem Abend verhinderten Freundin Bea der kulinarische Laufpass gegeben werden. Beim Wein aus Antoines Geburtsjahr, seiner indischen Lieblingsmusik, Räucherstäbchen und Zebrahemd soll er charmant abserviert werden. „In Vino Veritas“, für Antoine liegt eine bittere Wahrheit im Wein, denn der „Gewinner“ der Ausmistaktion kommt dem Pärchen beim Servieren des edlen Tröpfchens auf die Schliche. Auch er hat bereits vom „Abschiedsdinner“ gehört. „Das ist ja wie beim letzten Abendmahl“, zeigt sich der sensible, therapieerfahrene Jugendfreund mit Hang zur Selbstdarstellung erschüttert und setzt zur Gegenanalyse an.
Genüsslich werden Wunden aufgerissen
Durch die sogenannte Sock-Methode ziehen die Freunde, inklusive Klamottentausch, ins scharfkantige Land der Aufrichtigkeit, um dem Publikum beim gegenseitigen, beinahe genüsslichen Wunden aufreißen, in fast zu schneller Pointendichte den bittersüßen Spiegel vorzuhalten. Denn für alle im Publikum stellt sich irgendwann die Frage: „Wann reden wir eigentlich noch offen und ehrlich miteinander? Und wann verlassen wir die übervorsichtige, pädagogenwattierte Komfortzone der Gleichgültigkeit?“
Mit dem „Perfekten Geheimnis“ geht es im März weiter
Info: Ums Thema Freundschaft geht es auch am Samstag, 25. März, ab 20 Uhr in der Alpspitzhalle. Dann zeigt das „a.gon Theater München“ das Stück „Das perfekte Geheimnis“ von Poalo Genovese. Karten für alle Stücke der Theatergemeinde gibt es im Haus des Gastes (Pfronten), in der Tourist-Info (Nesselwang) sowie unter pfronten.de/theater
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